dpa-AFX: ROUNDUP: Griechisches Defizit höher als offiziell bekannt
LUXEMBURG/ATHEN (dpa-AFX) - Europas größter Schuldensünder Griechenland
steckt tiefer in der Klemme als bisher offiziell bekannt. Die Neuverschuldung
lag im vergangenen Jahr bei 15,4 Prozent der Wirtschaftsleistung, fast 2 Punkte
höher als die bisher angegebenen 13,6 Prozent, wie die Europäische
Statistikbehörde Eurostat am Montag in Luxemburg mitteilte. Die gesamtstaatliche
Verschuldung kletterte auf 126,8 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, das ist weit
mehr die bisher bekannten 115,1 Prozent. 'Jetzt herrscht bei uns Transparenz',
erklärte Ministerpräsident Giorgos Papandreou im griechischen Fernsehen.
Zugleich attackierte Papandreou unter anderem Deutschland für
dessen Haltung in der Debatte um die EU-Schuldenkrise. Er kritisierte vor allem
Vorschläge, dass sich Banken und Anleger künftig an möglichen Staatspleiten oder
Schuldenerlassen beteiligen sollen. 'Wissen Sie, was die Antwort auf diesen
Vorschlag war? Das hat eine Spirale ausgelöst: Die Risikoaufschläge für
scheinbar in Schwierigkeiten steckende Staaten sind nochmal gestiegen. Zum
Beispiel für Portugal und Irland', sagte Papandreou in einer Rede an die
Sozialistische Internationale in Paris, die das griechische Fernsehen übertrug.
Dies könnte schwachen Staaten das Rückgrad brechen, hieß es.
Die neuen Zahlen von Eurostat kamen nicht überraschend. Seit Wochen
wurde in der griechischen Presse darüber berichtet, auch die die EU-Kommission
hatte höhere Zahlen erwartet.
Eurostat hatte bereits im April Vorbehalte gegenüber den
griechischen Zahlen geäußert. Grund waren Unsicherheiten beim Überschuss der
Sozialversicherung. Jetzt wurden die Eurostat- Vorbehalte aufgehoben: 'Die Daten
Griechenland sind jetzt glaubwürdig, sie entsprechen dem europäischen Standard,
das ist ein Durchbruch', sagte der Sprecher von EU-Währungskommissar Olli Rehn.
Vorangegangen waren mehrere Besuche von Eurostat in Athen. Auch die
Defizit- und Schuldenzahlen der Jahre 2006 bis 2008 wurden nachträglich nach
oben korrigiert. Der Sprecher von Rehn sagte, die Sparziele für das laufende
Jahr blieben weiter gültig. Athen habe sich verpflichtet, das Defizit um 4
Punkte zu drücken.
Griechenland steht seit dem Frühjahr unter harter Dauerkontrolle
der EU-Institutionen und des Internationalen Währungsfonds (IWF). Die Europäer
und der IWF hatten ein Hilfspaket von insgesamt 110 Milliarden Euro geschnürt,
um Athen vor dem Staatsbankrott zu retten. Im Gegenzug sicherte die griechische
Regierung von Ministerpräsident Giorgos Papandreou zu, das Defizit mit
drastischen Sparmaßnahmen bis 2014 unter die Marke von 3 Prozent des BIP zu senken.
Nach neuesten Schätzungen des griechischen Finanzministeriums
müssen in den kommenden Monaten rund 3,5 Milliarden Euro zusätzlich in
Griechenland gespart werden. Der griechische Finanzminister Giorgos
Papakonstantinou traf sich am Montag mit Vertretern der EU, des Internationalen
Währungsfonds (IWF) und der Europäischen Zentralbank (EZB) in Athen. Diese
werden in den kommenden zwei Wochen erneut die Bücher in Athen
prüfen./cb/tt/DP/jsl
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