Die Elite-Uni der dt. Wirtschaft: ein Chaosclub

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eröffnet am: 29.10.02 11:41 von: Hiob Anzahl Beiträge: 2
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2509 Postings, 8971 Tage HiobDie Elite-Uni der dt. Wirtschaft: ein Chaosclub


SIE MÄKELN AN UNSEREN UNIS RUM UND JETZT WOLLEN SIE IHRE EIGENE WELTNIVEAU-UNI VOM BANKROTTEN BERLINER SENAT FINANZIEREN LASSEN. Mein Kommentar: Unsere sog. Top-Manager sind verdammte Luschen.


"Ein Armutszeugnis für die deutsche Wirtschaft"

Von Bärbel Schwertfeger

Der Fehlstart eines Prestigeprojekts ist derzeit in Berlin zu besichtigen. Zwei Tage vor ihrer Gründung hat die Universität der Großkonzerne zu wenig Geld, kein Konzept, kaum Professoren. Jetzt will die Crème der deutschen Industrie die bankrotte Hauptstadt anpumpen.

Am Donnerstag wird ins ehemalige DDR-Staatsratsgebäude fast alles einlaufen, was in der deutschen Wirtschaft Rang und Namen hat - rund zwei Dutzend Konzernchefs, obendrein Bundespräsident Johannes Rau. Wo einst Erich Honecker logierte, entsteht eine neue Manager-Kaderschmiede: die European School of Management and Technology (ESMT). Doch viel zu feiern gibt es beim Festakt noch nicht. Denn das ehrgeizige Projekt steckt in Schwierigkeiten und droht zur Blamage für die deutsche Wirtschaft zu werden.

Die Prestige-Uni ist ein Produkt der Unzufriedenheit. Finanziell haben deutsche Unternehmen sich an privaten oder öffentlichen Hochschulen nur begrenzt engagiert, aber stets emsig an der Hochschulausbildung herumgemäkelt. Aus Sicht der Wirtschaft fehlt in Deutschland bisher eine Business School, die es in der Champions League mit Harvard oder Stanford, der französischen INSEAD oder der London Business School aufnehmen kann.

Wie klamm sind die Großkonzerne wirklich? Sechs der 22 Firmen, die bisher nicht genügend Geld für die Berliner Kaderschmiede sammelten - per Klick auf ein Bild gelangen Sie zur Großansicht

Und so wollten deutsche Unternehmen die Sache selbst in die Hand nehmen und die Managerausbildung entstauben. Bei McKinsey gaben sie 1999 eine Studie in Auftrag. Das Ergebnis: Weltniveau ist machbar.

"Wir sagen nichts und kommentieren nichts"

Die Liste der beteiligten Unternehmen liest sich wie das "Who is who" der deutschen Wirtschaft: Früh mit von der Partie waren Allianz, DaimlerChrysler, Deutsche Bank und Eon. Mit ins Boot holten sie unter anderem ThyssenKrupp, BMW, Bosch, RWE, SAP, Schering, Siemens, die Lufthansa, Post und Telekom. Nur wenige große Namen sind nicht vertreten, etwa der Volkswagen-Konzern, der eine eigene "Auto-Uni" in Wolfsburg gründen will.

An Vorschusslorbeeren hat es durchaus nicht gefehlt. "Eine der bedeutendsten Lehr- und Forschungseinrichtungen auf dem Kontinent" kündigte etwa Gerhard Cromme an: "Das Engagement der deutschen Wirtschaft garantiert, dass die Sache ein Erfolg wird", so der Aufsichtsratsvorsitzende von ThyssenKrupp. Und die Berliner Presse schwärmte schon vom "Harvard an der Spree".

Der Lehrbetrieb soll erst 2004 beginnen, die ersten Management-Seminare laufen schon früher an - in der Außenstelle München-Riem. In Berlin sollen jährlich 2500 Manager Kurse besuchen und 500 Master-Titel verliehen werden, hieß es noch Ende September. Doch knapp eine Woche vor der Gründung gab die ESMT überraschend bekannt, die Zahl der akademischen Abschlüsse auf rund die Hälfte zu senken.

Die ESMT ist schwer ins Trudeln geraten. Seit Monaten schon geht Cromme als Koordinator der Gründungsinitiative auf Tauchstation. Wer etwas über das ehrgeizige Projekt wissen wollte, wurde stets abgewimmelt. "Wir sagen nichts und kommentieren nichts. Es ist uns egal, was die Medien schreiben", erklärte Christian König von der für die ESMT zuständigen Pressestelle bei ThyssenKrupp. Nun hat man offenbar aufgrund der zahlreichen negativen Presseberichte die Notbremse gezogen und verkündete am Freitag: "Die ESMT ist auf gutem Wege."

Vielmehr als ein Pfeifen im Wald ist das wohl nicht. Denn längst kursieren Gerüchte, dass so manches Unternehmen am liebsten wieder aus dem kostspieligen Projekt aussteigen würden - was die ESMT nicht dementiert.

