Es gäbe wirklich viele Dinge, die man als unbewußtes geistiges und kulturelles Erbe unserer abendländischen europäischen Hochkultur aufzählen könnte, die auch heute noch in unserer Kultur fortwirken und zwar unabhängig von einem dafür etwa vorhandenen oder nicht vorhandenen Bewußtsein.
Der Kommunismus gehört allerdings mit Sicherheit gerade nicht dazu, dies ist nicht minder erstaunlich, als etwa den Faschismus dazu zählen zu wollen. Wobei die Berechtigung lediglich darin Bestünde, dies im Sinne eines Mahnmals miteinzuschließen, dem man sich eingedenk bleibt, da es niemals wieder passieren darf. Historisch betrachtet wäre es dann sogar richtiger, eher den Faschismus, der an vielen Stellen Europas schon einmal sein Unwesen getrieben hat, als gerade den Kommunismus miteinzubeziehen. Man wird ja Russland wohl kaum als schlechthin stellvertretend für Europa betrachten wollen. Wie kann man die größten ideologischen Verirrungen und Perversionen des letzten Jahrhunderts tatsächlich im positiven Sinne als unser kulturelles Erbe betrachten wollen?
Sowohl der Faschismus, als auch der Kommunismus stellen gerade soetwas wie eine Zäsur in der europäischen Kultur dar, eine einzige Verkettung von fürchterlichen Irrtümern und Kurzschlüssen, die sich natürlich geschichtlich aus einer ganzen Reihe von Dingen erklären lassen, nichts desto trotz jedoch gerade als episodenhafter Bruch mit unserem kulturellen europäischen Erbe verstanden werden müssen.
Die einzige Kontinuität, die sich daraus für unsere europäische Kultur ableiten lässt , ist doch jene, dass man sich ganz überwiegend für immer von diesen Irrtümern verabschiedet hat.
Auch das Orthodoxe ist im übrigen etwas, das man vor allem Russland und dem Raum Kleinasiens zuordnen kann. Auch im Osten Europas gehört das natürlich in einem gewissen Rahmen ebenfalls mit zur Geschichte und damit auch der Kultur dieser Länder. Auch dies ist jedoch keine gesamteuropäische Kultur. Das wäre historisch einfach nicht richtig.
Das Melancholische ist hingegen eine Gemütsverfassung und zugleich auch eine der vier grundlegenden Temperamente, die anderen wären das sanguinische, das cholerische und das pflegmatische. Dies ist ja aber kein explizit europäischer Teil unserer Kultur, sondern ein allgemeinmenschlicher, zu der die anderen oben genanten Empfindungen oder Temperamente dann allerdings auch im gleichen Maße dazugehören.
All dies sind dabei doch Betrachtungen, die sich einem an sich unmittelbar aufdrängen müssen, wenn man über unser europäisches abendländisches kollektives unbewußtes kulturelles Erbe nachdenken möchte.
"Der angelegten Dialektik, die materielle Realität unter einen fundamentalen Vorbehalt zu stellen, der nur durch Erlösung aufgehoben werden kann, können sie letztlich nicht entkommen. Die amerikanischen Freunde haben es da etwas leichter, aber sie verpassen auch etwas... "
Die materielle Realität unter einen fundamentalen Vorbehalt zu stellen, ist letztlich die Philosophie eines pessimistischen dauerhaften und fundamentalen Skeptizismus, der doch beinahe notwendiger Weise zu einer Art paranoiden Unzufriedenheit führen muss. An Skeptizismus ist sicher an sich nichts verkehrt. Wenn man ihn allerdings zu einer Totalität erhebt, dann hat man ein Denkgebäude vor sich, dass sich nach innen labyrinthartig in einer Endlosspirale immer weiter verzweigt, ohne dass es irgendwo einen Ausgang gäbe. Der Vorbehalt ist so absolut, dass am Ende nichts mehr Bestand hätte, was dann als Erkenntnis an sich gleichermaßen wahr und falsch wäre.
Es ist nur die eine Hälfte, es ist das zersetzende auseinanderteilende diaboliosche Prinzip. Diabolisch im ureigentlichen Sinne, also im Gegensatz zum Symbolischen, dem zusammenführenden und verbindenden Prinzip. http://www.unisg.ch/~/media/internet/content/...0diabolisches2006.pdf
Es entfaltet dabei im Grunde erst dort seinen eigentlichen Wert und erfährt seine Erlösung, wo das andere Prinzip, dass die Teile wieder verbindet, hinzustößt.
