USA decken wieder mal Israel

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neuester Beitrag: 03.04.04 17:16
eröffnet am: 26.03.04 10:30 von: Rheumax Anzahl Beiträge: 46
neuester Beitrag: 03.04.04 17:16 von: hjw2 Leser gesamt: 6053
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26.03.04 18:21

4428 Postings, 7755 Tage Major TomAuswirkungen ja, aber nicht nur d. Politik d. USA

und Israels!

[...] Trotzdem wäre unter einer anderen US-Regierung der Konflikt nicht so eskaliert, weil man Scharon gebremst hätte. [...] Und das hat sicher auch Auswirkungen auf die Eskalation von islamistischem Terror allgemein.

Ja, der Konflikt wäre nicht derart eskaliert und ja, auch Auswirkungen auf die Eskalation von islamistischem Terror allgemein!

[...] Mir wird einfach zu viel auf den Arabern und dem Islam herumgehackt, nur weil die Einschläge des islamistischen Terrors näherkommen.
Man sollte schon sehen, dass die Politik der USA und Israels gegenüber der islamischen Welt diese Situation heraufbeschworen haben, der man dort immer noch meint, ausschließlich mit Gewalt begegnen zu können und zu müssen.
[...]

Nein, nicht nur die Politik der USA und Israels gegenüber der islamischen Welt haben diese Situation heraufbeschworen!

MT

PS Die sozioökonomische Basis islamistischer
Bewegungen


Das rasche Bevölkerungswachstum der 60er, 70er und 80er Jahre in fast allen islamisch geprägten Staaten schuf die Generationen, die heute die personelle Basis der islamistischen Bewegungen bilden. Ihre Regierungen stellte diese demographische Entwicklung vor fast unlösbare Probleme.

Auch wenn die meisten Staaten eine materielle Grundversorgung der Bevölkerung sichern konnten, wuchs vor allem die Arbeitslosigkeit unter jungen Abgängern der Schulen und Universitäten. Dieses Problem verschärfte sich in vielen Staaten durch den enormen Ausbau der Bildungssysteme seit den 50er Jahren. Den Kindern auch der unteren Bevölkerungsschichten stand nun der Zugang zu den Universitäten offen, doch nur die frühen Jahrgänge und diejenigen, die im westlichen Ausland ausgebildet wurden, konnten auf ein gesichertes Auskommen hoffen. Da in Staaten wie Algerien, Syrien und Ägypten der private Sektor nur schwach ausgebildet war, drängten die jungen Akademiker in den Staatsdienst, der in den 70er Jahren nur noch einen kleinen Teil der Absolventen absorbieren konnte. Mittlerweile gilt dies selbst für ehemals sehr reiche Staaten wie Saudi-Arabien, die seit Mitte der 80er Jahre unter dem Verfall des Ölpreises leiden. Die Erziehungssysteme der meisten arabischen Staaten produzieren heute daher Hunderttausende mehr schlecht als recht gebildete Akademiker und entlassen sie in die Arbeitslosigkeit.

Diese Generation wird in arabischen Medien oft als Zeitbombe (arab. al-qunbula al-mawquta) bezeichnet. Bis in die 80er Jahre konnten viele Regime die wachsende Unzufriedenheit der Bevölkerungen noch durch die Subventionierung von Nahrungsmitteln, Brennstoffen, Wohnungen und öffentlichen Verkehrsmitteln beschwichtigen. Doch sie waren zur Begrenzung ihrer Ausgaben gezwungen, weil die reichen Ölstaaten spätestens ab Mitte des Jahrzehnts ihre Zahlungen reduzierten und weniger ausländische Arbeitskräfte einstellten. Durch den Zweiten Golfkrieg verloren Hunderttausende Ägypter, Jemeniten, Jordanier und Palästinenser ihre Arbeitsstellen im Irak, in Kuwait und in Saudi-Arabien; ihre Heimatländer litten unter dem Wegfall ihrer Überweisungen aus dem Ausland und steigenden Arbeitslosenzahlen.

