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Witalij Klitschko: Formfehler des Ringarztes? |
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Los Angeles - Der vieldiskutierte Abbruchsieg von Box-Weltmeister Lewis gegen Herausforderer Witalij Klitschko am vergangenen Samstag in Los Angeles geht möglicherweise in die nächste Runde. "Wir werden den Hergang, der zum Abbruch geführt hat, anhand der Fernsehbilder überprüfen. Wenn es dabei einen Formfehler seitens des Ringarztes gegeben hat, werden wir uns jede Form des Einspruchs offen halten", sagte Christoph Rybarczyk, Pressesprecher des Klitschko-Managements, am Mittwoch. Am Abend zuvor war Witalij Klitschkos persönlicher Anwalt Ron DiNicola in den USA vorgeprescht. Er erwäge, vor der kalifornischen Sport-Kommission gegen die Entscheidung Protest einzulegen, und will zudem den Weltverband World Boxing Council (WBC) dazu bringen, einen Rückkampf anzuordnen. Die WBC-Regeln erlauben unter außergewöhnlichen Umständen, "wenn es die Öffentlichkeit fordert, wenn es im Interesse des Sports ist", dass gleich ein Rückkampf angesetzt werden kann. "Dies ist sicher eine frühreife Aussage, die nicht mit dem Management abgestimmt ist", erklärte Rybarczyk dazu.
Arzt rät zu längerer Pause
Witalij Klitschko selbst wird sich ohnehin einige Monate gedulden müssen, bis er wieder im Boxring stehen kann. Der in Los Angeles lebende Ukrainer sollte frühestens nach einem halben Jahr zur eventuellen Revanche gegen Lennox Lewis antreten, riet Chirurg Pearlman Hicks am Dienstag in Los Angeles. "Normalerweise brauchen solche Cuts 60 bis 90 Tage zur Heilung. In dieser Zeit sollten sie nicht berührt werden, sonst bleibt das Gewebe schwach und reißt leicht wieder auf. Am besten wären sechs Monate, um sicher zu sein, dass alles perfekt ausgeheilt ist", sagte der amerikanische Arzt. Mit 60 Stichen hatte Hicks Klitschkos fünf Risswunden genäht, die er sich am Samstag in dem nach der sechsten Runde abgebrochenen WM-Kampf gegen den britischen WBC-Titelverteidiger zugezogen hatte. Lewis erlitt bei dem Kampf gegen Klitschko einen Nasenbeinbruch.
Klitschko, dem die Risswunden am linken Augenlid, an der Augenbraue, dem Jochbein und der Lippe kaum noch Schmerzen bereiten, hatte zum Zeitpunkt des Abbruchs auf allen drei Punktzetteln mit 58:56 vorn gelegen. Joe Souza, einer der besten Cut-Männer der Welt, wies vehement die Aussage des Ringarztes zurück, dass Klitschko wegen des etwa 25 Millimeter tiefen und fünf bis sechs Zentimeter langen Risses über dem linken Auge nichts mehr gesehen habe und das blutige Faustgefecht deshalb abgebrochen werden musste. "Ich bin doch kein Idiot. Es war ernst, aber ich hatte alles unter Kontrolle. Der Cut war nicht gefährlich und Witalij konnte gut sehen", sagte der erfahrene US-Amerikaner, der zum ersten Mal bei einem Klitschko-Fight in dessen Ringecke stand.
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Behandlung von Witalij Klitschko: "Alles unter Kontrolle" |
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Während in Las Vegas schon Wetten für den Rückkampf angenommen werden (5:1-Favorit Lewis) und das Feilschen um den Austragungsort für das zweite Duell längst begonnen hat, bastelt das Lewis-Management an einem Kampf mit WBA-Weltmeister Roy Jones Junior. Beide Seiten wollen sich am Donnerstag treffen. Angedacht ist der Vergleich für November. Es wird gemutmaßt, dass Lewis und Jones Jr. für dieses Faustgefecht jeweils eine Börse von über 30 Millionen Dollar kassieren. "Das Alter arbeitet gegen mich"
Lewis räumte jedoch ein, "die Chancen, dass ich noch einmal kämpfe, liegen nur noch bei 60 bis 70 Prozent. Das Alter arbeitet gegen mich". Der 37-Jährige gab jetzt auch zu, dass er seinen letzten Kampf etwas zu locker angegangen ist: "Nach so einer kurzen Vorbereitungszeit gegen Klitschko zu kämpfen, war ein äußerst riskantes Spiel." Im Gegensatz zu Lewis zeigt sich dessen Trainer Emanuel Steward begeistert von einem Rematch gegen den älteren Klitschko-Bruder: "Ich kann zwar noch nicht sagen, ob Lennox wieder kämpfen wird. Aber ich glaube schon, dass er noch einmal gegen Witalij antritt - und das wird dann sein letzter Fight sein."
Das Rematch würde einen "größeres Interesse auslösen, als Lewis' Kampf gegen Mike Tyson. Er würde jeden Rekord für eine Pay-Per-View-Übertragung brechen", ist sich Steward sicher. Dem Fernsehsender HBO bescherte das dramatische Duell die höchste TV-Quote bei einem Schwergewichts-Kampf seit dem 22. November 1997, als Ex-Champion George Foreman sein letztes Duell gegen Shannon Briggs nach Punkten verlor. "Lewis vs. Klitschko" wurde in 4,6 Millionen US-Haushalten gesehen. Auch in Deutschland jubelte das ZDF trotz der ungewöhnlichen Sendezeit (4.30 Uhr morgens) über sensationelle Zuschauerzahlen. Bis zu 4,8 Millionen Boxbegeisterte saßen vor den Fernsehschirmen.