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| Financial Times DeutschlandDer Rosenzüchter von Nina Luttmer (Düsseldorf) Freitag 6. Juni 2008, 16:47 Uhr
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| Richterin Heike Menche würde den Fall Friedhelm Breuers gegen die WestLB gerne zügig zu den Akten legen. "Herr Breuers selbst hat beim letzten Verhandlungstermin gesagt, dass er nicht sein Leben lang Rosen züchten möchte", sagt sie mit vorwurfsvollem Ton. "Darauf aber läuft es nun hinaus. Der Prozess kann so noch lange dauern." Menches Unverständnis gilt der Tatsache, dass Breuers Anwalt Marc André Gimmy nur zwei Wochen vor dem seit Monaten angesetzten Verhandlungstermin am Freitag noch eine Liste mit Zeugen eingereicht hat, die das Gericht anhören soll. Und zwar "hochkarätige Persönlichkeiten", wie Menche selbst sagt. Oder zumindest welche,
die einmal den Ruf genossen, solche zu sein.
Am 5. September nun sollen der ehemalige WestLB-Chef Thomas Fischer sowie die früheren Vorstände Klaus-Michael Geiger, Norbert Emmerich und Robert Stein vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf aussagen. Außerdem sollen auch Markus Bolder, ehemaliger WestLB-Executive Director im Aktienhandel, sowie Frank Seyfert, Leiter des Market Risk Management, angehört werden.
Es geht um die Frage, ob der Vorstand der Bank dem einstigen WestLB-Geschäftsbereichsleiter Global Markets, Friedhelm Breuers, in einer Vorstandssitzung am 16. Januar 2007 Begrenzungen für seine Engagements in VW-Aktien- und Optionen auferlegt hat. Breuers behauptet: Nein! Die WestLB aber das Gegenteil. Daher muss auch der Protokollant der fraglichen Sitzung dem Gericht im Frühherbst seine Erinnerungen darlegen.
Die WestLB hatte Breuers und auch Bolder im April 2007 gefeuert, weil sie Risikolimits überschritten haben sollen. Zudem sollen sie Aktienkurse manipuliert haben - deswegen ermittelt auch die Staatsanwaltschaft noch gegen die beiden. Durch die gigantische Wette auf die Kursdifferenz von Vorzugs- und Stammaktien von Volkswagen (Xetra: 766400 - Nachrichten) , Metro (Xetra: 725750 - Nachrichten) und BMW (Xetra: 519000 - Nachrichten) verlor die WestLB im vergangenen Jahr mehr als 600 Mio. Euro. Vor Gericht allerdings geht es nur um die Engagements in VW, da allein diese als Grund für die Kündigung angegeben wurden. Breuers klagt darauf, dass seine Entlassung unrechtmäßig sei.
Vor Gericht macht Breuers einen sehr entspannten Eindruck, plaudert freundlich mit den Journalisten und versucht der jungen Richterin sachlich, die komplexe Materie näher zu bringen. Die allerdings kämpft gehörig mit der in den Beweisunterlagen üppig vorhandenen Sprache der Händler: Short-Positionen, Leerverkäufe und immer wieder Delta - eine Bemessungsgröße für das Risiko der Engagements. "Das Gamma verändert das Delta bei der Bewegung einer Aktie", erklärt Breuers etwa oder "Es sind viele Delten entstanden". Damit lässt er nicht nur das Publikum, sondern auch die Richterin eher ratlos zurück.
Eine klarere Sprache dagegen fand Breuers in einem von der Richterin vorgetragenen Telefonat mit seinem Mitarbeiter Bolder vom 22. März 2007. Bolder sagte seinem Chef damals: "Wir sind bei der Delta-Obergrenze 19,8 Mio." Breuers Antwort darauf: "Scheiße."
Die WestLB behauptet, der Vorstand habe Breuers eine Delta-Obergrenze von 19,5 Mio. Euro gesetzt - Breuers dagegen sagt, es habe nie ein Limit des Vorstands gegeben, nur ein internes, von ihm selbst gesetztes, welches bei 20 Mio. Euro gelegen habe. Der Vorstand habe am 16. Januar lediglich angeordnet, dass die VW-Positionen nicht weiter ausgebaut werden sollten. Außerdem habe der Vorstand vorgeschlagen, auch noch Positionen in RWE (Xetra: 703712 - Nachrichten) und MAN aufzubauen - was Breuers jedoch nach einer Prüfung als nicht sinnvoll erachtet habe.
Wer Recht hat, soll sich nun in der Sitzung im September entscheiden. Breuers Anwalt Gimmy sagt, es gebe Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass die Vorstände nach dem Rausschmiss von Breuers gesagt haben, sie hätten nie etwas von Risikolimits gehört. So soll etwa Rob Stein, einst zuständig für den Handel, gesagt haben: "I have never heard about this."
Nicht unwahrscheinlich ist allerdings, dass die Vorstände angesichts der Tatsache, dass gegen sie selbst staatsanwaltschaftliche Ermittlungen wegen des Eigenhandelsskandals laufen, die Aussage verweigern werden. Erscheinen müssen sie an diesem Tag dennoch in der Ludwig-Erhard-Allee 21 in Düsseldorf.
Bis dahin muss Breuers also mindestens noch weiter seine Rosen züchten. Obwohl er auf Nachfrage einräumte, dass er dies gar nicht tue. Er sei inzwischen wieder freiberuflich beratend tätig, sagt er. Von daher scheint ihm die durch seine Zeugenwünsche selbst hervorgerufene Verzögerung für seine Urteilsverkündung nicht im geringsten zu stören.
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"Malo mori quam foederari - Lieber sterben als sich entehren"