Anleger doppelt ausgenommen: Betrug am Grauen Kapitalmarkt Wer einmal reingefallen ist, sollte kein zweites Mal mehr zahlen Zigmilliarden Euro gehen jedes Jahr auf dem Grauen Kapitalmarkt durch windige und hochriskante Anlagen verloren. Doch die gebrannten Anleger werden öfters hingehalten und zur Umschichtung in eine weitere Anlage überredet. Einige lassen sich auf die Angebote der Abzocker ein zweites Mal ein - in der Hoffnung, ihr eingesetztes Geld wiederzusehen.
Die Angebote klingen verlockend: Eine absolut sichere Altersvorsorge, ein sogenanntes Steuersparmodell oder eine Aktienemission mit einmaligen Gewinnchancen. „Eine der perfidesten Methoden, gutgläubigen Anlegern ihr schwer verdientes Geld aus der Tasche zu locken, ist die Werbung mit der Sicherheit einer Immobilie”, schreibt der „Aktionärs Report”.
Ein Fall, wie die geprellten Anleger der Aufina Holding AG gleich ein zweites und drittes Mal reingelegt werden sollten, schildert die Münchner Rechtsanwaltskanzlei Mattil & Kollegen. Die Düsseldorfer Aufina Holding AG verkaufte „grundwertgesicherte Aktien” im vorbörslichen Handel.
Anwältin: Keine Nachschüsse für die „Göttinger Gruppe”
Tatsächlich seien die einkassierten Gelder aber kaum in werthaltige Immobilien investiert worden, die Verantwortlichen sind bereits wegen Betruges zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Als den Aufina-Aktionären mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens klar wurde, dass ihnen ein Totalverlust drohte, tauchten gleich mehrere dubiose Beteiligungsunternehmen mit „Übernahme und Umtauschangeboten” auf.
Nach Angaben der Rechtsanwälte für Kapitalanlagerecht bot die GICG Europäische Beteiligungs AG den Aktionären der Aufina eine Wandlung ihrer mittlerweile wert-losen Aktien in Genussrechte an. Für die vermeintliche Ersatz-Anlage sollten sie auch noch einen Aufpreis zahlen. Erst später merkten die Anleger, dass die GICG-Genussrechte genauso wertlos wie die Aufina-Aktien sind.
„Es ist dreist, wie Betrogene nochmals abgezockt werden”, sagte Simone Mühe, Juristin von der Verbraucherzentrale München. „Jedem, der sich nicht an die Verbraucherzentrale oder einen Rechtsanwalt gewandt hat, rate ich, sich unbedingt rechtlichen Rat einzuholen.” Die einzige Möglichkeit, sein Geld wiederzubekommen, sei über Schadenersatzforderungen gegen die Verantwortlichen. Aber die Umwandlungsmasche ging noch weiter.
Kurz nach der Übernahme des GICG-Konzerns durch die Cobracrest AG & Co. KG a. A. bot diese den Anlegern eine erneute Wandlung der GICG-Genussrechte in eigene Aktien an. Cobracrest habe den Anlegern die vergebliche Hoffnung gemacht, den entstandenen Schaden doch noch ausgleichen zu können. Doch: „Die Cobracrest-Aktien sind keinen Pfifferling wert”, sagt Florian Stoll von Mattil & Kollegen. Tatsächlich lag der Wert der Aktie gestern unter drei Cent. Der Kanzlei sei ein Fall bekannt, bei dem Anleger über Jahre durch Übernahme, Tausch, und Verschmelzung „bei Laune gehalten” wurden. Die Folge dieses Hinhaltens sei oft, dass Schadenersatzansprüche verjährten.
Ein weiterer prominenter Fall ist die Göttinger Gruppe, die über eine Milliarde Euro von weit mehr als 100 000 Anlegern eingesammelt hat. Nach Ansicht der Rechtsanwältin Tanja Celler und vieler ihrer Kollegen steht die Göttinger Gruppe kurz vor der Insolvenz. Atypisch stille Gesellschafter der Gruppe, die außerordentlich gekündigt haben, bekamen ihr Geld nicht nur nicht zurück. Die Göttinger Gruppe forderte sogar Nachschüsse bis zur Höhe der getätigten Entnahmen und verlangt die Zahlung eines „Stornierungsaufwandes”. Oder sie bietet den kündigenden Gesellschaftern die Fortsetzung der Beteiligung an.
„Keinesfalls sollten die Anleger Nachschüsse an die Göttinger Gruppe zahlen”, warnt Celler. Von Christian Vordemann 21.2.07 |