Islamische Welt verliert Anschluss an Wissenschaft
Seite 1 von 1
neuester Beitrag: 24.11.06 10:36
|
||||
eröffnet am: | 07.11.06 09:09 von: | Happy End | Anzahl Beiträge: | 14 |
neuester Beitrag: | 24.11.06 10:36 von: | Happy End | Leser gesamt: | 3307 |
davon Heute: | 1 | |||
bewertet mit 5 Sternen |
||||
|
--button_text--
interessant
|
witzig
|
gut analysiert
|
informativ
|
("Islamische Staaten" würde wohl besser passen als der Begriff "Islamische Welt")
Herausforderung für Muslime
Andrea Naica-Loebell 06.11.2006
Die islamische Welt hat den Anschluss an die Wissenschaft verloren
Einst waren es Muslime, die den christlichen Europäern wichtige Kenntnisse der Wissenschaft vermittelten und dadurch die Renaissance ermöglichten. Aber das ist lange her und heute spielen die Staaten mit islamischer Bevölkerungsmehrheit in der globalen Wissenschaftsgemeinde kaum eine Rolle. Viel ist darüber spekuliert worden, was die Gründe für dieses Manko sind. Die aktuelle Ausgabe der Zeitschrift Nature (1) widmet der Wissenschaft in der muslimischen Welt ein umfassendes Special und Experten formulieren konkrete Forderungen für eine Verbesserung der Verhältnisse.
Mehr als 1,3 Milliarden Muslime leben heute in den 57 Staaten, in denen sie die Mehrheit der Bevölkerung darstellen. Von Marokko über Uganda, Kasachstan und Malaysia bis zum Iran sind sehr verschiedenen Nationen Mitglieder der Organization of the Islamic Conference ( OIC (2)). Viele von ihnen wie Sierra Leone oder Bangladesch gehören zu den ärmsten Ländern der Welt, andere wie Saudi-Arabien oder Kuwait haben durch ihren Ölreichtum keine finanziellen Probleme. Aber in Sachen wissenschaftlicher Forschung gehören fast alle zu den Schlusslichtern im internationalen Wettbewerb.
Studentinnen im Iran. Bild: Azarbaidjan Tarbiat Moallem University
Wissenschaftler aus den islamischen Staaten veröffentlichen sehr wenige Artikel in den führenden Fachmagazinen und aus ihren Reihen kamen bisher nur zwei Nobelpreisträger, die beide im Westen arbeiteten: Abdus Salam (3) aus Pakistan gewann den Nobelpreis für Physik 1979, der Ägypter Ahmed Zewail (4) den für Chemie 1999.
Die Anzahl der erteilten Patente ist ein weiterer Beleg für die marginale Stellung der Forschung in diesen Ländern. Zwischen 1980 und 2000 wurden Erfindern in den arabischen Ländern ganze 370 Industriepatente erteilt, allein in Südkorea waren es im gleichen Zeitraum 16.000.
Im internationalen Ranking der Universitäten kommen muslimische Staaten fast gar nicht vor, unter den Top 500 findet sich nur die Türkei. Arabische Wissenschaftler haben in den letzten Jahren in genau drei Bereichen herausragende Forschungsarbeiten vorgelegt: Entsalzung zur Wassergewinnung, Kamelreproduktionstechniken und Falknerei-Forschung. Wobei die beiden letzteren in der internationalen Wissenschaftsgemeinde wenig Beachtung fanden, da Kamelrennen und die Falkenjagd eher arabische Herrscherhäuser begeistern als das Nobelpreiskomitee.
Es gibt einige Ausnahmen. Beachtliche Fortschritte wurden unter anderem in Pakistan erzielt, wo ab 2001 die Anzahl der Studierenden von 276.000 innerhalb von drei Jahren auf 423.000 erhöht werden könnte. Im Iran gab es 1979 unter dem Schah gerade mal 100.000 Studenten, heute sind im Mullah-Staat zwei Millionen an den Universitäten eingeschrieben. In vielen Fakultäten gibt es genauso viele persische Studenten wie Studentinnen, in den Ingenieurwissenschaften dominieren mit ungefähr 70 Prozent Anteil sogar die Frauen.
