von Andreas Lambrou
Liebe Leser,
vielleicht erinnern Sie sich noch an die zahlreichen Inflationsprodukte, die vornehmlich zwischen März und Mai diesen Jahres großen Absatz bei Privaten und Institutionellen Anlegern fanden.
Dies ist gerade einmal 6 Monate her und die Inflation war damals das weltumspannende Thema Nummer 1. Heute spricht davon kaum jemand mehr und das Thema Inflation ist aus den Medien fast vollständig verschwunden. In dieser Woche werde ich im Rohstoff-Daily auf dieses Thema genauer zu sprechen kommen. Schließlich ist die Inflation meiner Ansicht nach die Wichtigste Kennzahl zur Prognose der Wirtschafts- und Aktienkursentwicklung. Nur wer die Inflation, ihre Ursprünge, ihre Tücken und ihre Folgen versteht, der wird an der Börse Erfolg haben können.
In einem indirekten Zusammenhang zu diesem Inflationstrend möchte ich Ihnen in dieser Woche einen meiner Lieblingsratschläge für meine Kursprognosen vorstellen. Dieser lautet: "Mache wenn möglich immer das Gegenteil der Maße". Die Einschränkung "wenn möglich" musste ich deshalb anfügen, da es manchmal einfach sehr schwierig ist, die Maße richtig zu verstehen. Insbesondere wenn es sich um eine "Maßenhysterie" handelt. Mir ist es in meiner noch jungen Börsenkarriere schon häufiger passiert, dass ich eine Fehleinschätzung der Masse zwar richtig erkannt habe, doch bei dem Versuch mit dieser Erkenntnis Geld zu verdienen, habe ich auch schon erhebliche Verluste erlitten. Denn der Markt kann länger solvent sein, als ich liquide.
Auf gut Deutsch gesagt: Wenn ich in einer Hysterie zu früh kehrt mache, dann werde ich von der Masse überrollt. Sinnbildlich können Sie sich das wie eine Herde von Rindern vorstellen, die auf einen Abgrund zulaufen. Wenn ich in dieser Herde mitlaufen, was ich von Zeit zu Zeit gerne tue, denn auch die Maße liegt oftmals eine Zeit lang richtig... dann muss ich den richtigen Zeitpunkt abwarten, bevor ich stehen bleiben oder sogar kehrt mache. Stoppe ich zu früh, dann werde ich von der Rinderherde niedergetrampelt. Laufe ich dagegen weiter, dann werde ich unweigerlich zusammen mit allen anderen "Rindviechern" in den Abgrund stürzen.
Sie sehen ein richtiges Dilemma aus dem es nur einen einzigen Ausweg gibt. Vertrauen Sie Ihrer Erfahrung und der daraus resultierenden Intuition. Nur wer den richtigen Riecher für das Maßenverhalten entwickelt, der wird in der Lage sein Kursprognosen zu treffen. Deshalb taugen diese ganzen Finanzmathematiker und so genannten Analysten nicht für eine zuverlässige Prognose, denn ihre Prognosen bauen auf völlig falschen Einflussdaten auf. Statt Mathematiker sollten Hedge-Fonds lieber Psychologen oder vielleicht sogar "Geisteskranke" einstellen, denn sie verstehen die menschlichen Verhaltensweisen oftmals besser, als studierte Betriebs- oder Volkswirte und die eine oder andere Pleite aus dem Hedgefondsbereich bliebe uns dann mit Sicherheit auch erspart.
Das populärste Beispiel für gescheiterte Anwendung von Finanzmathematik ist kein geringerer als der Gewinner des Wirtschaftsnobelpreises 1997, Myron Scholes. Offensichtlich funktionieren seine Formeln zur Berechnung von Optionspreisen, unter extremen Marktumständen nicht und führen in einer beinahe beängstigender Regelmäßigkeit zu großen Verlusten. 1998, also nur 1 Jahr nach dem Erhalt des Preises, begann dies mit der Pleite von Long Term Capital Management, die insgesamt 4 Milliarden US-Dollar verbrannte und nur durch ein Eingreifen der Notenbank vor noch größerem Schaden bewahrt wurde. Doch wer glaubt, dass damit die Karriere von Myron Scholes als Fondsmanager beendet war, der irrt. Schon 1999 gründete Scholes mit 4 weiteren Kollegen den Hedgefondsmanager "Platinum Grove". Vermutlich hat man an den Modellen so gefeilt, dass man rein theoretisch kein zweites LTCM-Debakel erleben konnte. Doch auch dieser Fonds konnte dieses Kunststück nicht vollführen und verlor allein im Oktober diesen Jahres 29% und im laufenden Jahr insgesamt 38%.
Um die Finanzmärkte zu verstehen müssen Sie also kein so genannter Experte sein und schon gar kein Mathematiker. Der Erfolg an der Börse hat ganz andere Ursachen, auf diese wir im Einzelnen in den nächsten Tagen noch zu sprechen kommen. Ein Universitätsabschluss in Finanzmathematik gehört aber mit Sicherheit nicht dazu und kann für die Erzielung einer guten Rendite sogar hinderlich sein |