Deutsche Bahn - Die Verspätungsjäger

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eröffnet am: 13.10.05 12:11 von: bammie Anzahl Beiträge: 1
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8970 Postings, 7887 Tage bammieDeutsche Bahn - Die Verspätungsjäger

Die Deutsche Bahn kämpft täglich gegen Verspätungen. In den meisten Fällen mit Erfolg. Die Weichen dafür werden in der Netzleitzentrale im Frankfurter Gallusviertel gestellt.

In dem Gebäude im Frankfurter Gallusviertel könnte genauso gut eine Bank residieren und auch der Arbeitsplatz von Fritz Bochmann sieht aus wie der eines Börsenhändlers. Auf sechs flachen Monitoren laufen Tabellen und blinken bunte Grafiken. Bis auf einen kleinen Schmierzettel hat kein Papier mehr Platz in der Hochtechnologie-Zone. Bochmann handelt aber nicht mit Optionen oder Aktien, sondern überwacht den Bahnverkehr in ganz Süddeutschland, das in seinem Fall schon bis Magdeburg reicht. Er und seine Kollegen leisten offensichtlich gute Arbeit.

Er ist einer von 33 Mitarbeitern der Netzleitzentrale der Deutschen Bahn AG, sozusagen das Herz des deutschen Schienenverkehrs. Die Disponenten überwachen hier rund 800 Fernreisezüge und 700 überregionale Güterzüge auf ihren täglichen Wegen durch das 35.000 Kilometer lange deutsche Schienennetz. Per Mausklick können sie Position und Pünktlichkeit sämtlicher Fernzüge erkennen, die ihre Daten über feste "Zugnummermeldeanlagen" von der Strecke an das Computersystem geben.

Erfahrung gefragt
Für Reisende besonders interessant wären die Verbindungslinien zwischen den einzelnen Zügen an den Bahnhöfen. Sind sie auf Bochmanns Monitor grün, klappt der Anschluss, doch sobald sie gelb werden, sind seine Erfahrung und Entscheidungsfreude gefragt. Was bedeutet es für den Gesamtbetriebsablauf, wenn er den ICE von Nürnberg nach Wien eine Viertelstunde warten lässt? "Man muss aufpassen, dass man nicht viele neue Löcher aufreißt, wenn man ein Loch stopft", steckt sein Chef Ludwig Christiany den allgemeinen Rahmen ab.

"15 Minuten sind für mich schon eine harte Nuss, aber bis Passau kann er schon einiges wieder aufholen", sagt der Bahner Bochmann und tippt seine Entscheidung mit einem kurzen Befehl in den Rechner. Binnen Sekundenbruchteilen erscheint der Wartebefehl auch auf den Bildschirmen der regionalen Betriebszentrale in München, die sie nun umsetzen muss. Sieben dieser Unterzentralen gibt es in Deutschland, und sie leisten den Hauptteil der Arbeit, denn der Fernverkehr ist nur ein kleiner Teil der annähernd 40 000 täglichen Zugfahrten im deutschen Bahnnetz. Das Netzwerk arbeitet effektiv. Im vergangenen Jahr waren nach Bahn-Angaben 93 Prozent aller Züge pünktlich, also höchstens fünf Minuten hinter dem Fahrplan.

Gleiches Recht für alle
Neben der Deutschen Bahn AG tummeln sich dort noch mehr als 300 weitere Eisenbahnbetriebe, deren Züge allesamt von der monopolartigen DB Netz AG technisch begleitet werden. "Wir entscheiden ohne Ansehen des Unternehmens", sagt Christiany zur Frage der angeblichen Bevorzugung von Zügen des Mutterkonzerns. Keiner der Kunden solle sich ungerecht behandelt fühlen, gerichtliche Auseinandersetzungen seien äußerst selten. Gleichwohl birgt die Frage, welcher Zug auf welchen warten muss, am meisten Zündstoff.

Ziel eines neuen, technisch anspruchsvollen Projektes der Bahn ist es daher, die vielfältigen Informationen aus dem komplexen System Bahn schneller und besser an die Kunden zu bringen. Über 150 Millionen Euro steckt die AG in Staatsbesitz in ein "Reisendeninformationssystem" (RIS). Dieses soll per Internet und Handy abrufbar sein und auch den Zugbegleitern und anderem Bahn- Personal vor Ort die Möglichkeit geben, die Reisenden aktuell über Verspätungen und mögliche Anschlüsse zu informieren.
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Christian Ebner/DPA  

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