Islam und Wissenschaft
Woran liegt dieses manifeste wissenschaftliche Defizit, etwa an der Religion? Im Westen gilt der Islam inzwischen als Religion der Intoleranz, des Fundamentalismus, des Extremismus und des Terrorismus. In den Augen der meisten Muslime ist das ein Irrtum, den sie klar ablehnen. Sie sehen sich missverstanden und in die Ecke gedrängt, denn für die ist der Islam eine Religion des Friedens (5). Oft wird auf die Übereinstimmung zwischen den Texten des Korans und aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen verwiesen ( Quran und moderne Wissenschaft (6)).
Der Prophet Muhammad (7) hielt sehr viel vom Forschen und Denken, immer wieder ermahnte er die Gläubigen, sich zu bilden. Es sind unter anderem folgende Aussprüche von ihm, sogenannte Hadise (8), überliefert: "Das Wissenserwerben ist Dschihad" oder "Ein für den Wissenserwerb verbrachter Tag ist Gott lieber als 100 Kriege für Gott" ( Europäischer Fortschritt und Islam (9)).
Muslime sammelten im goldenen Zeitalter (10) der arabischen Zivilisation zwischen dem 8. und dem 13. Jahrhundert das Wissen aus der ganzen Welt und führten es zusammen. Bagdad und Damaskus waren wichtige Forschungszentren, riesige Bibliotheken entstanden, Texte wurden übersetzt und ausführlich diskutiert. Das Arabische war die Wissenschaftssprache des Zeitalters.
Von den Indern übernahmen die arabischen Gelehrten damals das Ziffernsystem und die Null, sie entwickelten das Rechnen unter anderem mit Dezimalbrüchen, der Trigonometrie und der Algebra entscheidend weiter ( Quadratische Gleichungen bei al-Khwarizmi (11)). Aber auch andere Wissenschaften wie die Medizin, die Physik, die Botanik oder die Astronomie erlebten eine Blüte.
Universalgelehrte wie Ibn Ruschd (Averroes) (12), Ibn Sina (Avicenna) (13) oder Al-Biruni (14) beeinflussten maßgeblich das europäische Denken.
Es kann also nicht wirklich an der Religion liegen, dass die Wissenschaft heute in den islamischen Staaten daniederliegt, auch wenn muslimische Fundamentalisten die Evolution anzweifeln, weil sie ihrer Meinung nach der Vorstellung eines Schöpfergottes widerspricht ( Gott oder die Evolution? (15)). Aber das ist nichts speziell islamisches, denn fundamentalistische Christen vor allem in den USA sind massenhaft Anhänger des Kreationismus ( Gefährlicher Schmusekurs (16)).
Herausforderung Wissensgesellschaft
Seit Jahren appellieren verschiedene Experten an die Mitgliedstaaten der Organization of the Islamic Conference, die Bedingungen wissenschaftlicher Ausbildung und die Forschungsmöglichkeiten zu verbessern. Sie fordern vor allem die Bereitstellung von mehr finanziellen Mitteln ( Wissenschaftliche Forschung ist Dschihad (17)), aber auch den freien Fluss der Information und eine Demokratisierung ( Glanzvolle Vergangenheit, glanzlose Gegenwart (18)), um aus der Isolation herauszutreten und endlich Teil der globalisierten Wissensgesellschaft zu werden.
In Nature legt jetzt Nader Fergany vom Almishkat-Forschungszentrum (19) in Ägypten nach. Er ist der Chefautor des Arab Human Development Report ( AHDR (20)), dessen verschiedene Teile seit 2002 erschienen sind. Geschrieben haben diesen Bericht mehr als 100 arabische Experten, unterstützt vom United Nations Development Programme (21). Der vierte und letzte Teil über das Thema "Rise of women in the Arab world" soll im Dezember erschienen.
Der Bericht formuliert die strategische Vision einer Restrukturierung der Region, um eine arabische Renaissance einzuläuten, deren Mittelpunkt eine wissensbasierte Gesellschaft sein soll. Ziel ist die Entwicklung einer freien und offenen Zivilgesellschaft, in der die menschliche Freiheit, Gerechtigkeit und Würde sich entfalten können. Der erste AHDR kam zu dem Schluss, dass der erfolgreichen Weiterentwicklung der Region vor allem drei Barrieren im Weg stehen: Defizite im Wissenserwerb und in der Wissensproduktion, zu wenig Rechte der Frauen und ein genereller Mangel an Freiheit.