Außerdem gingen Absatzmärkte im zerbrechenden Ostblock verloren, die finanzielle Unterstützung durch die Supermächte USA, UdSSR und ihre Verbündeten versiegte und die Staatsausgaben stiegen. Schmerzhafte Strukturanpassungsprozesse – vom Internationalen Währungsfonds (IMF) und der Weltbank gefordert – verschlechterten die Lebensbedingungen weiter Bevölkerungskreise. Globalisierung bedeutete für sie vor allem Verelendung, und dieser Prozess intensivierte sich in den 90er Jahren. Die immer schlechter werdenden wirtschaftlichen Rahmenbedingungen trafen auf steigende Erwartungen an die eigene berufliche und soziale Zukunft. Dies betraf nicht nur die jungen Akademiker, die aufgrund ihrer Bildung einen substanziellen sozialen Aufstieg erhofften, ihre Ziele jedoch meist nicht verwirklichen konnten. Auch die breite Bevölkerung kam in Kontakt zu Lebensformen und Wohlstand der industrialisierten Länder.

Zuerst Radio, vor allem aber Fernsehen und ab den 90er Jahren Satellitenfernsehen und Internet weckten den Wunsch vieler Menschen der Region, ähnlich zu leben wie die Menschen im Westen. Tatsächlich aber wuchsen die Unterschiede zwischen arm und reich in den letzten Jahrzehnten und eine westlich geprägte Lebensweise blieb das Privileg kleiner, oft korrupter Eliten. Mehr noch als in Europa und den USA wird Reichtum in vielen dieser Länder ostentativ zur Schau gestellt, was Widerstand weckte. Da der Westen als Quelle dieser Form der Moderne wahrgenommen wurde und wird, richtet sich die Enttäuschung all derjenigen, die nicht daran teilhaben, auch gegen den Westen und dessen Verbündete in der Region. Die zweite Welle der Globalisierung nach 1989 sehen viele Bewohner der Region deshalb als einen wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Angriff auf ihre eigenen Werte und Lebensformen und neue Variante westlichen Hegemoniestrebens. So schreibt Amr Hamzawy über die Situation nach dem 11. September:

    "Die Dramatik der momentanen Situation bedingt dabei eine Vereinfachung und eine Zuspitzung derjenigen Positionen, die die Globalisierung vor allem als neue Form westlicher Hegemonie deuten. Die islamistische Gewalt wird zwar nicht direkt gerechtfertigt. Sie wird jedoch entweder als ein lokaler Ausdruck des vermeintlich vom Westen beschworenen globalen Kampfes der Weltkulturen beziehungsweise der Weltreligionen oder als ein Endprodukt westlicher Ungerechtigkeiten gegenüber der arabisch-islamischen Welt verharmlost. Nur in wenigen Artikeln sind kritische Stimmen zu vernehmen, die die Gleichstellung von Globalisierung und Verwestlichung hinterfragen und in der islamistischen Gewalt eine globale Gefahr sehen."

Die eigenen Eliten, die den Trend zur Verwestlichung unterstützen, nehmen sie dabei als die (oft korrupten) Erfüllungsgehilfen wahr. Stimmen, die die weit verbreitete Identifikation von Globalisierung und Verwestlichung (oder Amerikanisierung) kritisieren, sind selten. Es waren jedoch nicht nur sozioökonomische Probleme, die den Islamisten Zulauf verschafften. Soziales Elend und enttäuschte Erwartungen gingen einher mit einem Streben nach kulturell-religiöser Authentizität und Eigenständigkeit. Allein die Tatsache, dass die Hamburger Attentäter des 11. September, deren Zukunftsaussichten aufgrund ihrer Ausbildung im Westen sehr gut waren, zu Islamisten und dann zu Terroristen wurden, macht dieses Phänomen deutlich. Denn seit der europäischen Expansion des 19. Jahrhunderts herrscht unter vielen Muslimen das Gefühl vor, von einer fremden und überlegenen Zivilisation beherrscht und fortwährend gedemütigt zu werden. Je enger die Kontakte zwischen Osten und Westen im Laufe des 20. Jahrhunderts wurden, umso stärker prägte sich dieses Gefühl aus. Dies erklärt die Suche der Islamisten nach einem identitäts- und sinnstiftenden Element in der eigenen Geschichte.

