Der Druck auf Hartmut Mehdorn wächst. Nach der geplatzten Einführung des Schalterzuschlags fordern mehrere verkehrspolitische Sprecher der Parteien den Rücktritt des Bahn-Bosses. Der ließ indes offen, ob er die entgangenen Einnahmen auf anderem Weg eintreiben will.
Köln - Nach dem Verzicht der Deutschen Bahn auf eine Extragebühr am Fahrkartenschalter fordern Verkehrsexperten der Parteien den Rücktritt von Konzernchef Hartmut Mehdorn. "Mehdorn ist der falsche Vorstandschef", sagte der Grünen-Verkehrspolitiker Winfried Hermann der Kölner Zeitung "Express". "Der Imageschaden ist gigantisch. Das Gefühl, abgezockt zu werden, wird viele abschrecken, Bahn zu fahren."
Der SPD-Politiker Hermann Scheer sagte, Mehdorn agiere, als sei er der Eigentümer der Bahn und nicht der Vorstand eines Unternehmens. Der verkehrspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Dirk Fischer (CDU), betonte, er sei von der Verlängerung von Mehdorns Vertrag bis 2011 "ohnehin alles andere als begeistert" gewesen. Der Fahrgastverband Pro Bahn sagte, Mehdorn habe "überhaupt kein Gespür mehr für die Bedürfnisse der Fahrgäste". Er denk "nur an potenzielle Aktionäre". Nach massivem Druck aus dem Kanzleramt und von Kunden hatte die Bahn am Morgen erklärt, auf die Schaltergebühr beim Fahrkarten-Kauf zu verzichten. Ursprünglich sollten Kunden ab dem 14. Dezember 2,50 Euro für jedes Fernticket zahlen, das sie am Schalter lösen.
Der Rückzieher aus dem Bahntower kam vergleichsweise rasch. Schon einmal hatte Mehdorn nach einem Sturm der Entrüstung einen Rückzieher machen müssen - ein Ende 2002 gestartetes Tarifsystem samt Abschaffung der beliebten Bahncard mit 50-Prozent-Rabatt wurde erst nach acht Monaten gestoppt. Nun überlebte die Idee des Bedienzuschlags gerade einmal zwei Wochen, nachdem ihn Personenverkehrsvorstand Karl-Friedrich Rausch bekanntgemacht hatte.
Horst Friedrich, Bahn-Experte der FDP, erinnerte in diesem Zusammenhang an den Flop vor fünf Jahren. Damals hätten "die unteren Chargen bei der Bahn" ihre Büros räumen müssen. "Der Vertrag von Herrn Mehdorn wurde verlängert." Friedrich warf der Bahn zudem vor, die Preise seit 2004 um 22,9 Prozent erhöht zu haben. "Mit gestiegenen Lohnkosten haben die Preiserhöhungen nichts zu tun", sagte er. Tatsache sei, dass der Personalaufwand im Fernverkehr 2007 mit 586 Millionen Euro sogar niedriger lag als 2004 mit 599 Millionen Euro. Mit dem Fahrplanwechsel am 14. Dezember werden die Fahrkarten der Bahn um durchschnittlich 3,9 Prozent teurer. |
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