von Stock-World Die Angriffe auf den Irak haben begonnen. Wie verhalten sich Investmentprofis in dieser Situation? Stock-World hat bei Fondsgesellschaften nachgefragt, welche Rolle der Krieg bei ihrer Investmentstrategie spielt.
Gary Dugan, Marktstratege Europa bei JPMorgan Fleming, befürchtet, dass der Schaden bereits angerichtet ist: "Es ist genau das passiert, was an den Märkten am meisten gefürchtet wurde - ein langgezogener Krieg. Die wirklichen Kampfhandlungen haben zwar noch gar nicht begonnen, das Hin und Her im UNO-Sicherheitsrat und die große Unsicherheit über die Zukunft hatten aber die gleiche Wirkung."
Dugan glaubt, die schlechten wirtschaftlichen Daten hängen mit der Irak-Krise zusammen, sieht aber kein automatisches Ende der Misere mit dem Abschluss des Krieges. Die Mehrheit der Beobachter glaube an einen Rebound von Wirtschaft und Börse. Eine anhaltende Erholung sei aber umstritten. "Es besteht die Gefahr, dass die Weltwirtschaft bereits so sehr geschädigt wurde, dass eine Rückkehr zur Normalität schwerfallen wird", merkt der Marktstratege an.
Zweifel auch bei Threadneedle
Generelle Zweifel an der Wirtschaft plagen auch Cormac Weldon, Chef für den Bereich US-Aktien bei Threadneedle Investments: "Es ist schwierig, zuverlässige Prognosen zu den Auswirkungen eines Krieges auf Wirtschaft oder Märkte zu geben. Threadneedle richtet sich in den Portfolios deshalb weniger nach möglichen Folgen des drohenden Krieges. Der bestimmende Faktor ist vielmehr unsere vorsichtige Einschätzung der amerikanischen Wirtschaft", sagt Weldon.
Der US-Stratege glaubt, dass die amerikanische Wirtschaft langsamer wächst, als der Konsensus der Schätzungen es nahe legt. Unternehmen würden weiterhin wenig investieren und die jüngsten Einzelhandelsumsätze signalisierten eine Verlangsamung bei den Konsumentenausgaben.
Eine Wette auf den Kriegsverlauf werde Threadneedle nicht eingehen, das Hauptaugenmerk gelte dem Ölpreis. Sollte dieser fallen, wäre das gut für die Aussichten von Aktien. Die Fondsmanager der Gesellschaft würden die Entwicklung genau beobachten und kurzfristig handeln, wenn es wichtige Informationen gebe.
Bei Wolfgang Mayr, Fondsberater des international anlegenden WM Aktien Global UI- Fonds, spielt das Thema Irak keine besondere Rolle. Gegenwärtig wie auch sonst arbeitet Mayr mit einem dreistufigen Auswahlprozess, der mit einem quantitativen Screening technischer Indikatoren beginnt. Dem schließt sich eine Analyse von Fundamentaldaten an und ein genaues Studium der Unternehmen, die für das Portfolio in Frage kommen. Der Anlageexperte glaubt mit diesem System für jedes Umfeld gewappnet zu sein und hält es auch für falsch, wegen kurzfristiger Einflussfaktoren einen Anlage-Stil über Bord zu werfen.
Optimismus bei Mayr und Walter
Mayr ist eher dem Lager der Optimisten zuzurechnen: "Wir sind sicherlich in der besten Phase der letzten drei bis vier Jahre, um Aktien zu kaufen." Ob der Boden schon erreicht sei, ließe sich mit Sicherheit aber nicht bestimmen. Tendenziell befinden sich in Mayrs Fonds recht viele Titel aus dem TMT-Sektor. "Mobilfunkgesellschaften und auch Internettitel sind interessant, zum Beispiel Ebay und Yahoo."
Auf der Käuferseite findet man auch Winfried Walter aus dem Management-Team des international anlegenden Aktienfonds Albrech&Cie. Optiselect. "Der DAX ist 3000 bis 3600 Punkte wert. Wenn der Irak-Konflikt beendet ist, sollte zumindert die Marke von 3000 zügig erreicht werden", sagt Walter. Der Fondsmanager kommt auf die Unterbewertung, indem er Aktien- und Anleihenrenditen vergleicht. "10jährige Anleihen bringen keine vier Prozent, die Aktienrendite liegt im Dax bei 7,7 Prozent. Wenn man davon 2,5 Prozentpunkte wegen des unternehmerischen Risikos bei den Gewinnen abzieht, bleiben immer noch 1,0 bis 1,5 Prozent Differenz." Winfried Walter glaubt, dass dieser Bewertungsabschlag abgebaut wird, wenn der Konflikt im Nahen Osten gelöst ist.
Walters Irak-Strategie
Walter ist übrigens der einzige der von Stock-World befragten Experten, der im Fondsmanagement konkret auf den Verlauf der Krise reagieren will. "Die Börsen-Baisse hat natürlich nicht erst mit dem Irak-Konflikt und auch nicht mit dem 11. September begonnen. Aber wegen des Konflikts haben die Marktteilnehmer bei den Kursen nach unten weit überzogen. Wir werden deshalb unsere Liquidität Zug um Zug abbauen, wenn das Ende der Auseinandersetzung in Sichtweite rückt." Walter rät vor allem Anlegern, die jetzt noch gar nicht investiert sind, Positionen aufzubauen. "In 2003 müssen sie kaufen. Es ist nicht sicher, ob die Baisse noch in diesem Jahr zu Ende geht, aber spätestens Weihnachten 2004 sollte der Mut belohnt werden."
Fazit: Die Positionen der Fondsmanager gehen weit auseinander. Es ist alles von beträchtlichem Pessimismus bis großer Zuversicht vorhanden. Auffällig ist, dass viele Investmentprofis ihren Stil unbeirrt fortführen und den bevorstehenden Krieg in ihren Planungen nur am Rande berücksichtigen. Sollte dieser Eindruck stimmen, könnten Kursausschläge bei Kriegsbeginn (egal in welche Richtung) und eine Kurserholung nach Beendigung der Auseinandersetzung begrenzt bleiben. Dann würden die Daten aus Wirtschaft und Unternehmen schnell wieder den Ton angeben.
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