In dieser Situation musste eine Ideologie besonders erfolgreich sein, die den Rückgriff auf die eigene, authentische Tradition forderte und Gerechtigkeit versprach. Liberalismus, Sozialismus und Nationalismus galten den meisten Menschen der Region als gescheitert, da alle diese importierten Ideologien beziehungsweise die sie tragenden Eliten innen- wie außenpolitisch versagt hatten. Also wandten sie sich an das Eigene und folgten den Islamisten, die seit den 1970er Jahren mit der Parole Der Islam ist die Lösung vermehrt Gehör fanden. Seitdem dominieren die Debatten über die Rolle des Islam in der Gesellschaft die Innenpolitik fast aller Länder zwischen Marokko und Indonesien. Die Islamisten sind unter all denjenigen Teilen der Bevölkerung erfolgreich, die die Probleme ihres Alltags nicht oder kaum bewältigen können, seien sie nun wirtschaftlicher, sozialer oder kultureller Art. Der Islamismus verspricht ihnen eine ganzheitliche und vergleichsweise simple Lösung für ihre vielfältigen Probleme. Sie stellen wirtschaftliche Gerechtigkeit in Aussicht, lindern soziale Missstände durch die Bereitstellung von Dienstleistungen und verschaffen Selbstbewusstsein und Halt durch aktive Mitarbeit. Oft sind es vor allem jüngere, meist männliche Angehörige der (unteren) städtischen Mittelschichten, die nicht bereit sind, sich mit ihren eng begrenzten Möglichkeiten sozialen Aufstiegs abzufinden. So erklärt sich, dass die Islamisten in vielen Gesellschaften in weiten Kreisen populär sind, auch wenn ihre Unterstützer nur in Ausnahmefällen Mehrheiten darstellen. Unter den Studenten sind es häufig die Absolventen naturwissenschaftlich-technischer Studiengänge bescheidener Herkunft, die sich islamistischen Bewegungen anschließen. Oft leben sie erst in zweiter Generation in der Stadt und stammen aus den Randzonen der Städte, in denen die Einwanderer vom Land leben. Hier verbindet sich die Furcht vor sozialem Abstieg mit einer Identitätskrise, die für Migranten nicht untypisch ist.

Diese Bevölkerungsgruppen bilden auch die soziale Basis für militante Gruppierungen. So entstammten die 15 saudi-arabischen Attentäter – soweit dies bekannt ist – eher bescheidenen Verhältnissen, d.h. der unteren Mittelschicht. In ihrem Fall zeigt sich aber noch eine weitere Dimension: die der regionalen Zugehörigkeit. Schon im Ägypten der 70er bis 90er Jahre kamen die militanten Islamisten meist aus Städten der Peripherie im Süden des Landes und den städtischen Randzonen Kairos. Ihr Protest war somit auch der Widerstand der vernachlässigten Peripherie in einem hoch zentralisierten Entwicklungsland. In gewisser Weise trifft dies auch auf die Attentäter des 11. September zu. Fast alle saudi-arabischen Attentäter stammten aus den westlichen Provinzen des Königreichs, Asir und Hijaz, genauer gesagt aus denjenigen Regionen, die seit der Eroberung durch das zentralarabische Staatsvolk in den 1920er Jahren in jeder Hinsicht vernachlässigt worden waren. Sie schlossen sich – wie der aus dem Südjemen stammende Usama Bin Ladin auch – unter anderem deswegen der Opposition an, weil sie hofften, durch die Hinwendung zur einer radikalen Interpretation der Wahhabiya gesellschaftliche Anerkennung zu erlangen. Deshalb sind es immer wieder Personen aus der regionalen wie gesellschaftlichen Peripherie, die sich der Opposition anschließen.

