Düsseldorf hat sich zur Drehscheibe der Kosmetikindustrie entwickelt
Düsseldorf/Köln - Die Farbe an den Wänden ist feucht, überall wuseln Handwerker, stehen Umzugskartons. Noch können sich Calvin Klein, Karl Lagerfeld und Valentino nicht voll entfalten. "Aber wir hoffen, dass nächste Woche alles fertig ist", meint Thomas Brauch, der als Geschäftsführer von Unilever Cosmetics seit März mit seinem Team nicht mehr von Wiesbaden, sondern zentral von Düsseldorf aus Luxus-Düfte wie Truth, Eternity, Cloé oder Cerruti in Deutschland, Österreich, Schweiz und Holland vermarktet. Warum hat's ihn an den Rhein gezogen? "Düsseldorf ist für uns der ideale Standort, von hier aus kommt man schnell in alle Welt, hier sind nicht nur die internationalen Mode-Marken zu Hause, sondern auch alle anderen großen Kosmetikhersteller."
In der Tat: Düsseldorf hat sich zur Drehscheibe der Beauty-Konzerne entwickelt und gilt mittlerweile als attraktivste Bühne. Branchenriesen wie Shiseido, L'Oréal mit seinen Mega-Marken Rubinstein, Lancôme, Biotherm, Giorgio Armani oder Garnier, der französische LVHM-Konzern, Schwarzkopf & Henkel, Marbert und Cosmopolitan Cosmetics in Köln setzen in Nordrhein-Westfalen ihre Duftmarken, machen Millionen Euro mit Make-up, Lippenstiften, Body-Lotionen und Haarstyling-Gels.
Während beispielsweise Marbert, 1936 von Margarete Sendler und Berta Röber gegründet, seine Wurzeln in der Landeshauptstadt hat, hat sich Shiseido erst vor 22 Jahren für Düsseldorf entschieden. "Als japanischer Konzern war es für uns wichtig, dass 7500 Japaner in der Stadt leben, dass die Infrastruktur stimmt mit entsprechenden asiatischen Geschäften, Schulen und einem Tempel", meint Geschäftsführer Horst Riegel beim Gespräch in seinem Büro im Medienhafen. Im Umkreis von 200 Kilometern könne man mehr als 20 Millionen Menschen erreichen. "Düsseldorf mit seinen Messen, dem Kunst- und Kultur-Angebot, den exklusiven Boutiquen auf der Kö hat außerdem eine ungewöhnlich modische Ausstrahlung, ist ein idealer Boden für Luxus-Marken." Die Zahl der Parfümerien sei so hoch wie in kaum einer anderen Stadt.
Auf Grund der zentralen Lage in Deutschland sei zudem ein enger Kontakt zu zahlreichen Hochschulen möglich, betont Hans Biffl, Deutschland-Chef der L'Oréal-Gruppe. In Düsseldorf sind mehr als 500 Mitarbeiter zuständig für Marketing und Vertrieb aller Produkte aus dem französischen Haus. Im Herbst wird die Nummer eins im weltweiten Geschäft mit der Schönheit, die allein in Deutschland über 100 Millionen Euro Umsatz verzeichnet, ihre Präsenz verstärken: Auf einem 27.000 Quadratmeter großen Grundstück eröffnet in Kaarst ein Logistik- und Kundenservice-Zentrum der Luxus-Marken.
Gebaut wird auch bei Schwarzkopf & Henkel, das ein Fünftel seines Milliarden-Umsatzes in Deutschland vor allem mit Produkten wie Drei Wetter Taft, Schauma und Fa, Poly, Diadermine und Theramed macht: Anfang 2003 wird ein weiteres Laborgebäude für 120 Wissenschaftler fertig. Von Düsseldorf aus, wo sich seit 1878 das Henkel-Stammhaus befindet, werden - so Manager Hanno-Hagen Mietzner - die weltweiten Strategien und Ziele in mehr als 40 Ländern festgelegt. Während am Rhein Neues für Haar, Gesicht und Körper ausgetüftelt und getestet wird, ist eine der bedeutendsten Kosmetik-Produktionsstätten in Dülken angesiedelt.
Marbert, seit 1995 in italienischen Händen, forscht und entwickelt nicht nur in der Schaltstelle, sondern produziert Duft und Pflege der Marke Diesel, außerdem werden in der Kosmetik-Küche alle Make-up-Farben angerührt und am laufenden Band in Tuben oder Spender abgefüllt. Von Monheim aus wird dann die gesamte Produktpalette in aller Herren Länder verschickt. 2002 - so Vorstandsmitglied Henn Allewelt - werde die Marke Marbert "geliftet" und soll dann wieder in die Liste der Top 5 aufsteigen.
Unbestritten den schönsten Blick auf den Rhein haben die rund 260 Mitarbeiter des französischen Luxus-Konzerns LVHM. Sie sitzen im lichtdurchfluteten Haus am Rhein, gleich neben dem Yachthafen, und genießen im Sommer die Sonnenuntergänge. "Das internationale Flair Düsseldorfs spiegelt exakt unsere Firmen-Philosophie wieder", schwärmt General-Manager Hans Buchheim. Bereits 1988 hat sich Christian Dior dort niedergelassen. 1999 folgten Givenchy, Kenzo, Guerlain und die neuen amerikanischen Labels wie Hard Candy und Urban Decay. Weitere Gebäude sind in Planung, denn der Umsatz in Deutschland sei in den vergangenen fünf Jahren um 25 Prozent auf 100 Millionen Euro gewachsen - Tendenz steigend.
Vor allem das duftende Geschäft floriert, wie Klaus Wolfram, Sprecher von Cosmopolitan Cosmetics, bestätigt. Hervorgegangen aus der 4711-Muelhens-Keimzelle im Jahr 1792 haben sich die Kölner mit den Marken Gucci, Montblanc, Strenesse, Mexx, Bogner, Sabatini, Naomi Campbell, Dunhill und Marc O'Polo zu einem der größten Parfüm-Anbieter gemausert. Von den weltweit 2000 Mitarbeitern sind 1000 im Headquarter in Köln.
Die Lust am kleinen Luxus scheint ungebrochen, darin sind sich alle Schönheitsexperten einig: Unbeeindruckt von der allgemeinen Konjunkturschwäche laufen teure Cremes und Parfüms wie geschmiert. Das gestiegene Körperbewusstsein, der Wunsch nach Wellness, Wohlgefühl und entsprechenden Produkten fürs Badezimmer lässt die Beauty-Zentralen in Nordrhein-Westfalen kräftig wachsen. Luxus ist offenbar, wenn man trotzdem kauft. |