1. Management
Regel Nummer 1 bei Aumann sollte sein dem Management nichts zu trauen. Null. Das Vertrauen wurde über die letzten beiden Jahre komplett verspielt. Ich hatte ja damals immer die mangelnde Transparenz im Rahmen der USK Übernahme bemängelt, die Rechnung haben nicht aufmerksame Investoren nun durch die ungeschönten Zahlen bekommen. Ein Jahr lang wurden die organischen Auftragseingänge verschleiert und mit der Schwäche in der Autoindustrie hat man nun den perfekten Sturm.
In der Q1 Mittelung war wieder so ein super Satz drin.
"Auch wenn der Auftragseingang des E-mobility Segments von der aktuellen Verunsicherung der Automobilhersteller weniger stark betroffen ist, konnte er den Rückgang im Classic Segment nicht kompensieren"
Ein Auftragseingang von minus 20% bei E-Mobility konnte minus 55% im Bereich classic nicht kompensieren? Die Wortwahl impliziert ja eher, dass ein geringes Plus bei E-Mobility den Rückgang bei Classic nicht kompensieren konnte. Wer bei den beiden Zahlen dann so einen Satz in die Pressemitteilung haut, ich weiß ja nicht. 2. Auftragseingang Ich sehe den Ausblick für 2019 trotz der horrenden Auftragslage nicht wirklich gefährdet, da man ja vermutlich einfach den Auftragsbestand abbauen wird. Dass das nicht nachhaltig ist wissen wir alle, aber ich glaub das Ergebnis für 2019 ist vollkommen irrelevant, was der Markt sehen will sind eine Erholung der Auftragseingänge, und das wird in dem Umfeld ziemlich schwierig sein. Ob das jetzt ein bisschen mehr oder weniger Umsatz/Ebit wird denke ich spielt keine Rolle, damit nimmt es Aumann ja auch nicht so genau angesichts ihrer 300Mio+ Umsatzprognose 2 Monate vor Jahresende 2018. Was der Markt sehen will sind sich erholende (und irgendwann steigende) Auftragseingänge. Nur wann wird man die bekommen? War Q1 2019 ein Ausreißer oder eher doch etwas mehr. Der Vorstand geht ja von einem dynamischeren Auftragseingang in den nächsten beiden Quartalen aus. Was ist denn dynamischer als Q1, haben wir dann -15% bei E-Mobility und -50% bei Classic, ist ja immerhin schon eine Verbesserung. Hier kann man nichts machen außer raten.
3 Bewertung Ex net cash liegt man auf Basis der erwarteten Zahlen für 2019 bei einem KGV von rund 12 und EV/EBITDA von etwa 6. Was man nicht vergessen sollte ist, dass man das gesamte Unternehmen damit bewertet. Würdet ihr das für den Bereich Classic bezahlen? Nie und nimmer, keiner würde das. Würdet ihr das für die ~70Mio Umsatz zahlen die die USK-Übernahme gebracht hat? Die Antwort lautet auch hier ganz klar nein, denn Aumann hat nur einen Bruchteil dessen für USK gezahlt, und die Bewertung ist seit 2017 bestimmt nicht gestiegen. Bleibt also der E-Mobility Teil von Aumann - der ursprüngliche, denn Teile von USK sind ja nun durch die Konsolidierung auch im E-Mobility Bereich von Aumann geführt. Aumanns ursprüngliches Geschäft ist also nur ein Teil davon. Wie groß weiß man auch nicht, da nie angebenen wurde wieviel % von USK auf welchen Bereich entfallen.
Fakt ist jedenfalls, dass angesichts der niedrigen Bewertung,die der Classic-Teil im Markt bekommen würde und dem niedrigen Kaufpreis den Aumann für USK hingelegt hat, der E-Mobility Bereich von Aumann selbst schon deutlich höher bewertet wird. Wenn man für Classic ein KGV von 6-8 unterstellt und für USK 8-10, dann wird das ursprüngliche Aumann Geschäft mit >20 bewertet, trotz der rückläufigen Auftragseingänge. Natürlich sind das nur Schätzungen von mir, aber der Gedanke dahinter sollte jedem bewusst sein, denn oft wird hier Aumann als E-Mobility Player mit KGV 12 oder EV/EBIT 6 oder EV/Umsatz <1 beworben, aber das ist halt für das vermengte Ganze. Man kauft im Endeffekt zwei Bereiche zu teuer weil man denkt der dritte ist zu billig. 4. Die Systemfrage
Ich habe in all den Stunden die ich verbracht habe diverse Foren, Pressemittelungen und Präsentationen zu lesen noch nie jemanden über die eigentliche Technik reden hören. Sind Aumanns Produkte führend bzw. zumindest wettbewerbsfähig am Markt? Wenn man sich die E-Mobility Kunden auf den Präsentationen so ansieht dann sind ja alle großen deutschen Autobauer dabei, in Q4 hatte man auch erste Auftragseingänge aus China. Maschinenbau ist ja zwangsweise immer vorgelagert, wenn man sich anschaut wieviele hunderttausende EVs Volkswagen nächstes Jahr mit der "ID."- Reihe bauen will und was sonst noch alles anläuft (taycan, e-tron, e-tron sportback, ix3), wann kommen da erste nennenswerte Aufträge? Welchen Marktanteil hat Aumann denn da, wenn man nach Unternehmen mit Wickeltechnologie googelt findet man Dutzende, und die Hälfte davon spricht von führender Technologie. Nahezu alle dieser Unternehmen sind privat und somit sehen wir auch nicht ob Wettbewerber in dem Bereich Aufträge bekommen anstatt Aumann.
Hat hier jemand Erfahrungen und weiß in welchem Umfang und bei wem denn Maschinen von Aumann wirklich zum Einsatz kommen? Also in der Masse und nicht die 4 Probemaschinen, die in irgendeiner Werkshalle rumstehen. 5. Fazit Im Endeffekt ist es immer noch die selbe Situation wie vor einem halben Jahr. Man muss raten wie sich die Auftragseingänge entwickeln. Dabei muss man raten ob Aumann die richtigen Produkte im Angebot hat (diesen Glauben habe ich noch), wann die Aufträge kommen (in den nächsten Monaten oder verschiebt sich das ganze nochmal ein paar Quartale), und in welchem Umfang (genug um den Rückgang in Classic zu kompensieren und anschließend zu wachsen?). Kann man falls wirklich große Umsätze kommen die Margen halten, oder sitzen die OEMs am langen Hebel weil es ja genug Anbieter gibt? Bei den aktuellen "mini" Umsätzen werden die Controller bei den OEMs ja wohl kaum viel Aufmerksamkeit darauf gelegt haben, sowas kann sich aber auch schnell ändern.
Ich würde hier ehrlich gesagt erstmal abwarten und schauen wie sich das ganze entwickelt. Natürlich kann man versuchen den Helden zu spielen und ins fallende Messer greifen, aber solang man hier keine Klarheit hat frage ich mich ehrlich gesagt warum, denn das jetzige Setup sieht sehr binär aus. Entweder die Auftragseingänge erholen sich und man wächst wieder und die Aktie geht auf >30, oder das aktuelle Quartal ist kein Ausreißer sondern ein Trend für mehrere Quartale und man sackt weiter ab. Lieber kaufe ich doch bei 25 oder 30 bei Gewissheit, Verluste bewusst mit Kontrolle zu minimieren ist bedeutend wichtiger als versuchen zu Gewinne maximieren. |