Hi Hamburginvestor,
leider muß ich Dich enttäuschen. Ich sehe den Euro weiter sinken wie die Titanic. Die kann auch niemand bergen, sie bleibt am Meeresgrund liegen.
Ich selbst bin kein Charttechniker, aber trotz der ersichtlichen Interventionen hat die Unterstützung bei 1,03 nicht gehalten. Der Markt will die Parität sehen und selbige wird meiner Meinung nach innerhalb der nächsten zwei Wochen erreicht werden. Sicherlich kann der Kurs weiter zwischen 1,00 und 1,05/1,10 schwanken. Doch wenn die 1,00 erreicht ist, gibt es unter den Charttechnikern ein großes Angstzittern. Die nächste charttechnische Unterstützung ist dann erst bei 0,97 was so viel heißt als wie 2 DM = 1 $. Und da unsere tolle "trojanische" Einheitswährung (im Inneren das Chaos, das über uns hereinbrechen wird) noch nicht so alt ist, wird man sich ein Lineal nehmen müssen und es ganz tief unten anlegen, wenn die großen charttechnischen Euroverkäufe einsetzen. Die EZB kann dann den Verfall alleine nicht aufhalten. Für einen solchen Fall gibt es nun einmal keine Erfahrungswerte. Premiere. Wenn auch eine sehr traurige.
Großbritannien war schlau genug, auf den fahrenden Zug an der nächsten sicheren Haltestelle zu warten. Das englische Pfund soll doch eine harte Währung bleiben... wie soll aber ein Europa ohne GB funktionieren? Ich erinnere mich an englische Zeitungen, die Lafontaine als neuen Deutschen Hitler auf der Titelseite anprangerten, nur weil er von den Engländern einen sofortigen Beitritt verlangte. Die Engländer sind auf den europäischen Gedanken und die Währung nicht sehr gut zu sprechen, alte Haßgefühle flammen wieder auf für Politiker, die Enland in die Enge treiben wollen. Blair hat sich bei seinen Landsmännern schon zu oft deswegen eine blutige Nase geholt und sollte schon jetzt um seinen Posten bangen.
Der europäische Währungsmix ist eben nur so stark wie sein schwächstes Glied. Italien, Spanien, Portugal sind schlimm genug aus währungspolitischer Sicht (ich bitte dies nicht falsch zu verstehen), aber bald auch Griechenland, die Türkei oder der halbe Ostblock wie von der SPD als Einladungskarte für einen Weihnachtsbasar verschickt? Falls das letzte Horrorszenario eintritt, sehe ich den Euro in einer Range von 0,2 bis 0,5 (an guten Tagen versteht sich). Aber das spielt sich nur in meinem Kopf ab und wird wohl auch ein Wunschtraum bleiben. Ich sage das deshalb, weil ich schon seit über einem Jahr auf den Dollar setze und mich über die Entwicklung innerlich sehr freue. Genau zu dem Zeitpunkt, als die USA wegen einer billigen, gekauften Praktikantin Kopf stand, hätte man sich als schlauer Deutscher gut eindecken sollen. Billiger wurde es nicht mehr. Und falls der Dollar in Zukunft schwächeln sollte, empfehle ich den CHF. Eine Währung hart wie Granit. Die konservativen Schweizer werden sich niemals einer Organisation mit leeren Kassen anschließen und bleiben neutral. Das kann man deutlich am letzten sehr konservativ bis rechtslastig ausgefallenen Wahlergebnis ablesen. Wäre es verwunderlich? Ich erinnere mich an ein Gespräch mit zwei Eidgenossen, mit denen ich über diese Entwicklung und die Dummheit der Deutschen lachte und dabei innerlich weinte. Wenn es hier so weitergeht, werde auch ich meine Koffer packen.
Mein Tip für Dich: lege Dein Geld in zwei, besser noch drei Leitwährungen an, dann fährst Du immer auf der Siegerstraße. Und unter Leitwährung zähle ich keinesfalls den Euro, sondern $, Yen, CHF.
Allerdings werden Kurse von über 1,10 €/$ bei der aktuell weiter boomenden US-Wirtschaft auch nur Träume in Analystenköpfen bleiben (einer dieser Vertreter ist ein kleiner quirliger Analyst von der Dresdner Kleinwort Benson, welcher anscheindend auf Gedeih und Verderb auf den Euro setzt, Kurse von 1,20 sollen schon Januar Wirklichkeit werden - ein müdes Lächeln bewegt meine Lippen), welche besinnungslos einer Euroeuphorie am Anfang des Jahres folgten wie Schuljungen auf der Suche nach dem Goldtopf am Ende des Regenbogens.
In Euroland ist der Motor erst noch am anspringen und läuft, wenn überhaupt nur kalt ohne Öl. Eine Euphorie in dieser Richtung sollte man in die runde Schublade legen, daraus wird vorerst nichts.
Man hätte nicht einfach eine Währung einführen sollen, obwohl es noch keine politische oder steuerliche Einheit gibt und meiner Ansicht nach auch nie geben wird. Bestes Beispiel für den Kampf der Länder untereinander ist doch aktuell Mannesmann... "nein, wir lassen uns nicht von den bösen Engländern kaufen" - da fehlen mir die Worte. Einheit Europa? Fehlanzeige. Jedes Land will seine Arbeitsplätze sichern und Vorteile vor den anderen haben. Die Gleichheit der Menschen hat auch im Kommunismus nicht funktioniert. Der Mensch an sich ist ein egoistisches Wesen, nur auf Selbsterhalt und Mehrung des eigenen Vermögens bedacht. Darum macht Aktienhandeln auch so viel Spaß. Es ist wie eine Sucht, man kommt nicht davon los.
Jetzt schweife ich aber etwas zu sehr vom Thema ab, ich sollte doch nur meine Meinung zum Thema Euro abgeben. Das gestaltet sich aber als sehr schwierig, da zu viele Komponenten miteinander verknüpft ist.
Merke Dir: es kommt immer anders, als es alle denken. Das wußte auch der gute alte Kostolany, als er zu dem Thema befragt wurde. Der Euro ist in einer Hinsicht einmalig: ein derartiger Großversuch mit möglichen verheerenden Konsequenzen wurde in der Geschichte noch nie praktiziert. Und aktuell glauben fast alle Deutschen, daß der Kurs des Euro nicht noch tiefer sinken kann. Wer aber kann das Gegenteil schon vorhersehen? Der Dollar ist im intakten Aufwärtstrend, wenn 2 DM fallen, sehe ich wieder alte Highs um 3 DM kommen, wir hatten das schon einmal...
Bei Aktien hat man als schlauer Anleger einen Rettungsfallschirm, der sich Stop-Loss nennt. Wie wäre es mit einem Stopp-Loss für den Euro?
Good trades. Stockbroker. |