Du benennst zwar Fakten, vermeidest aber nach Gründen zu suchen. Ich gehöre zur Rentnerfraktion, bin kurz nach Kriegsende geboren worden. Meine Eltern haben mich gewarnt, bloß nicht politisch zu werden. Ich bin überzeugt, dass sie nicht die Einzigen mit dieser Warnung aufgrund Ihres eigenen Erlebens waren. Bei mir hat es nicht gefruchtet, ich bin schon als junger Mensch in der JU und der CDU aktiv gewesen. War Vorsitzender der Elternsprecher aller Schulen der Stadt in BW, in der ich seinerzeit lebte, im Pfarrgemeinderat etc. Das änderte sich zum Teil, als ich beruflich bedingt nach Bayern verziehen mußte und ich den Sumpf in der CSU hautnah erlebte. Radikal bin ich deswegen nie geworden. Soviel zu mir. Was ist in unserem Staat vor Generationen schon schief gelaufen? Nicht alles auf einmal und in voller Härte, aber so nach und nach: Unser Familienmodell (Vater verdient, Mutter macht Haushalt und Kindererziehung ) ist nach und nach abgeschafft worden. Damit ging die Geburtenrate zurück. Eine Gesellschaft, die schrumpft schafft sich Probleme, die es vorher nicht gab. Diese sind viel zu lange unter den Tisch gekehrt worden. Kinder sind vor Problemen aller Art geschützt worden, konnten sich also nicht damit auseinandersetzen und sie bewältigen. Das hat bereits in den 60er/70er Jahren angefangen und heute sind wir in der 3. Generation von wenig streßresilenten Kindern/Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Da sich immer weniger Menschen immer weniger trauen, haben sie sich ins Privatleben zurückgezogen und "anderen" die Gestaltung des öffentlichen Raums überlassen. Die "Anderen" sind (die Nachkommen) aus sozialen Gruppierungen, die kämpfen mußten und gelernt haben, sich zu behaupten. Und das jetzt ebenfalls schon in der 3. Generation. Unser öffentliches Leben wird daher heute nicht mehr von der sog. "Mitte der Gesellschaft", sondern von den Extremen links wie rechts lautstark bestimmt. Daran könnten wir in 1 - 2 Generationen auch als Staat scheitern. Denn: die Extremen stellen sich unter den Begriffen "Pflichten" und "Rechte" etwas ganz anderes vor, als die Mitte der Gesellschaft. Nur, die Verknüpfung beider Dinge, nämlich das derjenige, der "Rechte" haben will zunächst "Pflichten" aktzeptieren muß, will niemand an den Rändern des politischen Spektrums hören und vorleben. Das gilt für alle Bereiche! Egal ob es Bundeswehr, wie erreiche und sichere ich Wohlstand, wieviel Staat muß/darf es sein oder die Sozialausgaben sind. Meine Quintessenz ist: Nur wer die Fähigkeit hat, dem Anderen zuzugestehen, dass der eine bessere Idee hat, ist fähig Kompromisse einzugehen und trotzdem er selbst zu bleiben. Kompromisse sind für die Extremen rechts wie links in der Regel unannehmbar. Sie gehören aber existentiell zur Demokratie. Daher engagniert Euch dort, wo die Demokratie hingehört und macht sie wehrhaft. |