Liebe Frieda, ein Blick in die GuV erleichtert möglicherweise das Verständnis meiner absolut zutreffenden Aussage zum Q2-Ergebnis. https://www.schaeffler.com/remotemedien/media/...report_de_8ugsb5.pdf
Q1 35 Cent/Aktie Q2 5 Cent/Aktie
Q1+Q2 = Halbjahresergebnis: 40 Cent/Aktie
Nur mal zum Vergleich: Die in den letzten Jahren notorisch margenschwache ElringKlinger hat trotz erheblichen Umsatzrückgangs für Q2 heute 15 Cent Gewinn pro Aktie und für H1 insgesamt 37 Cent Gewinn je Aktie publiziert. Während Schäfflers EBIT-Marge im Automotive Bereich auf 3,9% abstürzte konnte ElringKlinger die bereinigte EBIT-Marge trotz signifikanten Umsatzrückgangs in Q2 nahezu kontant ggü. Q1 halten (5,0% vs. 5,1%).
Wenn du Analyst wärst, diesen Trend siehst und vom Management im Earnings Call das Signal bekommst, dass die zum Jahresanfang für H2 "erwartete" (ich sage erhoffte) Wirtschaftsbelebung nach derzeitigem Kenntnisstand nicht eintreten wird, man als Analyst aber nicht davon ausgehen müsse, dass die grottenschlechten EBIT-Margen aus Q2 in Industriegeschäft (2,5%) und Automotive (3,9%) dauerhaft bestehen bleiben, wie würdest du da Q3 und Q4 prognostizieren? Q4 dann auch noch unter der Problemstellung, dass erstmalig auch Vitescos "Traumrenditen" voll in Schaefflers Quartalsgewinn abgebildet werden... ??
Ich gehe davon aus, dass angesichts dieses geradezu desaströsen Margenschwunds die bisherigen Gewinnschätzungen für 2024 und 2025 sinken werden...
Ich sehe gerade, dass lt. Factset der Gewinn je Aktie für 2024 bereits von 0,80 € auf 0,66 € reduziert wurde. Die Prognose für 2025 steht nun bei 78 Cent. Anfang diesen Jahres wurden für 2025 noch mehr als 1 €/Aktie prognostiziert.
Somit ist das KGV 2024 trotz Kursschwung auf aktuell 4,68 € nunmehr bereits auf 7,1 gestiegen. Anfang des Jahres lagen wir bei KGVs zwischen 5 und 6. Und angesichts der Q2-Ergebnisse sehe ich bei 0,66 €/Aktie noch längst nicht das Ende der Fahnenstange erreicht.
Zum Vergleich: KGV 2024 der von dir negativ besprochenen VW-Vorzüge auf Basis auf 28 € / Aktie reduzierter Gewinnprognosen aktuell 3,4 und Divi-Rendite aktuell bei 9,5%.
Es wäre ein seltener Glücksfall, wenn die Fusion mit Vitesco keine signifikanten Übernahmefolgekosten wie Wertberichtigungen im Rahmen der Zugangsbewertung (erstmalige Vollkonsolidierung) auslöst. Da der Prognosewert 0,66 €/ Aktie den tatsächlich erzielten Konzernjahresüberschuss und keine um einmalige fusionsbedingte Kosten "bereinigte" Gewinngröße darstellt, traue ich dieser Analystenprognose offen gesagt nicht einen Millimeter. Ich gehe davon aus, dass Schaeffler sehr froh sein kann, wenn die Erstkonsolidierung keinen Übernahmeverlust auslöst, der den laufenden Jahresgewinn 2024 vollständig ausradiert. Man darf nicht vergessen, dass Schaeffler das 38,9% Vitesco Aktienpaket für einen Durchschnittskurs nahe 90 € gekauft hat, der sich beim aktuellen Börsenkurs nur sehr schwer als Grundlage zur Ermittlung des bei Zugangsbewertung aufzudeckenden Goodwill wird rechtfertigen lassen. Somit sehe ich im Zeitpunkt der Erstkonsolidierung das Potenzial für einen nicht unerheblichen Impairmentbedarf betreffend die Differenz zwischen Kaufpreis und Kurswert der entgeltlich erworbenen Vitesco Beteiligung. Lt. Q1-Abschluss beträgt Vitescos EK je Aktie derzeit gut 70 €. Die Differenz von ca. 20 € je Aktie zum bezahlten Kaufpreis müsste man im Rahmen einer Erstkonsolidierung zu Marktwerten auf die übernommenen Aktiva verteilen und soweit die stillen Reserven der von Vitesco übernommenen Aktiva (und Passiva) nicht ausreichen als entgeltlich erworbenen Goodwill der neuen Schaeffler AG bilanzieren. Wenn der WP allerdings sieht, dass der Vitesco Kurs unmittelbar vor Erstkonsolidierung bei 52 € und nicht etwa 90 € steht, kommt er um eine Impairmentprüfung bei Erstkonsolidierung nicht herum, zumal die Erstkonsolidierung im Q4 und mithin im Geschäftsbericht 2024 erfolgt, wo eine Impairmentprüfung von Haus aus zwingend durchzuführen ist. Ich rede hier ausdrücklich von "Prüfung", nicht von Gewissheit eines durchzuführenden Impairments im Q4 2024.
Für Anleger indes stellt dies eine Unsicherheit dar, die jeder Übernahme innewohnt, im aktuellen krisenhaften Umfeld der Automobilindustrie m.E. aber eine höhere Eintrittswahrscheinlichkeit hat als in einer rosaroten politischen und weltwirtschaftlichen Lage. Der nach einem erfolgreichen Übernahmeangebot i.H.v. 94 € auf 52 € abgestürzte Vitesco-Kurs sollte auch unverbesserlichen Optimisten unter den Schaeffler-Aktionären zumindest ein wenig zu denken geben. Der Markt hat nicht immer recht. Aber er liegt häufiger richtig als falsch. |