Dax im Ausverkauf!
von Jochen Steffens
Früher, als Kinder, haben wir uns immer zunächst im ersten Drittel des Karnevalszuges positioniert und sind dann, als der Prinzenwagen vorbei war, zum Ende gespurtet, weil am Ende wirklich alles an Süßigkeiten in die Menge gejubelt wurde, was nicht niet und nagelfest war, inklusiver aller Kartons.
Genauso kommt mir das im Dax gerade vor, es wird alles geschmissen, was nicht niet- und nagelfest ist. Unglaublich. Wenn ich mir hier die einzelnen Kursverluste besonders bei den Mid- und Small – Caps anschaue – offenbar herrschte das pure Grauen!
Meinen Target-Trader Kunden habe ich gestern geschrieben: "Ruhe bewahren! [ ...] Ich rechne zwar im frühen Montagshandel noch mit weiteren Kursrückgängen, aller Wahrscheinlichkeit nach sollten sich dann aber die amerikanischen Indizes fangen und zur Gegenbewegung ansetzen, das gilt dann auch für den Dax. Natürlich nur, sofern nicht weitere, negative Nachrichten den Markt treffen."
Die Zittrigen verkaufen!
Fragen Sie sich einfach, wer hat verkauft und das auch noch bei fallendem Ölpreis? Wo doch der Ölpreis am Ende letzter Woche einer der Gründe für den Einbruch der Märkte war? Die starken Hände? Sicherlich nicht. Es sind die zittrigen, die ängstlichen Hände, die den Druck fallender Kurse nicht aushalten können.
Das ist aber genau das Szenario, das die aktuelle Situation derart hoch explosiv macht. Denn wenn alle Zittrigen verkaufen und es dann doch weiter steigt, müssten diese alle wieder rein in den Markt. Denn ansonsten verpassen sie vielleicht den letzten großen Anstieg im Dax vor der Sommerpause.
Die Vorbereitung für eine Übertreibungsphase?
Und genau so kann es theoretisch zu der von mir so lange erwarteten Übertreibungsphase kommen. Stellen Sie sich einfach vor, wenn selbst dieser massive Abverkauf aktuell auch nicht dazu führen sollte, dass der Dax endlich in den so lange schon befürchteten Rückwärtsgang schaltet, was dann? Und genau dieses (allerdings nicht korrekte) "Gefühl" wird das Vertrauen der Anleger extrem stärken. Sie sehen den steigenden Kursen hinterher und ärgern sich ohne Ende, dass sie
- verkauft haben
- Stops in den Markt gelegt haben, die sicherlich zum großen Teil nun ausgelöst wurden.
- nicht dabei sind, wenn es weiter steigt.
Welche Lehren wird der kurzfristig denkende Börsianer (fälschlicherweise) daraus ziehen:
- Verkaufen ist dumm
- Stops sind dumm
- Man muss unbedingt dabei bleiben! Es geht ja doch immer weiter
Ich befürchte also, wenn nun wieder das alte Hoch getoppt werden sollte (was keineswegs sicher ist), wird dann wieder alles gekauft, was nicht niet- und nagelfest ist. Schließlich wäre das für einige Anleger der eindeutige Beweis dafür, dass diese Rallye niemals enden wird ...
Wenn dann auch noch der Dow sein Allzeithoch brechen sollte, meine Herren ... uiuiuiui.
Nun kann ich viel behaupten. Also habe ich mir die Mühe gemacht und mir einige große Trends angeschaut. Wie war es dort.
Und tatsächlich sehr oft, wenn es zu einem zähen Ansteigen unter kleinen Kursschwankungen gekommen war, kam es irgendwann zu einem scharfen Einbruch, der dann wieder hoch gekauft wurde. Solche Entwicklungen tauchen vergleichsweise häufig in langen Trends aufs.
Dann habe ich noch einmal den Dax-Vergleich zwischen der Entwicklung des Dax 1996/1997 und dem aktuellen Dax, den ich Ihnen schon Anfang letzen Jahres vorgestellt hatte, zu Rate gezogen.
Irgendwie passt er immer noch, auch wenn er zwischenzeitlich etwas verzerrt ist, da die Zeiträume unterschiedlich sind (kein Wunder bei der langen Zeit).
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Gerade bis zu der zweiten Spanne, die durch den zweiten schwarzen Punkt von links (in der Mitte) gekennzeichnet ist, liefen diese Charts nahezu 1 zu 1, einige von Ihnen werden sich vielleicht noch erinnern. Die dann folgende Seitwärtsbewegung war 1996 etwas länger und flacher, so dass ich den Chart aus den Augen verloren haben. Wenn man aber seitdem eine Art Vergleich zwischen den Tiefs in der darauffolgenden letzten Phase anschaut, und sich die Verzerrung wegdenkt, könnte es wieder passen. Viel wichtiger ist aber, dass es vor dem scharfen Anstieg 1997, der "Übertreibungsphase", einen kleinen Crash gab – eine Art "Rausschüttler".