Nur so können sie hoffen, ihre untergeordnete Stellung in der saudi-arabischen Stammesgesellschaft zu überwinden. Dennoch blieben die militanten Islamisten sowohl in Saudi-Arabien, als auch in Algerien oder Ägypten immer Außenseiter, weil sie mit ihrer Gewalttätigkeit gegen gesellschaftliche und religiöse Normen verstoßen. Nur wenn sich die Lebensbedingungen in einem Land rapide verschlechtern, erhielten auch sie größeren Zulauf. Dies galt beispielsweise für Algerien gegen Ende der 80er Jahre. Heute sind vor allem die besetzen und selbstverwalteten Gebiete der Westbank und des Gazastreifens betroffen, die neben dem Irak und Afghanistan die Elendszonen der Region sind. Unter den Palästinensern hat der Friedensprozess im Nahen Osten Erwartungen geweckt, die in den letzten Jahren vor allem unter jungen Leuten in eine furchtbare Enttäuschung umgeschlagen ist. Sie bilden die soziale Basis für Hamas (arab. Harakat al-Muqawama al-Islamiya) und den Islamischen Jihad. Vor allem Hamas ist es dabei gelungen, sich als Massenbewegung zu etablieren, die heute schon mehr als ein Drittel der palästinensischen Gesellschaft hinter sich weiß.

Verstärkt wird die Bindung dieser Schichten an islamistische Bewegungen durch deren soziale Dienste. Islamistische Gruppierungen veranstalten Korankurse, eröffnen islamische Schulen und bieten medizinische Versorgung an, wo sie am nötigsten ist. Diese Hilfestellungen machen sie zu Konkurrenten des meist schlechten staatlichen Sozialsystems und erlauben es ihnen eine Art Parallelgesellschaft zu schaffen. Neben Hilfestellungen für die alltäglichen sozialen Probleme liefern diese in der Regel straff organisierten Gruppierungen die Möglichkeit durch das Eingebundensein in eine umhegte Gemeinschaft neuen Sinn in einem ansonsten hoffnungsarmen Leben zu finden. Sie geben Halt, der nirgendwo sonst zu haben ist, vor allem nicht bei einem Staat, der meist nicht in der Lage und/oder nicht willens ist, die Probleme seiner Bewohner zu lösen.

Hamas, Hizbullah und die jordanischen Muslimbrüder sind Musterbeispiele für Organisationen, die umfassende soziale Dienste anbieten. Vor allem die Schulen, in denen Weltbild und Ideologie dieser Gruppierungen mittlerweile an ganze Generationen weitergegeben werden, sind äußerst erfolgreich, da die staatlichen Erziehungssysteme nur unzureichend ausgestattet sind. Hier werden die Islamisten der kommenden Jahre geprägt und möglicherweise die Grundlagen für eine zukünftige Umgestaltung ganzer Staaten geschaffen. Schon jetzt weisen die gemäßigten Bewegungen, wie beispielsweise die ägyptischen und jordanischen Muslimbrüder, die vor allem im sozialen Bereich aktiv sind, die größte politische Breitenwirkung auf. Zur Durchsetzung ihrer politischen und gesellschaftlichen Ziele benötigen die islamistischen Gruppierungen Geld. Dies erwirtschaften sie teils selbstständig in einem stetig wachsenden islamischen Wirtschaftssektor, der davon profitiert, dass einfache Muslime ihr Geld nur selten Banken anvertrauen, die im Verdacht stehen, den im Koran verbotenen Zinswucher zu betreiben. Darüber hinaus würden viele Angehörige der Mittelschichten ihr Geld staatlichen Institutionen nicht anvertrauen. Islamische Banken und andere Wirtschaftsunternehmen operieren mittlerweile weltweit, und ihre Beziehungen zu islamistischen Gruppierungen werden in vielen Ländern heftig diskutiert. Außerdem existieren zahlreiche islamische Wohlfahrtsorganisationen, die vor allem in den reichen Golfstaaten florieren. Sie sind immer wieder in Krisenregionen präsent, in denen Muslime betroffen sind. Mittlerweile stehen einige von ihnen sogar unter dem Verdacht, terroristische Gruppierungen verschiedener Provenienz zu finanzieren.

