Dieser Thread soll vorrangig dazu dienen, Privatanlegern wichtige Tipps und Hilfestellungen zu bieten und durch einfache Darstellungen und Erklärungen diesen die Möglichkeit zu geben sein Portfolio zu optimieren und häufige ( zum Teil auch unbewusst begangene ) Fehler zukünftig zu vermeiden. Dieser Thread sollte nicht dazu dienen seine persönlichen Kaufempfehlungen zu publizieren, sondern von wissenschaftlich fundierten Beiträgen sowie per- sönlichen Erfahrungen geprägt sein. Nach und nach werde ich einige Beiträge zu wichtigen Themen niederschreiben, wobei ich über die Unterstützung er- fahrener und interessierter Forenmitglieder hocherfreut wäre.
In meinem ersten Beitrag möchte ich die Möglichkeiten der Diversifikation und die Risiken eines schlecht-diversifizierten Portfolios darstellen.
Welche Bedeutung der Begriff "Diversifikation" erlangt, soll zuerst ein einfaches Beispiel verdeutlichen:
Ein Anleger hält ein Portfolio aus 2 Aktien; Aktie A und Aktie B. Aktie A stieg im letzten Jahr von 40€ auf 60€, was einer Rendite von 50 entspricht. Aktie B konnte einen Anstieg von 15€ auf 30€ verzeichnen, was einem Wachstum von 100% entspricht. Das Risiko der Aktien, gemessen als Volatilität ( also die Streung der stetigen Renditen) soll bei A 20% und bei B 30% betragen. Um das Risiko des Portfolios ermitteln zu können, benötigen wir noch den Korrelationskoeffizienten, welcher die Entwicklung der beiden Aktien im Ver- hältniss zueinander mißt ( -1+1 ). Diese soll hier o,1 betragen, das be- deutet das sich beide Aktien ungefähr gleich Entwickeln, wie z.B. T-online und die Dt. Telekom. Beide Aktien sind im Portfolio gleich Gewichtet, also Xa=0,5 und Xb=0,5.
Folgende Daten stehen dem Anleger nun zur Verfügung:
Xa=0,5 und Xb=0,5
rA= 0,5 und rB= 1
σA= 0,2 und σB= 0,3, die Korrelation zwischen A und B beträgt 0,1
Die Rendite des Portfolios beträgt rp= 0,5x50%+0,5x100%=75% Das Risiko berechnet sich wie folgt;
sp= 0,5²x0,2²+0,5²x0,3+2x(0,5x0,5x0,1x0,2x0,3)= 0,0355, hieraus noch die Wurzel macht rund 19%. Damit ist das Risiko des Portfolios um rund 1% niedriger gegenüber der Einzelanlage. Angenommen, Aktie A und Aktie B korellieren negativ zueinander, wie z.B T-online und Solarworld, der Korellationsfaktor beträgt also -0,5, dann ergibt unter Berücksichtigung der o.g. Daten sich folgende Rechnung: sp= 0,5²x0,2+0,5²x0,3+2x(0,5x0,5x-0,5x0,2x0,3)=0,0175, hieraus noch die Wurzel macht rund 13%. Damit ist das Portfoliorisiko um 7% gegenüber der Einzelanlage gesunken. Was auffällt ist der große Einfluß der Kovarianz auf das Gesamtrisiko. Demnach ist für eine optimale Investmentanlage die Auswahl der Anlagemöglichkeiten unter dem Gesichtspunkt der Kovarianz entscheidend. ( Darin war auch der Boom der Emerging-Markets begründet, welcher neben einer hervorragenden Renditeentwicklung negativ zu den westlichen Börsenindizes korrelierte, d.h. durch die Hinzunahme von Investmentanlagen aus den E-markets konnte das Gesamtrisiko eines Portfolios institutioneller Anleger deutlich gesenkt werden. Jedoch werden vor dem Hintergrund der Kovarianz die E-markets an Bedeutung verlieren, da diese in Zukunft positiv mit den westlichen Märkten korellieren sollten, wie die Entwicklung des Euro-Marktes zeigt).
Nun, wie kann sich ein Privatanleger dise Erkenntnis zu nutze machen?
Nachdem die Rechnung simpel und einfach in der Handhabung erscheint, treten bei der Praktischen Anwendung schnell die ersten Probleme auf: Während sich das Risiko eines 2bzw.3-Stock-Portfolios relativ einfach bestimmen lässt, dürfte diese Rechnung bei einem Porfolio mit mehr als 3 Aktien erhebliche Probleme bereiten.
Welche Möglichkeiten ergeben sich also für einen Privatanleger, der sein Portfolio optimal diversivizieren möchte? Im folgenden möchte ich die verschiedene Methoden der Diversifikation vorstellen, welche jeder Privat- anleger ohne große Müh umsetzen kann.
1. Naive Diversifikation
Hier brauch der Anleger keine Infos bezüglich der Rendite, Risiko oder Größe des Unternehmens. Angenommen, dem Anleger stehen 10´000€ zur Verfügung und Dieser möchte nun ein Portfolio aus 5 ausgewählten Aktien zusammenstellen (Welche Aktien er nun aussucht, hängt von seinem jeweiligen Investment- Opportunity-Set ab). Den anzulegenden Betrag teilt er nun zu gleichen Teilen Von 1/n auf die 5 Assets auf; dass bedeutet also das für jedes Asset 2000€ zur Verfügung stehen.
