Absichtliches Missverständnis beim Wall Street Journal?
Hier noch einmal Abschnitte des in # 890 geposteten Berenzinga-Artikel von Yahoo, nun aus dem Engl. mit DeepL übersetzt und von mir nachkorrigiert. Die Artikelabschnitte habe ich kursiv kenntlich gemacht. Meine Kommentare dazu sind nicht kursiv.
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"Die einbehaltenen Gewinne allein reichen nicht aus, um die Enterprises angemessen zu kapitalisieren", sagte Calabria. "Solange die Unternehmen kein privates Kapital aufnehmen können, besteht die Gefahr, dass sie in der nächsten Immobilienkrise scheitern."
A.L.: Das könnte man - fälschlicherweise - so interpretieren, dass Calabria ein ernsthaftes Interesse daran hätte, die GSE auf finanziell solide Füße zu stellen. Tatsächlich jedoch hat er ein Interesse daran, die GSE möglichst lange und nachhaltig zu schwächen, um privaten Hypo-Banken die für seine Klientel lästige (da zinsgünstige) halbstaatliche Konkurrenz vom Hals zu halten. Dies erreichte Calabria a) mit völlig überhöhten Anforderungen für das erforderliche Eigenkapital (240 bis 280 Mrd.) und b) mit künstlichen regulatorischen Hürden und Hindernissen, die ein Ende des Zwangsverwaltung auf Jahre hinaus unmöglich machten und machen.
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Warum es wichtig ist: Im Wahlkampf hatte Biden keine Strategie zur Beendigung der Zwangsverwaltung angeboten - und die neue Regierung hat das Thema nicht eingehend behandelt.
Laut einem Artikel des Wall Street Journals vom letzten Monat, der sich auf ungenannte "Biden nahestehende Berater" beruft, hat es der neue Präsident nicht eilig, die Zwangsverwaltung zu beenden, sondern würde stattdessen die GSEs nutzen, um "die Erschwinglichkeit von Wohnraum zu erhöhen und Eigenheimbesitz zu fördern."
A.L.: Das Biden-Zitat ("Erschwinglichkeit erhöhen") wird vom WSJ mMn zweckentfremdet. Biden hat das zwar so gesagt und auch so gemeint, aber daraus lässt sich nicht zwingend ableiten, dass es Bidens Absicht sei, die Zwangsverwaltung weitlaufen lassen zu wollen.
Denn um Hypothekenzinsen niedrig zu halten, müssen die GSE gut laufen und ungebremst funktionieren. Keinesfalls dürfen sie dazu "finanziell abgewürgt" werden, wie Calabria es aus politischen Gründen praktiziert. Als Libertärer will C. keine halbstaatliche Konkurrenz für seine privaten Hypobanken.
Die Demokraten sind allerdings auch keine Heiligen, denn sie haben die GSE seit 2013 geschwächt, indem sie sämtliche Gewinne absaugten und in die Staatskasse umleiteten. Das brachte 20 Mrd. für Jahr, lief aber wohlgemerkt unter Trump ab 2016 bruchlos weiter. Man sollte nicht unterschlagen, dass dies im übergeordneten Interesse der Steuerzahler geschah. Denn die US-Regierung hatte FnF ab 2008 190 Mrd. geliehen (via SPS), auch wenn Zweifel bestehen, ob dies wirklich zu 100% erforderlich war. Diese Schulden sollte über die 10 % Div. der SPS/NWS zurückgezahlt werden. Weil aber in FnFs Dürrejahren von 2008 bis 2012 zuwenig rüberkam, ist die Regierung ab 2013 (3. Amendment) zu einer "Vollpfändung" der Gewinne übergangen, was höchstwahrscheinlich nicht rechtens war (Scotus entscheidet u. a. darüber).
Immerhin geschah dies mit Erfolg. Denn die 190 Mrd. Schulden sind inzwischen mehr als abgezahlt. 300 Mrd. hat die US-Regierung seitdem erhalten. Davon allein ca. 80 Mrd. in den letzten vier Trump-Jahren!
Wenn Trump es ernst gemeint hätte damit, die Zwangsverwaltung des GSE zu beenden, hätte er er dies im Prinzip schon zu Beginn seiner Amtszeit 2016 machen können, weil zu dem Zeitpunkt bereits 220 Mrd. zurückgezahlt waren - MEHR als die 190 Mrd., die FnF dem Staat schuldeten!
Aber Trump hat, genausowenig wie Calabria, ein politische Interesse an zinsgünstigen GSE. Seine Klientel sind nicht halbstaatliche Banken (und schon gar nicht Joe Sixpack, dem niedrige Hypozinsen helfen), sondern die privaten Hypo-Leiher. Trump (inkl. seiner Finanzminister) und der eigens von ihm 2020 eingesetzte "Befreiungsbremser" Calabria zogen somit am selben Strang.
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Meine Argumentation deckt sich mit der des ehemaligen Fannie-Finanzchefs (CFO) Tim Howard, der am 25. Jan. in seinem Blog schrieb (DeepL + eigene Korr.)
Mark Calabria ist ein extremes Beispiel für die Schule der "Neutralisierung der Vorteile von Fannie und Freddie durch Überkapitalisierung und Überregulierung", während die Mehrheit der Mitglieder des Wirtschaftsteams von Biden die Unternehmen als Vehikel sehen sollte, um zu helfen, die Wohnungsbaufinanzierung für eine möglichst breite und vielfältige Gruppe potenzieller Hauskäufer erschwinglich zu machen. Diese gegensätzliche Ausrichtung [des Biden-Teams] wird mit höherer Wahrscheinlichkeit zu einem Ende der Zwangsverwaltung führen, als es unter der Trump-Administration der Fall war - insbesondere wenn, wie ich und viele andere erwarten, der Oberste Gerichtshof in diesem Frühjahr für die Kläger im Fall Collins entscheidet.
A.L.: Das konservative WSJ heißt nicht ohne Grund so, weil es die Interessen der Reps und Wall Streets vertritt, und die "mögen" nun mal keine zinsgünstige halbstaatliche Konkurrenz.
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