Tatsächlich ist es oftmals schwierig, zwischen humanitären Hilfslieferungen und der Unterstützung für militante Gruppierungen zu unterscheiden. Ebenso wichtig ist jedoch die Unterstützung von Islamisten durch Staaten und internationale Organisationen. Einer der wichtigsten Financiers der Islamisten war bisher Saudi-Arabien, das beispielsweise die Taliban, die Islamische Heilsfront in Algerien und die palästinensische Hamas unterstützte. Darüber hinaus war die Förderung islamistischer Bewegungen und islamisch orientierter Erziehungsprogramme einer der Grundpfeiler saudi-arabischer Außen- und Innenpolitik seit den 60er Jahren, oft im Rahmen der Islamischen Weltliga und der Organisation Islamische Konferenz (OIC). Auf diese Weise strebte das Regime, gestützt auf die seit 1973 explodierenden Öleinnahmen, eine Führungsposition in der arabisch-islamischen Welt an. Doch diese Politik hat sich als gefährlich erwiesen. Denn Saudi-Arabien ist neben Ägypten und Israel der engste Verbündete der USA im Vorderen Orient, islamistische Bewegungen sind aber prinzipiell antiwestlich. Dieser Widerspruch blieb vielen jungen Islamisten nicht verborgen, so dass sie zu Gegnern des saudischen Regimes wurden.

So hat sich die saudische Regierung durch die Förderung islamistischer Bewegungen und Erziehungsprogramme mittlerweile ihre eigenen Feinde geschaffen, wie das Beispiel der teilweise religiös gebildeten saudi-arabischen Attentäter zeigt. Auch wenn die saudische Regierung in den kommenden Jahren vermutlich etwas vorsichtiger agieren wird, zeichnet sich in ihrer Politik keine Kehrtwende ab. Hinzu kommt, dass auch andere islamistische und säkulare Regime sowie wohlhabende Privatpersonen – vor allem in den reichen Golfstaaten – Islamisten unterstützen.

***

Die Ideologie der Wahhabiya ist von einer deutlichen Unterscheidung in Gläubige und Ungläubige geprägt. Als gläubig gilt den Wahhabiten aber nicht der gewöhnliche Muslim, sondern derjenige, der die Verhaltensvorschriften der Wahhabiya minutiös befolgt und ihre theologischen Ansichten vorbehaltlos übernimmt. Sie glaubten, in Koran und Sunna ein detailgetreues Abbild der idealisierten Frühzeit gefunden zu haben und versuchten unerbittlich, Gottes Gebote wortgetreu in die Tat umzusetzen. Im Najd des 18. und 19. Jahrhunderts waren das Rauchen, Musizieren und das Tragen seidener Kleidung verboten. Außerdem wurde das fünfmalige Gebet in der Gemeinschaft verpflichtend. Eine Religionspolizei, ähnlich der der Taliban, sorgte dafür, dass alle Vorschriften eingehalten wurden. Nach außen lieferte die Wahhabiya das ideologische Rüstzeug für die Expansion des saudischen Staates. Alle Nichtwahhabiten galten ihr als Ungläubige, die im jihad bekämpft werden sollten.
 

26.03.04 18:43

7336 Postings, 7751 Tage 54reabWahhabiten

Wahhabiten

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die Wahhabiten, seltener unter den Begriff Wahhabitismus gefasst, sind eine fundamentalistische Richtung des Islam, welche die strenge Einfachheit des Lebens verlangt, die Heiligenverehrung ablehnt und die Wirksamkeit fremder Fürbitte bei Allah leugnet. Die Bezeichnung Wahhabiten leitet sich vom Gründer dieser Richtung, Muhammad ibn Abd al Wahhab, ab; ihre Anhänger selbst bezeichnen sich als Muwahhidun, was die islamischen Einheitsbestrebungen der Richtung ausdrücken soll.

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1 Ursprung
2 Lehre
3 Geschichtliche Entwicklung
3.1 Erste Rückschläge - Begegnungen mit europäischen Kolonialmächten - Erster Weltkrieg
4 Wahhabiten heute
5 Wahhabiten in Saudi Arabien heute

Ursprung

Der Begründer Muhammad ibn Abd al Wahhab (* 1699 oder 1703, † 1792) stammte aus Diriyah, einem Ort in der Nähe des heutigen Riad.