Man nehme zum Beispiel einen Biologen, der die Zellbestandteile unter dem Mikroskop in seine einzelne Bestandteile zerlegt, untersucht und analysiert. Der eigentliche Wert dieser Arbeit entsteht erst dort, wo sich diese Dinge dann zu einer Erkenntnis verbinden und etwa in der Entwicklung von neuen Heilmethoden, einem Medikament oder was auch immer kulminieren. Auch dies fiele dabei unter das verbindende Prinzip. Eine Endlosschleife entwickelte sich dann, wenn nun im Anschlus jenes Medikament wieder in seine Bestandteile zerlegt und analysiert würde. Aus den Erkenntnissen würde dann im Ideal wieder etwas anderes entstehen. etc. Eine Endlosschleife, die solange insgesamt betrachtet konstruktiv wäre, wie es gelänge daraus wieder etwas Sinnvolles zu verbinden. Wo der letzte Teil fehlt, bliebe die Erlösung in dieser Form jedoch verwährt und es führte in einem metaphysischen Sinne in ein großes Nichts.
Daher ist es auch problematisch, nur kritisieren zu wollen, ohne dabei auf irgendetwas hinaus zu wollen, irgendetwas daraus ableiten zu wollen. Mit dieser Haltung lässt sich dabei im Grunde alles auseinander nehmen bis nichts mehr übrig bleibt. Sofern aber eben nichts Positives daraus folgt, verkäme Dekonstruktion zur blossen Destruktion. Etwas, dass sich an Hand der kritischen Theorie im übrigen recht anschaulich verfolgen lässt.
Es gäbe hier zudem dann auch noch eine andere Kehrseite der Medailie. Das Postulat eines solchen nahezu totalitären Skeptizismus kann auch durchaus als eine Art brainwashing technique missbraucht werden. Gerade dadurch, dass der Forderung nach Kritik an den herrschen Umständen kein Anderes gegenübergestellt wird, das etwa daraus folgte, bleibt das dem logisch gegenüberstehende Andere nämlich außer Sichtweite und damit auch aus der Kritik. Würde man es äußern, stünde ja auch dies diesem Skeptizismus zur Dekonstruktion zur Verfügung. So führt die Kritik lediglich in einer Art Automatismus mit ihrer zunehmenden Akzeptanz tendenziell zu jenem Anderen hin, das selbst jedoch gar nicht explizit in Erscheinung tritt. Es wird indessen auch nur die materielle Realität unter einen fundamentalen Vorbehalt gestellt, nicht jedoch seine bis dahin nicht realitätgewordenen Möglichkeiten.
Das soll übrigens keine Kritik sein, die ich damit etwa ausdrücklich an Dich richten wollte, sondern lediglich eine kontroverse Betrachtung jener Dialektik, die materielle Realität unter einen fundamentalen Vorbehalt stellen zu wollen. (Bei der MMT kommt diese Methode allerdings deutlich sichtbar zum Tragen)
Am Ende steht es dann übrigens auch noch in einem unauflösbaren Gegensatz zum Phänomen des Vertrauens, das doch eine essentielle Vorraussetzung in unseren zwischenmenschlichen Beziehungen aber auch im Wirtschaftsleben und anderen Lebensbereichen darstellt.
Es gibt einige institutionsökonomische Untersuchungen, die z.B. zu dem Ergebnis kommen, dass ein allgemeines Klima des gegenseitigen Vertrauens Wirtschaftswachstum deutlich begünstigt und es andersherum betrachtet deutlich beschädigt, wenn es im allgemeinen Geschäftsverkehr fehlt. Ob es dabei im Einzelfall berechtigt ist oder nicht, spielt dabei gar keine Rolle, wichtig ist alleine, dass es im allgemeinen vorhanden ist.
Ein allgemeiner Skeptizismus sollte nicht soweit gehen, dass kein Raum mehr für Vertrauen als sein logisches Gegenstück bestünde. Zudem sollte Skepitizismus auch am Ende immer zu irgendetwas Positivem führen, anstatt sich mit einer bloßen Verneinung zu begnügen und sich zudem immer noch für die Erkenntnis offen halten, dass das Unperfekte, der Makel, nicht nur einer der unauslöschbaren Pole des Lebens ist, sondern sogar nicht selten gerade darin seine Schönheit liegt.
So wie zum Beispiel die Schönheit und die Einzigartigkeit des Augenblicks (überhaupt des Lebens an sich) gerade in seiner schmerzlichen Vergänglichkeit begründet ist.
Ein absoluter und kompromissloser Skeptizismus, der sich selbst genügt, ist doch wie ein Haus ohne Tür. Man kommt von dort aus nirgendwohin.
Dort wo das zersetzende Prinzip nicht wieder mit dem verbindenden zusammenfindet, kann es aber auch noch eine andere Form von Erlösung geben. Nämlich im Sinne, des sich Lösens von etwas, sprich im Loslassen. (Dies wäre dann ein zentraler Gedanke, der der fernöstlichen Philosophie, des Buddhismus und des Taoismus entsprigt, aber dann auch genauso in unserer europäischen Kultur zu finden ist, z.B. bei Seneca und allgemein bei den Stoikern aus der Antike. Vom Buddhismus könnte man nun wiederum einen interessanten Bogen zu Allan Ginsberg und den Beatniks schlagen, aber ich möchte es nicht übertreiben ;)
Das war dann aus gegebenen Anlass am Freitag mein Wort zum Sonntag.
p.s.: Gesualdo ist übrigens wirklich bewegend und großartig. |