Ich war vor einigen Jahren als Senior Operations Manager angestellt und habe neben der Leitunger meiner beiden Teams mich um die Optimierung der Logistik gekümmert. Damals gab es Nakiki noch, man hat mit einem Logistikunternehmen im Süden von Berlin zusammengearbeitet und hatte noch kein Lager in China. Neben dem Tagesgeschäft habe ich mich z.B. um die Verlagerung von Cut-Offs auf Postleitzahlengebietsebene gekümmert, Optimierung der Verpackung, Optimierung von Ladehilfsmitteln, physische Artikelumlagerungen, um Laufwege im Lager zu verkürzen oder die Artikelverfügbarkeit zu erhöhen.
Die Kollegen waren offen, herzlich und hilfsbereit. Man konnte seine Probleme und Herausforderungen besprechen und man fand sehr oft eine gangbare Lösung, weil man alle am selben Strang zog.
Geändert hat sich das radikal, als Mitte 2016 ein neuer COO kam, der das Micromanagement perfektioniert hatte, alles wissen wollte und der nie zufrieden war. Ohne Vetragsgrundlage forderte er massive Preissenkungen vom Dienstleister, mehr Output bei weniger Input und (absurderweise) schnellere Verfahren beim Zoll. Gedroht wurde mit Kündigung und Wechsel, auch wenn das völlig hahnebüchen war. Auf einmal war alles zu langsam und zu teuer und ich wurde für einige Monate für vier Tage die Woche nach Berlin geschickt, was die Firma locker 1.000,- bis 1.500,- EUR zusätzlich (und unnötig) pro Woche gekostet hat. Es wurde Hotel, Verpflegung und ein Auto gestellt.
Das Tagesgeschäft lief trotzdem weiter. Störungen und Verzögerungen gab es eigentlich nur, wenn man sicht sehr kurzfritig entschlossen hat, für viele Millonen Euro ein neues ERP-System leisten zu müssen, Artikel nicht verfügbar waren, weil man "vergessen" hat, einzukaufen oder es Marketing-Aktionen gab, über die die Logistik nicht informiert wurde.
Mein persönlicher Tiefpunkt war Mitte 2016 als ich an einem Freitag um 8.00 Uhr bei der Post stand, um ein Paket abzuholen und eine E-Mail bekam, in der verkündet wurde, dass Nakiki geschlossen wird. Mein Chef und dessen Chef waren nicht erreichbar, stattdessen wurde eine kurzfristige Mitarbeiterversammlung anberaumt, in der es zwei Gruppen gab. Die Kollegen von Nakiki, denen mitgeteilt wurden, dass ihnen jetzt gekündigt wird und der Rest, wo erläutert wurde, dass das alles keinen Sinn hat. Betroffen waren rund 70 meiner Teammitgleider aus dem Lager, sowie rund 30 Kollegen aus Marketing, Vertrieb, etc. Ich selbst durfte auch nicht mehr ins Lager, sondern ein Kollege wurde mit der Abwicklung betraut.
Neben diesen Themen, hätte ich mich auch gerne um die Integration der Logistik von Bebitur gekümmert, die damals noch selbstständig und autark, aber nicht wirklich erfolgreich arbeiteten. Aus meinen Augen wäre es sehr sinnvoll gewesen, sich mindestens auszutauschen und zu prüfen, ob man Synergieeffekte bei Einkauf, Lager und Transport nutzen kann. Eine Anffrage und die Bitte um eine Kontaktperson bei den spanischen Kollegen blieb unbeantwortet.
Und falls Ihr wissen wollt, wohin, das ganze Geld in den ersten Jahren nach dem Börsengang geflossen ist: Zu DHL. Man hatte damals noch kein Lager in China und hat in Berlin Pakete gepackt, diese zur DHL nach Frnakfurt an den Flughafen gefahren und dort ausfliegen lassen. Typsisch war ein Bestellwert von 80,-bis 120,- EUR und zusätzliche Transportkosten von 15,- bis 30,- EUR. Abgerechnet hat die DHL nach Gewicht und Transportkosten pro Paket von 40,- bis 80,- EUR waren keine Seltenheit.
Irgendwann hat man daran gearbeitet, ein Zollager in China zu eröffnen. Man verzichtete aber auf die Kompetenz, die bereits im Haus vorhanden war und holte sich Berater und Marketing-Leute, die von Transport, Import, Export und Zöllen soviel verstanden, wie eine Kuh vom fliegen. Natürlich gab es, ungeachtet dessen, viele bunte Powerpoint-Folien.
Der erste große Hype war nach dem Milchpulverskandal in China, wo es einen Run auf europäische Produkte gab. Die Chinesen haben versucht, einen Riegel vorzuschieben und haben Obergrenzen (in Form von Warenwert pro Person und pro Tag) eingeführt. Dies musste viele Jahre lang als Grund für Lieferverzögerungen hinhalten, obwohl diese leicht (und legal) zu umgehen waren.
Als das Management noch im "klein-klein" gedacht hat und immer in Panik verfiel, wenn sich ein Kunde beschwert hat, weil die DHL 2 Tage anstatt einem Tag für die LIeferunge gebraucht hat, hat die Konkurenz im Großen gedacht und Komplettzüge mit Milchpulver von Europa nach China fahren lassen.
Zurückblickend halte ich das Management für unfähig; und zwar nicht erst seit Peuckert. Die guten Leute hat man vergrault und sowieso schlecht bezahlt. Ich hätte die Insolvenz schon im Jahr 2018 erwartet |