Die Vision einer Wissenschaftsgesellschaft schließt nicht nur die Wissenschaften ein, sondern auch künstlerische und literarische Freiheiten. Die Forderungen der Autoren sind folglich hoch politisch. Nader Fergany erläutert:
Es ist kein Zufall, dass eine zentrale Säule der Vision des Reports der ‚totale Respekt für die Schlüsselfreiheiten wie Meinungsfreiheit, freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit sowie die Garantien dafür durch entsprechende verantwortungsbewusste Regierungen' darstellt.
Dazu bedarf es nationaler, regionaler und globaler Reformen. Die breite Bevölkerung muss auf der nationalen Ebene künftig politisch mitbestimmen können – heute liegt die Macht in arabischen Staaten meist nur in den Händen weniger. Regional versagten bislang praktisch alle Kooperations-Versuche der arabischen Staaten, obwohl sie über eine gemeinsame Sprache, Kultur und Geschichte verfügen. Der Panarabismus könnte ein enormes, bislang ungenutztes Potenzial frei setzen (vgl. Plädoyer für einen neuen Panarabismus (22)).
Global wurde Wissen in der Vergangenheit zunehmend vom öffentlichen zum privaten Gut, das vom Profitstreben multinationaler Unternehmen kontrolliert wird. Ein Rückblick auf das goldene Zeitalter der Wissenschaft in der islamischen Welt verdeutlicht, dass Wissen damals von den Europäern nicht teuer erkauft werden musste, sondern ihnen zur Verfügung gestellt wurde. Das war die Voraussetzung der europäischen Renaissance. Der freie Fluss von Information und Wissen von den reichen westlichen Staaten in Richtung Orient wäre heute unter diesem historischen Gesichtspunkt betrachtet nur ein Zurückzahlen alter Schulden.
Nader Fergany betont nachdrücklich, dass die Entwicklungskrise der arabischen Staaten nicht länger ignoriert werden kann. Nur durch Reformen, eine faktische Umstrukturierung kann die bereits bestehende Isolation durchbrochen werden:
… partielle Reformen werden nicht mehr ausreichen. Die Industrieländer entwickeln immer stärker intensive Wissensgesellschaften. Wenn die arabische Welt sich nicht schnell reformiert, wird die Asymmetrie der weltweiten Wissensproduktion andauern und die arabischen Staaten werden unaufhörlich weiter marginalisiert.
Die arabische Welt muss sich zudem der Welt und anderen Kulturen mehr öffnen, verstärkt in Bildung investieren und vor allem die Meinungsfreiheit respektieren.
In einem zweiten Kommentar-Artikel in Nature äußert sich Herwig Schopper (23), ehemaliger Direktor des CERN (24) und heute Präsident des Council von SESAME (25) (Synchrotron-light for Experimental Science and Applications in the Middle East), einem Projekt unter Federführung der UNESCO mit Sitz in Jordanien, das die Wissenschaft und Technik in der Region voranbringen soll. Herwig Schopper engagiert sich selbst, seine Analyse beruht aber vor allem auf vielen Gesprächen mit Wissenschaftlern und Politikern vor Ort, wie er betont. Er fragt sich, welche Umständen es ermöglichen würden, dass die arabische Welt einen ähnlichen Quantensprung im Bereich von Wissenschaft und Technik erlebt, wie in jüngster Vergangenheit Taiwan, Südkorea und aktuell China – verbunden mit einem enormen ökonomischen Aufschwung. Herwig Schopper ist überzeugt, dass ein derartiger Kurswechsel fundamental angegangen werden muss:
Eine der größten Herausforderungen, der sich muslimische Staaten stellen müssen, ist dass sie bislang zu oft wissenschaftliche Erkenntnisse als eine Handelsware betrachten, die von dem vorausgegangenen Denkprozess getrennt wird. Die wohlhabenden arabischen Staaten glauben, sie könnten mit ihrem Ölreichtum einfach westliche Technologie kaufen und sie so als wissenschaftliche und technologische Produkte konsumieren. Aber damit Wissenschaft und Technologie florieren können, bedarf es einer kulturellen Basis, die nur durch wissenschaftliche Ausbildung und Forschungsprogramme erreicht werden kann. (…)Es gibt viele Begründungen für die unbefriedigende heutige Situation von Wissenschaft und Technologie – einschließlich der Konflikte und ökonomischer Sanktionen – aber Entschuldigungen helfen nichts. Der Wettbewerb in den anderen Teilen der Welt macht rasche Fortschritte. Ein großer Entwicklungssprung ist notwendig.
