Jakarta/New York - Die Investmentgilde hat die Rohstoffe wiederentdeckt. Doch nicht Gold oder Öl haben es den Finanzprofis angetan. Investmentlegende George Soros, der Hedgefonds Citadel und der Vermögensverwalter T. Rowe Price Group setzen - ganz altmodisch - auf Kohle. Sie haben Aktien von Kohlezechen gekauft und dabei die günstigsten Bewertungen seit fünf Jahren genutzt. Die Papiere der Kohleförderer sind im Sog der weltweiten Rohstoffbaisse in den vergangenen Monaten dramatisch eingebrochen. Seit Jahresbeginn stehen Kursverluste von durchschnittlich 75 Prozent zu Buche.
Nun sehen viele Großanleger wieder Einstiegschancen. Multimilliardär Soros erwarb im vergangenen Quartal 2,9 Mio. Aktien von Arch Coal, dem zweitgrößten Kohleförderer der USA, wie aus Pflichtmitteilungen an die US-Wertpapieraufsicht SEC hervorgeht. Citadel und Invesco deckten sich mit den Titeln von Peabody Energy ein. T. Rowe kaufte Unternehmenspapiere von Peabody, Arch, Consol Energy und der indonesischen Gesellschaft PT Bumi Resources
Und der Markt reagiert: In den vergangenen beiden Handelstagen legten die Papiere allesamt um mehr als 20 Prozent zu. Doch ungeachtet dessen ist das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) der Kohleförderer noch immer weniger als halb so hoch wie der Durchschnitt der Aktien im MSCI World/Energy Index. Peabody wurde zeitweise mit dem 3,7-fachen der für 2009 prognostizierten Gewinne bewertet, bei Arch liegt das KGV sogar nur bei 2,5.
"Kohle ist der Rohstoff, bei dem sich der Einstieg derzeit am meisten lohnt", sagt Daniel Rice, Manager von BlackRock Advisors in Boston. "Dieser Brennstoff reagiert weit weniger sensibel auf einen Abschwung der Wirtschaft, weil er bei der Stromerzeugung für die Grundlast gebraucht wird. Zudem steigt die Nachfrage." Die Schweizer Großbank UBS geht davon aus, dass der Bedarf in den großen Volkswirtschaften, in denen 52 Prozent des Stroms durch Kohle erzeugt wird, bis 2010 um 3,3 Prozent zunimmt. Bis 2030 rechnen die Experten der Internationalen Energie-Agentur in Paris mit einem Anstieg der Nachfrage um jährlich zwei Prozent. Vor allem in China und Indien wachse der Bedarf.
Analyst Francisco Blanch von Merrill Lynch hingegen sieht den Kohlepreis wegen der Rezession "rapide" sinken. Peabody-Chef Richard Navarre wendet dagegen ein, dass beim Kohlepreis die Auswirkungen eines möglicherweise kurzfristigen Nachfragerückgangs durch sinkende Produktionsmengen ausgeglichen würden. Denn im Zuge der Kreditklemme müssten die Förderer geplante Kapazitätserweiterungen auf Eis legen. Zudem legen einige Unternehmen Zechen still, die zu teuer produzieren; anderswo nimmt die Fördermenge ab, weil Lagerstätten schwieriger zu erschließen sind.
Nach Ansicht von Analysten ist dieser Kursverfall übertrieben. Während die Gewinne der Ölkonzerne in diesem Jahr um fast die Hälfte gesunken sind, haben Kohleproduzenten den Vorteil, dass sie von kurzfristigen Preisschwankungen weniger stark betroffen sind, weil die Lieferverträge lange Laufzeiten haben. "Anleger verramschen sämtliche Aktien, und bei den Titeln der Kohle-Erzeuger ist dies besonders irrational", sagt Richard Price, Investmentbanker bei Westminster Securities. "Auch wenn die Preise für Terminkontrakte im nächsten Jahr nachgeben, haben die Unternehmen noch immer diejenigen Kontrakte in der Hand, die während der diesjährigen Hochpreisphase abgeschlossen wurden." Analysten rechnen deshalb mit steigenden Kursen, wie Konsenserhebungen durch Bloomberg belegen. Beim Aktienkurs von Bumi erwarten sie einen Anstieg um das Fünffache. Die Kursziele von Peabody und Arch sehen sie beim Dreifachen des derzeitigen Kursniveaus
Besonders günstig sind die Ertragsaussichten bei Bumi. Das indonesische Unternehmen rechnet damit, dass der durchschnittliche Kohlepreis 2009 mindestens auf dem diesjährigen Niveau von 77 Dollar je Tonne liegen wird. Im ersten Geschäftshalbjahr kostete die Produktion einer Tonne Kohle 33,10 Dollar. Damit ist Bumi wesentlich wirtschaftlicher als beispielsweise Unternehmen in Russland, wo die Förderung einer Tonne Kohle zwischen 75 Dollar und rund 80 Dollar kostet. "Es ist klar, dass wir eine Menge Geld verdienen werden", sagt Peter Ball, der Geschäftsführer von Bumi. Bloomberg/nan vom 25.11.08 |