Die Rausschüttler leiten gerne eine Rallye ein.
Es fragt sich also, ob wir gerade auch einen kleinen Crash als Vorbereitung für die Übertreibungsphase erleben, die dann das wirkliche Ende der Rally deutlich machen würde.
Dabei ist es nicht selten, dass so etwas passiert. Einer der größten Rausschüttler war wohl der Einbruch am 28.10.1997, nachdem anschließend der Dax von 3700 Punkte auf im Hoch 6300 Punkte fast in einem Rutsch nach oben schoss.
Sie finden solche Kursentwicklungen immer wieder. Es kann also tatsächlich sein, dass wir gerade eine Übertreibungsphase vorbereiten. Der aktuelle Einbruch wäre sozusagen das Luftholen vor dem letzten Sturm auf neuen Höchstkurse.
Bisher nur eine Theorie
Nur, noch ist das nichts weiter, als eine Theorie! Es kann leider auch ganz anders kommen. Jetzt schon auf so ein Szenario zu traden, wäre mehr als verfrüht! Man muss, wie am Freitag beschrieben, abwarten, wie sich die Gegenbewegung entwickelt.
Das andere Szenario ist leider auch möglich: Das vorläufige Top!
Leider, da an den Börsen nie etwas sicher ist, kann es allerdings auch sein, dass dieser Abverkauf tatsächlich das Ende dieses Trends einleitet. Sie erinnern sich, ich hatte vor dem WM-Abverkauf im Vorfeld der WM geredet, ich hatte auch auf die wenig guten Aussichten hingewiesen, die wir in der deutschen Wirtschaft Anfang 2007 erwarten (Mehrwertsteuererhöhung), ich hatte auf den Einbruch im Bund Future hingewiesen, auf die Kontraindikation des ZEW-Index und des ifo-Index, etc. Also, es kann natürlich auch das Top gewesen sein.
Was mich daran jedoch etwas stört: Wie auch schon anfangs des Jahres häufiger geschrieben hatte, im Dax fehlt einfach die "Übertreibungsphase", in der alles und jedes gekauft wird. Dazu fehlt mir auch noch(!) die Topformation. Zudem hat der Dax immer noch nicht sein von mir seit Monaten anvisiertes Mindest-Potenzial "6250 Punkte" ausgereizt. Es wäre schon komisch, wenn sowohl der Dax, als auch der Dow vor diesen wichtigen Marken abdrehen. Das kann zwar durchaus passieren, ist aber unter dem Strich eher selten der Fall.
Es hilf alles spekulieren nicht, es bleibt: Genaues beobachten!
Es bleibt also nichts anderes übrig, als genau zu beobachten, was jetzt passiert. Achten Sie insbesondere auf die Gegenbewegung, die heute/morgen wahrscheinlich gestartet wird. Wenn sich diese Aufwärtsdynamik entwickelt, wenn sogar das letzte Hoch im Dax nun noch einmal gebrochen wird, kann es sehr heiß werden – im Dax und den anderen europäischen Indizes.
Kleiner Tip: Achten Sie hierzu auch auf die Versicherer Allianz und Münchener Rück. Sollten diese aus ihrer Seitwärtsbewegung nach oben ausbrechen, dann wäre das schon ein beeindruckendes Zeichen.
Wenn es jedoch weiter nach unten geht, sollten Sie ihre langfristigen Positionen nach und nach abbauen. Dabei würde sich dann der Fokus auf die USA richten, ob sich hier, besonders im Nasdaq100, eine Bodenformation ausbildet, die auf neue Einstiegskurse hinweist.
So unbefriedigend es auch sein mag, es ist aber tatsächlich das einzige, was Sie tun können.
Viele Grüße
Ihr
Jochen Steffens
US Konjunkturdaten: Kapitalstrom in die USA enttäuscht!
von Jochen Steffens
Die Veröffentlichung der US-amerikanischen Zahlen zu den Internationalen Kapitalströmen (Treasury International Capital) für März 2006 enttäuschte.
Sie lagen lediglich bei 69,8 Mrd. US-Dollar. Im Vormonat hatten diese noch bei 90,5 Mrd. US-Dollar (revidiert von 86,9 Mrd.) gelegen.
Mit einem schärferen Rückgang war gerechnet worden, allerdings gingen die Schätzungen von 74,7 Mrd. USD aus.
Man muss das durchaus als Hinweis darauf sehen, dass die Fed auch das als Grund nehmen könnte, die Zinsen weiter anzuheben. Ob also die Erholung im Dow heute schon an Dynamik gewinnen wird? Warten wir es ab.
Gruß Moya 