Auch bei EM.TV reicht das Spiel mit den Medien nicht mehr EM.TV bleibt weiter unter Druck und dem Medienunternehmen, das sowohl die frühen Aktionäre als auch die Mitarbeiter reich gemacht hat, verbleibt am Ende der letzen Börsenwoche die Erkenntnis, dass eine hohe Präsenz in den Medien nicht automatisch für hohe Kurse sorgt.
Auf die setzte nämlich Thomas Haffa, um das Versagen bei der Verbuchung der Beteiligung an der Formel 1 Holding SLEC und bei der ebenfalls millionenschweren Investition in die Henson Companie zu überspielen.
Plötzlich war der einstige Kirch Manager und Vater von zwei Söhnen wieder in allen Medien präsent. Nur trauten sich jetzt auch die Kritiker, die bisher wegen der traumhaften Kursgewinne geschwiegen hatten, mit ihren Meinungen an die Öffentlichkeit.
Das Unternehmen, so stand es in einigen Zeitungen zu lesen, würde seine Trickfilme über 20 Jahre mehr oder weniger linear abschreiben. Die Folge ist eine verschobene Bilanz und kurzfristig höher ausgewiesene Gewinne. Die Begründung in der von anderen Medienunternehmen drastisch abweichenden Methode sieht das Finanzmanagement in der wesentlich längeren Nutzungsdauer von Trickfilmen gegenüber Kinofilmen oder gar Fernsehserien. Nur nimmt auch die Attraktivität selbst der weltweit beliebten Muppets im Laufe der Zeit ab – die Kids suchen sich regelmäßig neue Helden. So belasten die Abschreibungen die Ergebnisse immer noch, wenn betriebswirtschaftlich die Cash Cow schon längst den Schlachter gesehen hat.
Dies mag bei den qualitativ hochwertigen Marken und Figuren des Haffa-Imperiums – gerade wenn die Marke Junior etabliert werden kann und danach sieht es nach Unternehmensangaben aus – nicht mit voller Wucht treffen. Der Zwang immer neue Perlen zu entdecken, die beim jungen Publikum zu echten Stars werden, erhöht diese Abschreibungsstrategie auf jeden Fall. Und das ist nur ein Aspekt, den die Zweifler jetzt aufwärmen.
Die Kritik der mangelnden Transparenz der Zahlen – und so letztlich des Unternehmens - ist so alt, wie der Erfolg, den der Kirch-Schüler Haffa seinen Anhängern bescherte. Das Geschäftsmodell von Haffa ist weiterhin intakt, auch wenn die Wachstumshoffnungen nicht im gleichen Maße weitergehen werden, wie bisher. 1998 konnte EM.TV schon über 41 Mio. Euro verbuchen und im Jahr darauf lag das Umsatzwachstum bei über 400 Prozent. Über 171 Mio. Euro wurden verbucht und das bei jeweils schwarzen Zahlen und einem positiven Cash Flow. Auch die – korrigierten – Zahlen des ersten Halbjahres sind immer noch sehr gut.
Wohin geht es also mit den mittlerweile über 141 Mio. ausgegebenen Aktien? Wenn der Neue Markt anzieht, so kommen die Investoren nicht an EM.TV vorbei. Das Papier hat im letzten Monat über 30 Prozent seines Wertes verloren; auch die Verpflichtung eines neuen Finanzvorstandes, der jetzt aufräumen soll, konnte ein weiteres Abrutschen um fast 10 Prozent in der letzen Woche nicht verhindern. Zwischenzeitlich notierte EM.TV sogar auf 52 Wochen-Tief (34,80 Euro), konnte sich aber bis auf 38 Euro am Freitag erholen.
Mit einem KGV von 27 ist der Wert nach der Korrektur immer noch nicht billig. Im europäischen Vergleich werden KGV von 15 bis 20 als faire Bewertung gehandelt.
Aber auch bei der Kinowelt fing der ungebremste Absturz des Papiers, das mittlerweile fundamental fast schon billig ist, mit einer Katastrophenmeldung an: Kölmel sinnierte in einem Analysten-Workshop im Februar über Senderpläne. Die Aktion lief aus dem Ruder und das Managment brauchte viel Kraft, um sich wieder aus der Klemme zu befreien. Fundamental hat sich in der Zwischenzeit wenig an der Kinowelt geändert. Nur ruhiger ist Michael Kölmel geworden. Er kann sich auch nicht mehr der medialen Unterstützung der fachkundigen wie mächtigen Euro am Sonntag sowie der Zeitschrift Finanzenbedienen, seit landläufig bekannt ist, dass er kapitalmäßig mit dem Verlag verknüpft ist. Im letzten halben Jahr verloren treue Anleger über 50 Prozent des Wertes, während der Nemax-All-Shares-Index um 38 Prozent korrigierte. Schwer, wieder aus dem Tal herauszukommen, da gerade auch das Kinogeschäft, in das Kölmel vermehrt einsteigen will, unter Druck geraten ist. Auch der Verkauf der Warner Filme - ein alter Kritikpunkt - kommt nicht so recht von statten - der Zusammenschluß zu Senderfamilien kostet die Filmrechtehändler Verhandlungsmacht. Die Margen geraten unter Druck. Auch die Kinowelt notierte in der letzten Woche auf 52-Wochen-Tief und war nur noch 26,80 Euro wert. Kölmel ist also an vielen Fronten unter Druck, muss viele Antworten geben, bis die Anleger wieder genussvoll anbeißen.
Da hat es Haffa leichter: Überzeugen können jetzt nur die (korrekten) Zahlen – die sollen aber erst im November bekannt gegeben werden. Das gekonnte Spiel mit den Medien wird nicht mehr ausreichen, um zu den Kurszielen aufzuschließen, die einige Banken ausgegeben haben. 80 Euro soll die Aktie bald wieder Wert sein. Morgen stellt sich das Unternehmen den bestimmt unangenehmen Fragen von Anlegern und Journalisten auf der Neuen Markt Konferenz im Rahmen der EXPO.
Um es mit dem Kaiser zu halten: „Schau’n mer mal!“
|