Diversifizierbare Risiken lassen sich durch Diversifikation reduzieren oder gar gänzlich Ausschalten. Systematisches, nicht diversifizierbares Risiko sind Risiken, welche gegeben sind wie z.B. das Konjunkturrisiko. Folglich kann der Anleger durch die Aufteilung 1/n die Risiken soweit minimieren, dass er mit wachsender Anzahl der Assets schließlich nur noch das Marktrisiko tragen muss ( Marktrisiko= Risiko des Marktportfolios wie zum Beispiel dem Dax, welches als Marktproxy gesehen wird). Je größer die Anzahl der Wertpapiere, desto besser der Diversifikationseffekt. Ein guter Diversifikationseffekt wird ab 10 Wertpapieren erzielt. Dieses Modell besticht durch seine einfache Handhabung und ist besonders für Anleger geeignet, welche ausschließlich national engagiert sind (z.B. Aktien ausschließlich aus dem Primestandard oder Generalstandard))
2. Branchendiversifikation.
Wer sein Portfolio aus 10-15 Aktien verschiedener Regionen, also weltweit bilden möchte, sollte zuerst die verschiedenen Schwerpunkte der Industriestrukturen ausgewählter Länder untersuchen und klarstellen. Gemeint ist, das der Anleger die Schwerpunkte der Länder analysieren muss und sein Portfolio nach eben diesen zusammenstellt. Typischer Schwer- punkt für Indien z.B. könnte die Softwarebranche sein, für die USA die Chipindustrie, für Afrika Goldminen, Deutschland die Automobilbranche oder für Schweiz der Banken- sektor. Nachdem man die Schwerpunkte identifiziert hat stellt sich die praktische Vor gehensweise wie folgt dar: Da die Risiken und Kosten bei inländischen Aktien am niedrigsten sind, sollten in erster Linie Aktien aus den wichtigsten Branchen des jeweiligen Heimatlandes vertreten sein. In unserem Falle wären das für Deutschland z.B. eine BMW ( Automobilbranche) und eine Allianz (Versicherungsbranche). Sie bilden den Grundstein unseres Portfolios. Aus den Nachbarländern wählen wir eine Credit Suisse (Schweiz, Bank), aus Italien eine Telecom Italia ( Italien, Telekommunikation), aus Frankreich eine Air France (Frankreich, Verkehr) und aus England eine Glaxosmithkline (Pharma, Großbritannien). Der Sprung über den Teich ist unser nächster Schritt, die Aktien aus den USA bilden die zweite Schicht unserer Pyramide: Hier wählen wir eine IBM ( USA, Computer), McDonalds (USA, Konsum) und eine General Electric (USA, Energie). Aus dem Asiatischen Raum bietet sich eine Sony (Japan, Unterhaltungselektronik) sowie eine China Petrol. (China, Rohstoffe) und aus Indien eine Tata Consultancy Services (Software). Mit einer Anglo- Gold (Südafrika, Rohstoffe) würde man einen weiteren Titel ins Portfolio aufnehmen. Mit 13 Aktien könnte man so eine gute Diversifikation des Risikos bewirken. Eine interessante Alternative wären sogenannte Branchenfonds, womit man einen noch besseren Diversifikationseffekt erzielen könnte.
3. Marktkapitalisierungsmethode
Die Marktkapitalisierungsmethode bezeichnet eine Diversifikation nach den Kapitalisierungen der ausgewählten Assets. Die Marktkapitalisierungen sind einfach zu ermitteln (durch Multiplikation des aktuellen Aktienkurses mit der Aktienanzahl). Beispiel: Dem Anleger stehen 100´000€ zur Verfügung. Er hat sich die fünf folgenden Aktien aufgrund von Researchberichten ausgesucht:
1. Degussa 2. BBbiotech § 3.§Heidelberger Druck
4. Infineon 5. DAB § Die aktuellen Marktkapitalisierungen betragen für
1.§Degussa = 7.063
2.§BBbiotech = 1.074
3.§Heidelberger Druck = 2,105
4.§Infineon = 5.457
5.§DAB = 436 jeweils in Millionen
Daraus ergeben sich nun folgende Gewichte für das Portfolio:
Summe der Marktwerte; 16.135
1.§Degussa: 7063/ 16135= 0,437
2.§BBbiotech: 0,066
3.§Heidelberger Druck: 0,13
4.§Infineon: 0,34
5.§DAB: 0,027
Damit sieht das Portfolio wie folgt aus:
1.§Degussa: 43700€
2.§Infineon: 34000€
3.§Heidelberger Druck: 13000€
4.§BBbiotech: 6600€
5.§DAB: 2700€
Diese Methode dient vorrangig dazu das Marktportfolio zu ermitteln. Daher müssten theoretisch alle Aktien ( das sind in Deutschland zur Zeit 820 Unternehmen) berück- sichtigt werden. Das heißt jetzt aber für den Anleger nicht alle 820 Aktien zu kaufen. Diese Methode kann auf Branchen oder Assetklassen angewendet werden. Das könnte im folgenden so aussehen: Im Primestandard werden die Unternehmen nach Branchen differenziert. Es existieren insgesamt 18 solcher Branchenindizes:
Prime Automobile Prime Financial Services Prime Retail Prime Banks Prime Food & Beverages Prime Software Prime Basic Resources Prime Industrial Prime Technology Prime Chemicals Prime Insurance Prime Telecommunications Prime Construction Prime Media Prime Transportation Prime Consumer Prime Pharma & Healthcare Prime Utilities
Der Anleger kann somit jede Branche durch eine Aktie in seinem Portfolio vertreten. Ich hoffe der Einstieg in das Thema Diversifikation war relativ verständlich und interessant. Über weitere interessante Beiträge euerseits würde ich mich freuen.
|