ROUNDUP: General Motors (GM) verschiebt Verluste nach Europa 18:38 07.11.08
RÜSSELSHEIM/DETROIT (dpa-AFX) - Der schwer angeschlagene Autobauer General Motors (GM) (Profil) hat im dritten Quartal einen Teil seiner Verluste nach Europa verschoben. Das Europageschäft mit der Hauptmarke Opel stürzte mit einem operativen Verlust von rund 1 Milliarde Dollar (780 Mio Euro) tief ins Minus, teilte GM am Freitag in Detroit mit. Im zweiten Quartal war noch ein minimaler Gewinn von 20 Millionen Dollar angefallen.
Der Opel-Betriebsrat kritisierte, dass die Verrechnungsmethode die Region Europa übermäßig belaste. "GM schiebt massiv Verluste aus den USA nach Europa ab, um die Bilanz aufzupolieren", sagte der Gesamtbetriebsratsvorsitzende Klaus Franz der Deutschen Presse- Agentur dpa. Der Gesamtkonzern GM fuhr unter dem Strich rund 2,5 Milliarden Dollar Verlust ein.
MARKTANTEIL GESUNKEN
"Das Ergebnis in Europa wurde insbesondere durch geringere Verkaufsvolumen und eine negative Preisentwicklung beeinflusst", schrieb der Konzern in einer Mitteilung. Hinzu seien negative Währungskursentwicklungen gekommen. Das Unternehmen habe seine Kosten aber gesenkt. Der Marktanteil in Europa sank gegenüber dem Vorjahr von 9,5 auf 8,9 Prozent. GM-Europa-Chef Carl-Peter Forster sprach von einem "äußerst brutalen Quartal". Es seien "rigorose" Anstrengungen notwendig, um Ertrag und Produktivität weiter zu verbessern.
Laut Betriebsrat hat GM für Europa überproportionale Entwicklungskosten sowie US-Verluste der Opel-Schwester Saab von 300 Millionen Dollar in die Bilanz für Europa eingerechnet. Auch Kosten für die gutlaufende Marke Chevrolet würden hier anfallen, während die 450.000 in Europa verkauften Chevrolets nicht in den Gewinn für Europa einflössen. "Die Zahl spiegelt nicht die Leistung der Unternehmen in Europa wieder", kritisierte Franz.
KREISE: OHNEHIN ROTE ZAHLEN
In Konzernkreisen hieß es, das Europageschäft wäre ohnedies im dritten Quartal in die roten Zahlen gerutscht. GM weist keine Ergebnisse für Marken aus, sondern nur für Regionen. Opel macht etwa 80 Prozent des Europageschäfts aus, zu dem auch die seit Jahren defizitäre schwedische Marke Saab gehört. Der Umsatz des Europageschäfts sank von 8,8 auf 7,5 Milliarden Dollar. Grund dafür sei ein Nachfrageeinbruch in Großbritannien, Spanien und Italien.
Betriebsrat und Management kündigten Gespräche an, um Stellenabbau zu vermeiden. Nach jahrelangen Verlusten hatte Opel 2005 mit einem harten Sanierungsplan rund 9000 Stellen abgebaut und wieder den Sprung in die schwarzen Zahlen geschafft. Bislang war Opel der Hoffnungsträger für den GM-Konzern gewesen, der mit einem Nachfrageeinbruch und riesigen Verlusten kämpft. Das Europageschäft trägt ein Viertel des Konzernumsatzes bei.
PRODUKTION GESTOPPT
Wegen der sinkenden Nachfrage hatte GM in den vergangenen Wochen in fast allen europäischen Opel-Werken die Produktion vorübergehend gestoppt. Das Stammwerk in Rüsselsheim war davon ausgenommen, weil dort gerade der neue Mittelklassewagen Insignia anläuft.
Spekulationen über eine Pleite des Konzerns reißen nicht ab. Die beiden Autobauer und Chrysler haben die US-Regierung nach Medienberichten um 50 Milliarden Dollar an zusätzlichen Krediten gebeten. Der Kreditversicherer Euler Hermes hob den Versicherungsschutz für Lieferanten von GM und Ford auf. Die Situation bei beiden Autobauern habe sich "erheblich verschlechtert", heißt es in einem Schreiben des Versicherers. Zulieferer können sich bei Euler Hermes nicht mehr gegen Zahlungsrisiken in Geschäften mit Opel und Ford versichern. Laut Opel hat das keinen Einfluss auf die Geschäfte. "Bei der Adam Opel GmbH gibt es keinerlei Veränderung im Zahlungsverkehr mit unseren Lieferanten", sagte ein Sprecher.
OPELANER ERWARTEN HEFTIGE AUSEINANDERSETZUNGEN
Die Opel-Arbeitnehmervertreter erwarten im Falle einer staatlichen Unterstützung von GM heftige Auseinandersetzungen im Konzern um Stellen. Die US-Regierung werde die Sicherung von Arbeitsplätzen in den heimischen Werken verlangen und Investitionen im Ausland kritisch sehen, erklärte der Frankfurter IG-Metall-Bezirksvorsitzende Armin Schild am Freitag. "Das wird ruppig". Im Opel-Stammwerk Rüsselsheim sehen vor allem die mehr als 6000 Beschäftigten des Internationalen Technischen Entwicklungszentrums (ITZ) ihre Arbeitsplätze bedroht.
Opel eröffnete am Freitag eine Fertigungsstätte in Russland. In der 300 Millionen Dollar (235 Mio Euro) teuren Fabrik bei St. Petersburg sollen in der ersten Phase bis zu 70.000 Autos im Jahr gebaut werden, sagte GM-Europachef Carl-Peter Foster am Freitag bei der Eröffnung./mt/DP/das
Quelle: dpa-AFX |