Nach seiner Ansicht muss sich die muslimische Welt an die Blütezeit zwischen dem 8. und 13. Jahrhundert erinnern – und an die Voraussetzungen, die es ermöglichten. Damals hatte die Wissenschaft ihre größten Förderer in den Herrschern der Zeit, den Abbasiden-Kalifen (26). Der Untergang kam durch die Invasion der Mongolen, aber gleichzeitig setzten intern eine wachsende Selbstisolation und eine Beschränkung der Meinungsfreiheit ein. Weltoffenheit und Toleranz wurden durch einen strengen und das rationale Denken ablehnenden Konservativismus ersetzt.
Obwohl die Organisation der islamischen Staaten schon vor Jahren ein spezielles Committee on Science and Technological Cooperation ( Comstech (27)) geschaffen hat, scheint eine wirkliche Förderung der wissenschaftlichen Forschung für die meisten Politiker in diesen Ländern keine Priorität zu haben. Es gab in der jüngsten Vergangenheit einige Forschritte, Pakistan investierte verstärkt in die Wissenschaft und konnte dadurch wesentlich mehr Fachkräfte ausbilden und die Anzahl der veröffentlichten wissenschaftlichen Aufsätze in den ersten Jahren des neuen Jahrtausends um 40 Prozent steigern. Auch die Türkei, Jordanien und der Iran legten kräftig zu. Diese Beispiele könnten den anderen ein Vorbild sein.
Die nackten Zahlen verdeutlichen, dass der Rückstand nicht zuletzt auf mangelnden Investitionen beruht. Nach Erhebungen der Weltbank ( World Development Indicators (28)) gaben die muslimischen Staaten zwischen 1996 und 2003 nur 0,4 Prozent ihres Bruttosozialprodukts für die Forschung aus, der weltweite Durchschnitt lag dagegen bei 2,36 Prozent.
Ibn Sina, auch Avicenna genannt, 980-1037, persischer Gelehrter des goldenen Zeitalters
In den letzten Jahren wurden viele Anläufe gemacht, um neue Programme zur Förderung der Wissenschaft in den islamischen Staaten auf den Weg zu bringen – nicht zuletzt durch das Comstech. Aber bislang ist leider keine der vollmundigen Ankündigungen konkret umgesetzt worden. Tatsächlich erleben die islamischen Staaten einen kontinuierlichen intellektuellen Aderlass, denn die klugen Köpfe verlassen ihre Heimatländer, um im Westen erfolgreich zu forschen. Nach einer Studie des Gulf Center for Strategic Studies in Kairo wandern jährlich die Hälfte der Studienabgänger in Medizin aus, ebenso 23 Prozent der Ingenieure. Die meisten gehen nach Großbritannien, in die USA oder nach Kanada. Dazu kommt, dass 45 Prozent der arabischen Studenten, die für ihre Ausbildung ins Ausland gehen, nach ihrem Abschluss nicht in ihre Heimatländer zurückkehren. Ein beachtlicher Brain Drain, wie diese Abwanderung der Intelligenz genannt wird ( Kampf um die Gehirne (29)).
Herwig Schopper betont, dass der Politik eine zentrale Rolle zukommt, wenn die bestehenden Missstände beseitigt werden sollen. So wie einst die Abbasiden-Kalifen sollten führende Politiker persönlich die Schirmherrschaft übernehmen. Aktuelle positive Beispiele aus islamischen Staaten sind König Abdullah II. von Jordanien (30) und der Staatschef Pakistans, General Pervez Musharraf (31).