Nach dem Besuch islamischer Schulen und heiliger Stätten auf der Arabischen Halbinsel und im damaligen Osmanischen Reich (heute Iran, Irak), kam er zu der Schlussfolgerung, dass sich der Islam in all seinen Richtungen weit von dem 'reinen' Ursprung entfernt habe; die derzeitigen Muslime betrieben seiner Auffassung nach Vielgötterei und verehrten materielle Objekte (z.B. Heiligengräber).

Er entwickelte seine Vorstellungen im Kitab at-tawhid (Arabisch "Buch der Einheit"), und predigte eine Rückkehr zu den Werten und der Lebensweise des Propheten Mohhammed.

Lehre

Wahhabbiten betrachten sich als die einzig wahren Muslime. Sie lehnen alle anderen Richtungen des Islam, insbesondere den Sufismus und die Schia, ab.

Geschichtliche Entwicklung

Die Vorstellungen al Wahhabs fanden keine Resonanz bei den sunnitischen Gelehrten seiner Zeit. Es folgte die Verbannung in seine Heimatstadt. Dort ergab sich ein religiös-politisches Bündnis zwischen al Wahhab und Ibn Saud, einem aufstrebenden Beduinenfürsten, aus dessen Fürstentum letztendlich der Staat Saudi-Arabien hervorgehen sollte.

Diese offiziell unter dem Osmanischen Reich stehenden Beduinen begannen einen beispiellosen Eroberungsfeldzug, der neben der machtpolitischen auch eine missionierende Komponente hatte:

  • Alle eroberten Stämme wurden vor die Wahl gestellt, sich der Bewegung al Wahhabs anzuschließen, oder sofort umgebracht zu werden. (Diese Form des Krieges ist einzigartig im Islam. Nicht nur, dass hier Muslime gegen Muslime kämpften. Traditionell wurde sogar Christen und Juden als 'Religionen des Buchs' zugestanden, sie seien keine Götzenanbeter, und sie konnten (diskriminiert) im Islam leben.)

Die Bewegung verzeichnete bedeutende Erfolge, bis sie mit dem Osmanischen Reich in engeren Kontakt geriet.

Erste Rückschläge - Begegnungen mit europäischen Kolonialmächten - Erster Weltkrieg

Mit dem Zerfall des Osmanischen Reiches nach dem Ersten Weltkrieg entstanden bei Vereinbarungen zwischen dem Völkerbund, dem Vereinigten Königreich und Frankreich im Nahen Osten die heute bestehenden Staaten.

Die beabsichtigte Aufspaltung der Arabischen Halbinsel in einen Teil im Osten und einen im Westen (Transjordanien, unter dem Hasemitischen Königshaus) wurde durch die militärischen Erfolge der al Saud Dynastie zunichte gemacht. Mit der Eroberung von Mekka und Medina entstand mit Saudi-Arabien ein dominanter Staat, der durch die bedeutenden Reserven an Erdöl gleichzeitig politisch und wirtschaftlich bedeutsam wurde. Diese Entwicklung schloss die politische Konsolidierung der Wahhabiten ab.

Wahhabiten heute

Viele islamistische Organisationen, sowohl in islamisch dominierten Ländern, als auch in Europa und Amerika, haben Verbindungen zum Wahhabitismus oder stehen ihm nahe.

Trotz des puritanischen Alleinvertretungsanspruchs der Wahhabiten unterstützen sie aus taktischen Überlegungen andere fundamentalistische Strömungen des Islam.

Zu nennen ist die der Salafiya nahestehende Muslimbruderschaft in Ägypten, die von Saudi-Arabien als Gegengewicht zum säkularen Staat Abdul Nassers begünstigt wurde. Aus ihr ging später unter anderem die Palästinenserorganisation Hamas als Nachfolgegruppierung des in den 40er Jahren entstandenen palästinensischen Ablegers hervor, der ebenfalls enge Kontakte zur saudischen Theokratie nachgesagt werden.

Die Taliban waren bislang die bekannteste Wahhabitische Organisation außerhalb Saudi-Arabiens. Die Terrororganisation Al-Qaida leitet sich von dieser Richtung des Islam ab.

