"Die asozialste Politik aller Zeiten" Friedrich Merz greift in seiner letzten Rede als Fraktionsvize den Finanzminister frontal an von Ansgar Graw
Berlin - Die zweite Lesung des Bundeshaushaltes 2005 beginnt mit einem Patzer des amtierenden Parlamentspräsidenten Hermann Otto Solms. Der FDP-Mann erteilt irrtümlich das Wort "dem Bundesminister der Finanzen", Hans Eichel. Und korrigiert sich dann rasch, weil die Tagesordnung zunächst Friedrich Merz vorsieht. Also geht der Unionsfraktionsvize ans Rednerpult und eröffnet mit der Behauptung, er "möchte nun mit vielen verwechselt werden - aber das muß nicht sein".
Mit seiner Schlagfertigkeit erntet Merz die erste Lachsalve, und mit seinem anschließenden Generalangriff auf die rot-grüne Haushaltspolitik scheint er seiner Fraktion und der Vorsitzenden Angela Merkel noch einmal demonstrieren zu wollen, was sie an ihm verliert. Es ist der letzte Auftritt des Finanzexperten in der Position des Fraktionsvize, die er zum 1. Dezember gleichzeitig mit seinem Sitz im CDU-Präsidium aufgibt, und der Minister und viele Redner werden anschließend den Begriff "Abschiedsrede" verwenden. Als wollten auch sie noch einmal die Union mit dem Abgang ihres rhetorischen und fachlichen Schwergewichtes quälen, der mit dem CSU-Gesundheitsexperten Horst Seehofer aus ganz unterschiedlichen Gründen, aber gleichzeitig den Hut nimmt.
Zunächst allerdings quält Merz den Finanzminister am Tag, an dem die rot-grüne Mehrheit den Nachtragsetat 2004 mit einer Rekordneuverschuldung von 43,5 Milliarden Euro beschließen wird. Die Haushaltspolitik des Bundes sei "vor dem Hintergrund der Generationengerechtigkeit die asozialste Politik, die in Deutschland jemals gemacht wurde". Mit 16 500 Euro Schulden komme jedes Kind auf die Welt. "Sie hängen den kleinen Kindern schwere Mühlsteine um den Hals und berauben sie ihrer Zukunft", sagt Merz. Die fehlerhafte Reform der Körperschaftsteuer habe zu Einnahmeausfällen von 30 Milliarden Euro geführt, beim Tabak sei die Steuerschraube überdreht worden, so daß statt der erhofften Mehreinnahme nun eine Mindereinnahme zu verkraften sei, und Zuschüsse von 80 Milliarden an die Rentenversicherung "erdrosseln den Bundeshaushalt". Trotz der Ökosteuer seien die Rentenversicherungsbeiträge nicht auf die vorausgesagten 17 Prozent gesunken, "sondern bewegen sich wieder auf 20 Prozent zu". Und die von der Regierung angemahnte Streichung der Eigenheimzulage würde im ersten Jahr nur zu Einsparungen von 95 Millionen führen - "das ist ziemlich genau der Betrag, den Sie jeden Tag, 365mal, an neuen Schulden machen", rechnet Merz vor. Mit dem griffigen Mix aus Zahlenkolonnen, Sachkunde und Polemik bekräftigt er die Entscheidung der Union, gegen den Nachtragshaushalt 2004 vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen, und er kündigte die Ausweitung auf den Etat 2005 an. Denn die Summe der Schulden liege über den Investitionen, damit seien die Haushalte verfassungswidrig. Er habe, sagt Merz, bei diesem Schritt gezögert, weil "Politik hier in Berlin und nicht in Karlsruhe gemacht werden muß". Aber er habe "zugestimmt, weil Sie anders nicht zu stoppen sind".
Hans Eichel ist heute Haushaltsverteidigungsminister, auf Offensive setzt der SPD-Politiker in seiner Rede zunächst nicht. Statt dessen greift er tief in die zeitgeschichtliche Klamottenkiste. Die Kohl-Regierung habe pro Jahr 36 Milliarden Euro neue Schulden gemacht, bei ihm seien es nur 22 Milliarden. Die ostdeutschen Länder, "mit Ausnahme von Sachsen", hätten Aufbauhilfen zum Teil zweckwidrig verwendet.
"Die asozialste Politik aller Zeiten" (2)
Erst allmählich schwenkt Eichel zum Gegenangriff über. 2005 legten fünf Länder, darunter drei unionsregierte, verfassungswidrige Haushalte vor. Und im Bund habe die Regierung einen Subventionsabbau von 26 Milliarden Euro vorgeschlagen, der unionsdominierte Bundesrat habe indes nur 8,5 Milliarden akzeptiert. Subventionsabbau sei aber nötig, um den Haushalt zu konsolidieren, sagte der Minister mit Blick auf das Festhalten der Opposition an der Eigenheimzulage. Im übrigen seien vorangegangene Gesetze der Union ursächlich für den Einbruch der Körperschaftsteuern in den Jahren 2001/2002, und auch für das Rekorddefizit trage die Opposition Mitverantwortung, weil sie im vergangenen Jahr dem teilweisen Vorziehen der Steuerreform zugestimmt habe. "Nu' klagen Sie mal schön in Karlsruhe gegen das, was Sie hier mitbeschlossen haben", ruft Eichel in Richtung Merz. Wirklich fröhlich wirkt er dabei nicht. Vielleicht tröstet ihn immerhin die Aussicht, bei künftigen Haushaltsdebatten nicht mehr auf Friedrich Merz zu treffen.
Artikel erschienen am Mi, 24. November 2004
danke friedrich, solche leute sollten ganz einfach weggesperrt werden.
servus g. w. bush |