vor allem auch in ihrer Zusammenstellung.
"Fatal bells of another land", trifft es ganz gut, vor allem bei JD, die mir früher immer ein bisschen durch den Radar geschlüpft sind. Unglaubliche Band mit einer traurigen Geschichte - Nicht nur Ian Curtis Stimme ist großartig. Die nihilistische Seite des Rock'n'Roll wurde vielleicht nirgends schöner vertont. Diese Seite habe ich nun allerdings immer invers gelesen, wie Du es so häufig machst ;) "No Future" als aufrichtige Haltung gab es natürlich, dabei hat diese Musik, für mich zumindest, zugleich auch immer Iggys "Lust for Life", eine ungezügelte Vitalität (die mit ihren Exzessen allerdings schnell ins Gegenteil kippt) und einen verwegenen (aber im Ergebnis leider häufig etwas dysfunktionalen) Sturm und Drang jenseits bürgerlicher Vorstellungen transportiert. Bei JD fällt diese Leseart allerdings etwas schwer.
Birds of Passage scheinen auch aus dem Nirgendwo zu funken. Die Töne wiegen in ihrer Melancholie schwer wie Blei - insofern wirken die weiten und beinahe meditativen Räume auch keineswegs öffnend, sondern gerade aufgrund der Weite, die die Melancholie damit einnimmt, umso bedrückender. Dicht, schwarz und alles umspannend. Ihre schöne und wirklich anrührende Stimme lässt einen dabei, obwohl an sich wärmend, eisig frösteln. Great piece of art.
Der Sprung zur polyphonen geistlichen Musik der Renaissance ist ein interessanter. Zum einen stellst du dem Nihilismus damit die Religiosität gegenüber, am Ende steht dabei das "Credo", zum anderen reiht sich zumindest Gesualdo sogar in die Düsterkeit Deiner anderen Stücke ein. Ganz interessanter Artikel über ihn: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/...en-die-tenoere-12129136.html
Insgesamt, eine recht verstörende Zusammenstellung. Die Melancholie, die dort Ausdruck findet, geht doch weit über das übliche Jammern und die überall anzutreffende Darkness-Besingerei hinaus. Nun verstehe ich auch Deinen Beitrag am Anfang des threads, dass Dich die depressive Hochkultur in der Musik anfrisst. Bei solchen Kalibern ist das klar. Das sind schon Extreme. Großartig und schön auf ihre Art, und wenn man sie als Kunstform begreift, liegt der Clue gerade in ihrer verstörenden Wirkung, die beim Hörer bestimmte Prozesse in den Gang setzen.
Beim Industrial sehe ich es übrigens nicht unähnlich. Das Anliegen, gesellschaftlich eher verdrängte Themen, wie Krankheit und Tod aber auch menschliche Abgründe und schlimme Verbrechen ins Bewußtsein zu holen, und sich dabei an den Rändern des Erträglichen zu bewegen, wobei Identifizierung und Abgrenzung zu diesen Inhalten bei manchen Gruppen kaum noch zu unterscheiden ist, um damit aufwühlende Prozesse beim Hörer auszulösen, in denen eine Auseinandersetzung stattfindet, finde ich als künstlerischen Ansatz interessant und auch u.U wertvoll.
Andererseits sehe ich dort aber auch eine morbide Verhaftung auf diesen Dingen. Werden im mainstream negativbelastete schwere existenzielle Themen verdrängt, so finden in dieser Subkultur positive, leichte und lebensbejahende Dinge in der Darstellung wenig Raum. Aus einer persönlichen Erfahrung von schrecklichen Dingen, nicht unverständlich, es heißt m.E. aber auch in der Verarbeitung nicht weiter zu kommen, und im Leiden zu verharren. Ein Symptom der eigenen oder auch einer gewissen kollektiven anhaltenden Traumatisierung, wenn man so will. Den radikalen missionarischen Anspruch finde ich dabei bereits in der Konzeption ein wenig vermessen, wobei ich ihn manchmal auch für einen bloßen Vorwand halte. Teilweise ist es dann vielleicht auch einfach die Lust am Extremen, zu schockieren um zu schockieren und Grenzen auszuloten.
Interessant ist es als das was es ist in vielerlei Hinsicht, teilweise auch großartig, aber vom Anspruch her nichts, wonach ich unbedingt so sehr in Kultur und Musik suche.
Das man sich davon zeitweise ernähren kann finde ich aber beachtlich, es gäbe bekömmlichere Kost ;) |