Überall in der islamischen Welt sollte die wissenschaftliche Infrastruktur ausgebaut werden, wozu nationale und internationale Forschungsnetzwerke gehören, aber auch verbesserte elektronische Kommunikationsnetze und Forschungszentren. Und nicht zuletzt muss den Wissenschaftlern mehr geboten werden – mehr Stellen, eine angemessene Bezahlung und Absicherung. Wenn es gelingt, die wissenschaftliche Forschung wirklich voran zu bringen, kann sie einen wesentlichen Beitrag zum Aufbau von Vertrauen und damit zur Friedensförderung leisten. Ein Beispiel dafür ist das SESAME-Projekt, das nach dem Vorbild des CERN geschaffen wurde. Im Rahmen von SESAME arbeiten Israelis, Palästinenser, Türken und griechische Zyprioten friedlich zusammen und lösen gemeinsam Probleme. Herwig Schopper erklärt:
Das ist der Grund, warum Organisationen wir das CERN und SESAME von der UNESCO unter dem Motto ‚Wissenschaft für den Frieden' eingerichtet wurden. Wenn wir dieser Idee folgen, gibt es viel zu gewinnen und nur sehr wenig zu verlieren.
Telepolis Artikel-URL: http://www.telepolis.de/r4/artikel/23/23905/1.html
Optionen
Optionen
Der lange Weg zum Frauenstimmrechtoder: In der Direkten Demokratie dauert's etwas länger Einführung des Frauenwahlrechts in einigen Staaten des westlichen Kulturkreises:
Kleine Chronologie zum Frauenstimmrecht in der Schweiz
Das Frauenstimmrecht auf kantonaler EbeneDie Mehrheit der Kantone führte das Frauenstimm- und Wahlrecht auf kantonaler und Gemeindeebene kurz vor oder nach der eidgenössischen Abstimmung von 1971. Nur die beiden Halbkantone Appenzell Ausserrhoden und Appenzell Innerrhoden weigerten sich noch jahrzehntelang, auf kantonaler und Gemeindeebene nachzuziehen. In den 1980-er Jahren nahm der Druck der öffentlichen Meinung auf die Appenzeller stetig zu. Die Männer in Appenzell Ausserrhoden ergriffen 1989 die letzte Chance, den längst überfälligen Schritt zu vollziehen. Doch in Appenzell Innerrhoden tat sich immer noch nichts. Seit der ersten schriftlichen Verfassung der Schweiz von 1798 gaben die Texte der eidgenössischen und der kantonalen Verfassungen nie ausdrücklich Aufschluss darüber, ob mit dem Begriff "Stimmbürger" nur Männer oder eben auch Frauen gemeint seien. Während vor 200 Jahren im damaligen gesellschaftlichen Kontext wohl selbst fortschrittliche Leute davon ausgegangen wären, dass die Frauen nicht mitgemeint seien, schien eine solche Interpretation gegen Ende des 20. Jahrhunderts in Westeuropa doch einigermassen anachronistisch [unzeitgemäss]. Allerdings hatten alle anderen Kantone ihre Verfassungen oder zumindest ihre Wahlgesetze ausdrücklich angepasst, um das Frauenstimmrecht einzuführen. Doch am 27.11.1990 entschied das Bundesgericht, dass zur Einführung des Frauenstimmrechts in Appenzell Innerrhoden weder eine Verfassungs- noch eine Gesetzesänderung und somit auch keine Volksabstimmung notwendig sei, es genüge vielmehr, die bestehenden Texte so zu interpretieren, dass die Frauen mitgemeint seien. Der Entscheid des Bundesgericht überraschte weniger in der Sache (Einführung des Frauenstimmrechts) als in der Argumentation. Das Bundesgericht konnte sich in der Sache auf den 1981 eingeführten Gleichstellungsartikel der Bundesverfassung sowie auf den Grundsatz berufen, dass Bundesrecht Vorrang vor kantonalem Recht hat. Die Kröte aus Bern wurde denn auch in Appenzell Innerhoden innert nützlicher Frist, wenn auch widerwillig geschluckt. Geschichte des Frauenstimmrechts (Historisches Lexikon der Schweiz"(this text in german is part of the Historical Dictionary of Switzerland,a modern academic reference work)-->Was lange währt wird endlich gutDas Frauenstimmrecht als Beispiel für die langsamen Prozesse der Direkten DemokratieDer Durchbruch für das Frauenwahlrecht wie auch für andere Aspekte der Gleichberechtigung kam also erst im 20. Jahrhundert. Dabei gingen tendenziell diejenigen Länder voraus, die eine moderne Verfassung erst spät einführten, während die Schweiz trotz (oder vielleicht etwa gar wegen?) ihrer langen demokratischen Tradition weit hinterher hinkte. Es scheint, dass eine fortschrittliche Regelung in einem grossen Paket (z.B. mit der Abschaffung der Monarchie in der Sowjetunion, Österreich und Deutschland) einfacher einzuführen ist, als über die Änderung einer bestehenden demokratische Ordnung, die sich grundsätzlich sehr gut bewährt hat. Am Beispiel der Frauenrechte zeigt sich, dass eine Demokratie grundsätzlich nicht fortschrittlicher ist als andere Staatsformen. Hat sich die Mehrheit der Bevölkerung einmal an bestimmte Regelungen gewöhnt und damit leben gelernt, so neigt sie im Gegenteil mehr als Parlamentarier und Regierungsmitglieder dazu, am sogenannt "Bewährten" festzuhalten - selbst dann wenn dieses für Einzelne oder ganze Bevölkerungsgruppen auf stossende Ungerechtigkeiten hinausläuft. Links und Literatur zum Frauenstimm- und Wahlrecht
|
| ||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||
Optionen
Wenn ich ich Patentanmeldungn und Nobelpreise analysiere, sind Frauen entschieden dümmer als Männer!
Tatsächlich traf ich dieses Jahr auf einem Softwarekongress zwei Burschen aus Teheran, machte die über mobile Softwareagenten diskutierten. Sie waren fit und machten nicht den Eindruck, als sie die Einzigen im Iran wären.
So werden bei Schiiten Bildnisse nicht so radikal abgelehnt. Das ist nicht unwichtig für die moderne Wissenschaft und Technik. Auch ist die Stellung der Frau wesentlich besser.
Der Höhepunkt des geistigen Niedergangs im sunnitischen Islam sind die Wahabiten und Muslimbrüder. Leider haben erstere sehr viel Geld und versauen damit die gesamte islamische Welt.
Optionen
sure 21 vers 7
Im Namen Allahs, des Allerbarmers, des Barmherzigen
.....fragt nur diejenigen, die das Wissen besitzen, wenn ihr nicht wisset.
ist doch brilliant, wieder was gelehrnt ;-)
Optionen
Erdrückende Umarmung
Die wissenschaftlichen Leistungen muslimischer Länder sind schwach. Die vorgebliche Forschungsfreundlichkeit des Islams bremst die Entwicklung.
FERDINAND KNAUSS | DÜSSELDORF
So international moderne Wissenschaft auch sein mag, beim Blättern in Fachzeitschriften fällt auf, dass in den Ortsangaben ein großer Teil der Welt praktisch nicht vorkommt: der gesamte muslimische Kulturkreis.
Nach Daten von „Thomson Scientific“ produzierten 45 muslimische Staaten mit rund 1,3 Milliarden Einwohnern von 2001 bis 2005 nur 3,37 Prozent der Artikel in den maßgeblichen naturwissenschaftlichen Zeitschriften – aus Deutschland stammen 8,55 Prozent. Erschreckend ist vor allem, dass die reichen Ölstaaten nicht einmal in der innermuslimischen Rangliste Spitzenplätze einnehmen, da steht die Türkei. Es ist also kein Armutsproblem. Saudi-Arabien, Katar und Kuwait geben nur 0,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung aus, verglichen mit durchschnittlich 2,3 Prozent in Industrienationen.
Text zur Anzeige gekürzt. Gesamtes Posting anzeigen...
