»Der Negativzins widerspricht nicht der menschlichen Natur«. Diese Weisheit verdanken wir keinem Geringeren als dem Schweizer Notenbankpräsidenten Thomas Jordan. In der Schweiz sind die Zinsen noch niedriger als in Deutschland, also auf breiter Front negativ. Man muss bezahlen, wenn man der Bank Geld gibt. Die Eidgenossen, die viel davon haben, finden das nicht lustig. Deshalb muss Herr Jordan sich verteidigen. Er könnte sagen, dass seine Entscheidung, den Kurs des Frankens frei nach oben davonlaufen zu lassen, im Interesse der Schweizer Vermögenden und im Interesse derjenigen Ausländer gewesen sei, die ihr Vermögen schon vor einiger Zeit im Alpenland deponiert hatten. Denn ihnen nützt ein starker Franken. Sie bekommen zwar keine Zinsen, aber in allen anderen Währungen gerechnet werden diese Leute in diesen Zeiten von selbst reicher, ganz so, wie es die Geldvermögensbesitzer gewohnt sind, weil das arbeitende Geld wundersam, aber »natürlich« den Zins hervorbringt.
Herr Jordan hat aber keine Lust, sich zu verteidigen. Deshalb wird er grundsätzlich, und zwar wie folgt: Der Zins belohne den Verzicht auf Konsum. Die so gesparten Mittel stünden grundsätzlich für Investitionen zur Verfügung. Diese müssten wiederum einen Ertrag erwirtschaften, der die Bezahlung der Zinsen ermögliche. Wenn die Unsicherheit hoch sei, werde jedoch einerseits vermehrt gespart. Andererseits warteten Unternehmen infolge der höheren Unsicherheit oder geringen Ertragsmöglichkeiten mit Investitionen zu. Ich verdanke die Darstellung dieses Gedankengangs dem Zürich-Korrespondenten der FAZ, Johannes Ritter, der das in dieser Form in seiner Zeitung wörtlich wiedergibt, einschließlich des authentischen, schweizerdeutschen »zu«- statt »ab«-wartens. Es ist die klassische, nein neoklassische verquere und falsche Theorie, die Jordan da auftischt, wonach das Geld erst vom Publikum gespart und dann von den Banken an die Unternehmen weitergegeben wird. ...
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