hier ein Grund für den Anstieg: Hintergrundbericht über die künftige Strategie Stadas.
Generikaanbieter: Stada bereitet Angriff auf Merck vor;27.03.2009
Der Medikamentenkopierer Stada strebt den Einstieg in eine neue Klasse lukrativer Biotech-Arzneien an. Was Vorstandschef Retzlaff im Gespräch mit der FTD ankündigt, dürfte dem Widersacher Merck gar nicht gefallen.
Stada habe mit "vorbereitenden Arbeiten" begonnen, um in einigen Jahren so genannte monoklonale Antikörper zu entwickeln.
Das sagte Vorstandschef Hartmut Retzlaff. Als Beispiele dafür nannte er die bekannten Krebsmittel Erbitux von Merck Darmstadt sowie Herceptin und Mabthera von Roche. Stada stellt damit als erster Generika-Hersteller öffentlich in Aussicht, gegen Erbitux anzutreten - einen der wichtigsten Umsatzträger von Merck Darmstadt. Merck will mit Erbitux spätestens 2011 einen Milliardenumsatz erzielen, bis einschließlich 2014 läuft das Patent.
Mabthera und Herceptin sind mit je 5 Mrd. bis 6 Mrd. Schweizer Franken Umsatz zwei der drei wichtigsten Pharmaprodukte von Roche. Die Patente laufen laut Konzern Mitte des kommenden Jahrzehnts aus.
Wenn bei klassischen, also chemisch synthetisierten Arzneien das Patent ausläuft, verlieren Originalpräparate häufig schlagartig zwei Drittel ihres Umsatzes. Hier müssen Generika-Hersteller nur nachweisen, dass sie die relevanten Moleküle baugleich kopiert haben.
Biotechnisch hergestellte Arzneien sind von den Umsatzeinbrüchen bisher verschont. Ihre Basis sind komplexe Herstellungsverfahren aus lebenden Organismen. Die aber produzieren nicht so berechenbar wie eine Chemiefabrik.
Nach dem Patentauslauf stellen Generikaanbieter daher in diesen Fällen nicht genaue Kopien her, sondern ähnliche Nachfolgepräparate - was sich im Namen "Biosimiliars" spiegelt. Sie müssen bei den Aufsichtsbehörden aufwändig nachweisen, dass Wirkungen und Nebenwirkungen ähnlich sind.
So ist noch nicht einmal Mercks Erbitux identisch mit dem Erbitux des US-Kooperationspartners Imclone, weil Merck sein Produkt von Boehringer Ingelheim herstellen lässt. Imclone kam mit seinen US-Zulassungsanträgen für verschiedene Indikationen dreimal zunächst nicht durch, weil es jedes mal versäumt hatte, der Aufsichtsbehörde FDA den Ähnlichkeitsnachweis zu erbringen.
Stada kalkuliert für den Marktstart eines klassischen Generikums Kosten von "ein paar hunderttausend Euro bis zu einem niedrigen Millionenbetrag" - für jenen eines Biosimilar aber um die 100 Mio. Euro. Daher sucht der Konzern für sein neues Projekt Investoren.
Die könnten sich etwa an einer neu zu gründenden Gesellschaft beteiligen - ähnlich wie der Bioceuticals AG, über die Stada bisherige Biosimilars-Projekte betreibt. An ihr hält Stada 16 Prozent, hat aber eine Kaufoption auf den Rest, der bei Risikokapitalgebern liegt.
Stadas Erfahrungen mit Biossimilars sind gemischt: Der Versuch, die Multiple-Sklerose-Arznei Interferon nachzuahmen, wurde wegen zu hoher Aufwendungen abgeblasen. Eine Version des Hormons Epo hingegen ist seit Ende 2007 zugelassen und erzielte 2008 erste geringe Umsätze.
Von Klaus Max Smolka (Frankfurt) |