»Den Linken Paroli bieten« CSU-Generalsekretär Goppel zu möglichen Protesten auf dem Parteitag Der italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi wird als Gastredner auf dem CSU-Parteitag (12./13. Oktober) in Nürnberg auftreten. Das treibt deutsche Globalisierungskritiker auf die Barrikaden, Bayerns Innenminister Beckstein rechnet mit einer »Rache für Genua«. »Da muss man schlicht und einfach dagegen stehen«, fordert CSU-Generalsekretär Thomas Goppel im Interview mit heute.online. heute.online: Warum hat die CSU ausgerechnet Silvio Berlusconi als Gastredner eingeladen? Wie kann der italienische Ministerpräsident den Parteitag bereichern?
Thomas Goppel: Wenn Sie die europäische Liste der Regierungschefs anschauen, dann gibt es in dieser Reihe wenige, die aufgrund ihrer parteipolitischen Einordnung einer Einladung von uns folgen würden. Da gibt es den spanischen Ministerpräsidenten Aznar, den italienischen Ministerpräsidenten Berlusconi und da gibt es den österreichischen Bundeskanzler Schüssel.
Herr Schüssel war auf unserem letzten Parteitag und Herr Aznar war bei der Seidel Stiftung vor zwei Jahren zu Gast. Herr Berlusconi ist relativ neu im Amt und angesprochen von unserem Ministerpräsidenten vor einem halben Jahr hat er gesagt, dass er gern komme.
heute.online: Das hört sich an, als gebe es nur wenige europäische Politiker, die einer Einladung der CSU folgen würden?
Thomas Goppel: Nein, das hat was mit den Parteien der Präsidenten zu tun. Gucken Sie doch mal in die anderen Länder, da sitzen lauter Sozis herum. Sozi-Präsidenten kann ich zwar einladen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass sich darüber jemand lustig macht, ist sehr groß. "Sozi-Präsidenten kann ich zwar einladen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass sich darüber jemand lustig macht, ist sehr groß."
Im Übrigen hat der Herr Bundeskanzler denselben Ministerpräsidenten vor zwei Wochen empfangen - ohne jede Reaktion in der Öffentlichkeit. Das ist schon eigenartig, wie unterschiedlich jemand behandelt wird. Es wird nicht gegen den Besuch von Silvio Berlusconi demonstriert, weil er als Person in diesem Lande unterwegs ist, sondern weil er eine Partei besucht. Also ist der Angriff der Linken eher gegen die CSU gerichtet, und da muss man dann schlicht und einfach auch Paroli bieten und dagegen stehen.
heute.online: Globalisierungskritiker machen den italienischen Ministerpräsidenten für das harte Vorgehen der Polizei gegen die Demonstranten des G8-Gipfels in Genua mitverantwortlich. Der bayerische Innenminister Beckstein rechnet mit einer »Rache für Genua«. Wird die Stimmung mit solchen Äußerungen nicht unnötig angeheizt?
Thomas Goppel: Die autonomen Gruppen haben angekündigt, dass Sie in dem Besuch von Ministerpräsident Berlusconi auf deutschem Boden die Chance sehen, nun ihrerseits aktiv zu werden. Das ist etwas, was die Autonomen erklärt haben, nicht Herr Staatsminister Beckstein.
heute.online: Nach eigenen Angaben ist das Bündnis »Stoppt Berlusconi« ein Zusammenschluss von Menschenrechtsgruppen, Antifaschisten, Autonomen, Jusos und Grünen - also kein autonomes Schlägerbündnis.
Thomas Goppel: Das ist das Problem jeder Demonstration: Wenn der gut denkende Mensch anderen Unterschlupf gewährt, ist er mitverantwortlich, darum kann er sich nicht drücken. "Wenn der gut denkende Mensch anderen Unterschlupf gewährt, ist er mitverantwortlich, darum kann er sich nicht drücken."
heute.online: Nun wird Herr Berlusconi bei der CSU zu Gast sein. Wäre es demnach nicht gerechtfertigt, ihre Partei mit Herrn Berlusconi in einen Sack zu stecken?
Thomas Goppel: Die Tatsache, dass man mit jemandem redet, ist doch kein Hinweis darauf, dass man in jeder seiner Positionen mit ihm übereinstimmt. Das gilt umfassend, sonst müssten Sie Herrn Schröder in den Sack zu Herrn Gysi stecken, da wird er sich bedanken.
heute.online: Auch ihr Ministerpräsident Edmund Stoiber zeigte nach den Demonstrationen in Genua Verständnis für friedliche Globalisierungskritiker. Gilt das noch?
Thomas Goppel: Bei kritischen Anmerkungen zu politischen Vorgängen hat die CSU noch nie jemand anderen wegen seiner Meinung verurteilt. Hier geht es um das Vorgehen und um die Umgangsformen, die Einzelne praktizieren, um in die Schlagzeilen zu kommen.
heute.online: Aber ein Dialog mit den Demonstranten wird während des Parteitages kaum mehr möglich sein. Herr Beckstein sieht auf die bayerische Polizei den schwierigsten Einsatz dieses Jahres zukommen.
Thomas Goppel: Wer von Anfang an den Dialog verhindert, indem er Gewalttätigkeiten ankündigt, ist selber schuld, wenn es keinen gibt.
heute.online: Bei seinem letzten Besuch vor zwei Wochen in Berlin zeigte sich der italienische Ministerpräsident davon überzeugt, dass die westliche Kultur dem Islam überlegen ist. Hat die CSU mit derartigen Äußerungen kein Problem - gerade jetzt, wo auch alle Parteien dazu aufrufen, nicht den Islam in seiner Gesamtheit für die Terroranschläge in den USA verantwortlich zu machen?
Thomas Goppel: Jeder muss seine Äußerungen selbst verantworten, ich bin nicht für die anderer zuständig. Herr Berlusconi ist ein demokratisch gewählter Ministerpräsident, und er hat im politischen Umfeld eine Menge von Positionen, die wir teilen. "Herr Berlusconi ist ein demokratisch gewählter Ministerpräsident, und er hat im politischen Umfeld eine Menge von Positionen, die wir teilen. "
Deswegen muss man nicht in allem deckungsgleich sein.
heute.online: Aber einen Beitrag zum Dialog zwischen Christen und Muslimen hat Herr Berlusconi sicherlich nicht geleistet.
Thomas Goppel: Wenn ich mitkriege, wie sehr abgewiegelt worden ist, was Herr Wickert gesagt hat gegenüber dem, was Herr Berlusconi gesagt hat, dann sehe ich, dass mit zweierlei Maß gemessen wird. Und wer mit zweierlei Maß misst, hat bei mir keine Chance.
heute.online: Wird es unter den befürchteten Umständen überhaupt möglich sein, einen normalen Parteitag abzuhalten?
Thomas Goppel: Das wird ein schwieriger Parteitag, das ist mir vollkommen bewusst. Die angeblichen Demokraten der Linken werden ausreizen, was die Demokratie alles her gibt. "Die angeblichen Demokraten der Linken werden ausreizen, was die Demokratie alles her gibt."
Die bestimmen das Maß an Gewalt, nicht wir.
http://www.heute.t-online.de/ZDFheute/artikel/...1,POL-0-7305,FF.html
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