Am Düsseldorfer Institut für Neurobiologie forscht der Marokkaner Mustapha Bennay. Sein Land ist eines der wenigen islamischen Länder, die Hochtechnologie-Produkte ausführen (elf Prozent der Exporte). Doch um seinen wissenschaftlichen Nachwuchs kümmert man sich auch dort wenig. „Ich habe in Marokko um Geld für Forschungsgeräte gebettelt, aber nichts bekommen. Traurig, dass wir arabischen Wissenschaftler aus unseren Ländern heraus müssen, um unseren Traum wahr zu machen.“
Ob die in vielen muslimischen Ländern an die Macht strebenden Islamisten tatsächlich ihre Versprechungen in die Realität umsetzen, die Unterfinanzierung der Forschung zu korrigieren, darf bezweifelt werden. Deren scheinbar wissenschaftsfreundliche Aussagen treibt offensichtlich eher der Wunsch, nachzuweisen, dass der Koran das wahre Wissen beinhaltet. „Ich rate allen Wissenschaftlern, den Koran zu lesen, von dem sie viel über zahlreiche wissenschaftliche Themen lernen werden“, fordert Kamal El Helbawi, ehemaliger Sprecher der Muslimbruderschaft, einer der wichtigsten islamistischen Oppositionsgruppen in den säkular regierten arabischen Staaten.
Muslimische Organisationen füttern das Internet fleißig mit apologetischen Texten, die realistische Naturbeschreibungen im Koran als Beweis für dessen übermenschlichen Ursprung anführen. Auf www.islam-guide.com etwa wird Sure 23 über die Erschaffung des Menschen mit den Stadien der Embryonalentwicklung in Einklang gebracht. Die Botschaft ist klar: Im Koran ist alles Wissen bereits enthalten.
Besonders brisant ist das Verhältnis muslimischer Gesellschaften zur Evolutionstheorie. „Ich habe nie muslimische Studenten gehabt“, berichtet der Kasseler Evolutionsbiologe Ulrich Kutschera, „das scheint die überhaupt nicht zu interessieren.“ An dieser Disziplin, ohne die, wie der Evolutionsbiologe Theodosius Dobzhansky sagte, „nichts in der Biologie einen Sinn ergibt“, nimmt die muslimische Welt praktisch nicht teil – nur auf der Meta-Ebene.
Die Ablehnung des „Evolutionismus“ ist für den auch unter Deutsch-Türken erfolgreichen islamischen Kreationisten Harun Yahya sogar Grundlage eines Bündnisses mit Christen. Auf seinen Internetseiten, in Büchern und Filmen, die auch schon auf Deutsch in Bibelkreisen gezeigt werden, entwirft er eine „evolutionistische“ Weltverschwörung und nennt nebenbei „die ideologischen Wurzeln des Terrorismus: Darwinismus und Materialismus.“
Dafür, dass solche abstrusen Spinnereien bei Muslimen besonders erfolgreich sind, ist wohl auch die mangelhafte Schulbildung in den betreffenden Ländern verantwortlich. In Marokko, so erinnert sich Bennay, wurde Evolution im Philosophieunterricht behandelt, nicht in Biologie. Als angeblicher philosophischer Gedanke aber kann die Evolutionstheorie natürlich ebenso verworfen werden wie Kommunismus oder Faschismus – nichts anderes tut Yahya.
In einem türkischen Biologie-Schulbuch, das die Biologin Regine Illner für ihre Dissertation über Schülervorstellungen von Evolution untersuchte, wird der „Darwinismus“ (ohne auf die nach Darwin gewonnenen Erkenntnisse einzugehen) als eine unter mehreren Erklärungen für das Leben aufgeführt, neben der islamischen Vorstellung von Schöpfung. In der offiziell säkularen Türkei wird also Schülern das vermittelt, was sich christliche Kreationisten auch für den Westen wünschen: Die Evolution als fragwürdige Hypothese. Die Befürchtungen von Evolutionsbiologen vor der Rückkehr religiöser Erklärungsmuster in die Wissenschaft sind in der Türkei und anderen muslimischen Ländern Realität. Anders gesagt, die Trennung von Religion und Wissenschaft fand dort nie in letzter Konsequenz statt.