Denn bis heute ist unklar, wie die Elite-Schule finanziert werden soll. Anvisiert war ein Stiftungskapital von mindestens 100 Millionen Euro. Aus den Kapitalerträgen und den Studiengebühren sollte die Uni weitgehend finanziert werden. Doch mehr als 90 Millionen Euro kamen bisher nicht zusammen. Dabei ließen sich jedoch auch mit 100 Millionen Euro - optimistisch geschätzt - allenfalls fünf Millionen Euro Zinserträge pro Jahr für den Betrieb der Hochschule erwirtschaften, und das ist viel zu wenig.

Wie unrealistisch das Finanzierungsmodell ist, hat Hans N. Weiler den ESMT-Verantwortlichen unlängst in der "Zeit" vorgerechnet. Selbst die kleine und arme Europa-Universität Viadrina in Frankfurt/Oder habe ein Jahresbudget von rund 18 Millionen Euro, so der ehemalige Viadrina-Rektor und langjährige Stanford-Professor. Dagegen verfüge die Stanford Business School, deren Niveau das ESMT anpeilt, über 90 Millionen Dollar - davon ein Viertel aus den Erträgen des Kapitalstocks von 510 Millionen Dollar, etwa 55 Prozent aus Studiengebühren und rund 20 Prozent aus Spenden.

Derart vorgeführt, verkündete die ESMT nun eilig, sie plane nach fünf Jahren einen Haushalt von 15 bis 20 Millionen Euro für den Lehrbetrieb ein, und der solle durch Programm- und Studiengebühren, aus Zinserträgen und aus Stiftungen gedeckt werden. Wie das funktionieren soll, bleibt allerdings ein Rätsel.

Milliardäre an Habenichts: "Haste mal 49 Millionen"?

Im Poker mit Bayern um das Prestigeprojekt hat das Land Berlin den Konzernen bereits das ehemalige Staatsratsgebäude zu Verfügung gestellt. Wert der schmucken Immobilie in bester Lage am Schlossplatz: 24 Millionen Euro. Doch das reicht den Wirtschaftsbossen nicht - sie wollen größere Geschenke. Beherzt verlangen sie von der bankrotten Hauptstadt nun auch noch die Sanierungskosten von 25 Millionen Euro.

"Es ist ein Armutszeugnis für die deutsche Wirtschaft, dass sie von einer privaten Elite-Hochschule spricht, aber Geld vom Staat fordert", so Herbert Grüner, Präsident der Berliner Fachhochschule für Technik und Wirtschaft, im "Tagesspiegel". Ob sich das finanziell zerlumpte Berlin, das die Zahl seiner Studienplätze von 85.000 auf 60.000 reduzieren will, auf die Forderung einlässt, ist noch offen.

Aber nicht nur am Geld mangelt es, auch ein inhaltliches Konzept ist bisher nicht erkennbar. Ende August hatte man über 140 Personalchefs nach Berlin geladen, um sie für die ESMT zu begeistern. Doch das ging gründlich daneben. Einfach nur ärgerlich sei die Konferenz gewesen, berichtete ein Teilnehmer. Niemand habe erklären können, wie sich die ESMT von anderen Business Schools abheben wolle. Auch Gastredner Henry Mintzberg wusch den Organisatoren den Kopf: Man solle doch erst einmal ein klares Profil ausarbeiten, bevor man versuche, Professoren zu gewinnen, mahnte der renommierte kanadische Managementprofessor.

Abwerbeversuche mit mäßigem Erfolg

Mindestens 60 Vollzeitprofessoren aus aller Welt sollen am ESMT lehren, lediglich ein Drittel davon aus Deutschland. Der Versuch, Professoren von deutschen Hochschulen abzuwerben, hatte offenbar nur mäßigen Erfolg. Noch schwerer dürfte das bei international renommierten Professoren sein, denn die sind weltweit rar und teuer. "Das ist mit dem Finanzierungsmodell sehr schwierig, wenn nicht unmöglich", erklärt Klaus Brockhoff, Rektor der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung (WHU) in Koblenz. "Da ist unser Image als Bildungsland einfach zu schlecht."

Kein Wunder, dass auch die Suche nach einem Präsidenten erst im dritten Anlauf klappte. Wunschkandidat Gerhard Casper, langjähriger Präsident der Stanford University, sagte ab. Dann gab Horst Siebert, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, der Elite-Schule einen Korb. Schließlich gewann man Ende September Derek F. Abell. Der Engländer lehrte bisher als Professor am renommierten International Institute for Management Development in Lausanne.

Der neue ESMT-Präsident scheint die Sache realistischer anzugehen. Der 64-Jährige sieht seinen wichtigsten Auftrag darin, in den nächsten Monaten erst einmal einen soliden Business Plan zu schreiben - solche Hausaufgaben erledigt man normalerweise lange vor dem Start.

 

29.10.02 12:54

51345 Postings, 8704 Tage eckiein Armutszeugnis für die deutsche Wirtschaft....

Jaja, Privatuni gründen, aber den Subventionstopf nicht voll genug kriegen. Bravo deutsche Wirtschaftslenker. Heute schon über zu hohe Staatsquote geschimpft?

Grüße
ecki  

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