Die muslimischen Positionen zur Evolutionstheorie sind in ihrer Bandbreite vergleichbar mit denen gläubiger Christen. Sie reichen von völliger Ablehnung bis zu „liberaleren“ Versuchen, Aussagen der Biologie in Übereinstimmung mit dem Koran zu bringen, im Sinne einer andauernden Schöpfung. „Die Mehrzahl der Versuche erweisen sich bei näherer Betrachtung als scheinhaft. Wissenschaft wird auf eine Sammlung nützlicher Hypothesen reduziert, die zwar bei der Bewältigung des Alltäglichen hilft, aber eine dem geoffenbarten Wissen gegenüber minderwertige Form des Wissens darstellt“, schreibt der Biologe Karl Peter Ohly in der Studie „Evolution und Islam“.
Der Anspruch muslimischer Vordenker, ihre Religion ermuntere zum Wissenserwerb – viel zitiert wird Mohammeds Befehl: „Suchet das Wissen, und sei es in China“ – wirkt möglicherweise nicht als Antrieb, sondern als ungeheurer Ballast wirklicher, moderner Wissenschaft. Solange in muslimischen Ländern sich mehr Koran-Interpreten mit der Evolutionstheorie befassen als Biologen, bleiben die Aussichten für wissenschaftliche Erfolge wohl düster.
Natürlich ist der muslimische Kulturkreis kein völlig wissenschaftsfreier Raum, und Kritik an der erdrückenden Umarmung durch die Religion kommt auch von innen. Der Physiker Pervez Hoodbhoy aus Islamabad sieht in einer „islamischen Wissenschaft“, wie sie auch in Pakistan gefordert wird, „einen betrügerischen Gebrauch des Wortes Wissenschaft“. In einem Aufsatz spricht er von der „Schlacht um die Rationalität“.
Letztlich erinnert das Dilemma der Wissenschaft in muslimischen Gesellschaften an ihr politisches: Die Voraussetzung des Erfolges im westlichen Sinne ist die Etablierung einer vom Allmachtsanspruch der Religion befreiten Sphäre mit eigenen, falsifizierbaren Wahrheiten. Diese sind in der Natur zu finden – und nicht in einer unangreifbaren heiligen Schrift. Wissenschaft gedeiht nur auf dem Nährboden permanenter Skepsis – eine Geisteshaltung, die in der Glaubenswelt der Offenbarungsreligionen nicht eben geschätzt wird.
Anhang:
GESCHICHTE DER MUSLIMISCHEN WISSENSCHAFT
Griechische Vorbilder
Bis heute werden die Leistungen muslimischer Gelehrter im Mittelalter gerühmt (oft auch „arabisch“ genannt, viele von ihnen waren jedoch Perser oder Inder). Während der Abbasiden-Herrschaft vom 8. bis zum 13. Jahrhundert blühte vor allem die Rezeption griechischer Denker, deren Werke im „Haus der Weisheit“ in Bagdad gesammelt wurden. Der aus Basra stammende Alhazen (ca. 965 bis ca. 1040) etwa nahm griechische Anregungen zur Optik auf. Er korrigierte Ansichten von Euklid und Ptolemäus über die angeblich vom Auge ausgehenden „Sehstrahlen“ durch Experimente. Auch machte er Versuche auf dem Weg zur „Camera obscura“, der Vorläuferin der Fotokamera .
Einfluss auf Europa
Im Mittelalter wirkte der Einfluss muslimischer Forscher und Gelehrter auch auf Europa, vor allem deren Aristoteles-Interpretation. Doch an der Entwicklung des naturwissenschaftlichen Weltbildes in der frühen Neuzeit (die unter anderem auch dadurch gekennzeichnet ist) nahm die muslimische Welt nicht mehr Teil.
Europäische Ablehnung
Europäische Intellektuelle im 19. Jahrhundert empfanden – während orientalische Möbel und Teppiche beliebt waren – den Islam oft als abstoßend. Der Philosoph Arthur Schopenhauer fand im Koran „keinen einzigen wertvollen Gedanken“. Viele sahen in der Religion den Grund für die Schwäche der muslimischen Staaten: „Der Islam ist die völlige Verneinung Europas ..., die Verachtung der Wissenschaft, die Unterdrückung der bürgerlichen Gesellschaft“, schrieb der Orientalist Ernest Renan 1883.