Die Bezeichnung Wahhabiten wird in Russland, besonders auf dem Kaukasus, für islamische Fundamentalisten gebraucht, die - häufig aus dem arabischen Ausland kommend - einen von lokalen Bräuchen gereinigten Islam predigen. In der Zeit der Zerstörung und Orientierungslosigkeit nach dem Ersten Tschetschenienkrieg 1994-1996 gelang es ihnen, viele - besonders junge - Leute in Dagestan und Tschetschenien für sich zu gewinnen. Einige tschetschenische Rebellenführer schlossen sich den Wahhabiten an. Im Konflikt zwischen Aslan Maschadow und Achmad Kadyrow ging es nicht zuletzt darum, wie man den Wahhabiten begegnen sollte. Mit der saudi-arabischen Staatsreligion haben diese so genannten Wahhabiten oft wenig zu tun.

Wahhabiten in Saudi Arabien heute

In Saudi-Arabien ist der Wahhabitismus heute Staatsreligion. Das Konvertieren zu anderen Richtungen des Islam ist verboten. Gleichzeitig fördert der saudi-arabische Staat wahhabitische Organisationen in allen Teilen der Welt. Als Hochburg der Wahhabiten im heutigen Saudi-Arabien darf Riad genannt werden. Insbesondere in den südlichen Altbaustadtvierteln, das von armen Einwanderern aus Pakistan und Afghanistan dominert wird, ist der Einfluß groß. Ein besonderer Auswuchs der saudischen Wahhabiten ist die Religionspolizei, die Mutawas. Mutawas sind, neben der regulären Polizei, Wächter, die die Einhaltung sittlicher Normen in der Öffentlichkeit kontrollieren sollen. Ungewöhnlich ist ferner, dass während des Freitaggebetes die Predigt auf sehr laut gestellt wird, so dass das gesamte Moscheeumfeld beschallt wird. Wütende Hasstiraden auf die westliche Welt werden dabei abgelassen.

Wie in vielen anderen arabischen Ländern obliegt die Justiz dem Klerus, d.h. den Wahhabiten. Immer wieder wird von einem möglichen Staatsstreich gesprochen, den die Wahhabiten gegen das saudische Königshaus durchführen könnten.

 

26.03.04 18:51

7336 Postings, 7751 Tage 54reabKampf gegen das Fremde

W A H A B I S M U S

Kampf gegen das Fremde

Die Wahhabiten sehen sich als Krieger für die reine Lehre des Islam

Von Georg Brunold

Die rigide Version des sunnitischen Islam in Saudi-Arabien wird im Westen gewöhnlich als wahhabitischer Islam bezeichnet. Ihr Begründer, Scheich Mohammed Ibn Abdul Wahhab Ibn Sulaiman Ibn Ali Ibn Mohammed Ibn Ahmad Ibn Raschid al-Tamimi, wurde 1703 in Ayina nördlich von Riad geboren. Im Alter von zehn Jahren, so die Chronisten, hatte er den Koran bereits auswendig gelernt. Sein Vater, ein Richter, befand ihn daraufhin für fähig, das Gebet der Gemeinde zu leiten, und bereit, im selben Jahr verheiratet zu werden. Abdul Wahhab studierte insbesondere die Rechtsdogmatik Ahmad Ibn Hanbals (780-855), des Begründers der Hanbali-Schule in der damaligen Welthauptstadt Bagdad. Ibn Hanbal hatte den volksfernen Intellektualismus gegeißelt, der zwischen Gott und seinem Wort unterschied und die Bedürfnisse eines einfachen, unanfechtbaren Glaubens nicht zu befriedigen vermochte. Für Ibn Hanbals verfolgte Anhänger war der Koran gleichsam in einem Block vom Himmel gesandt; Menschen hatten ihm nichts hinzuzufügen. 900 Jahre später schrieb Abdul Wahhab auf dieser geistigen Grundlage das Buch der Einheit, das von der einfachen Natur Gottes und seiner Offenbarung handelt. Seine Anhänger, die als Wahhabi oder Wahhabiten bezeichnet werden, nennen sich selber al-Muwahhidun: die Unitarier.

Die zweite Quelle Wahhabs waren die Schriften des Hanbaliten Ibn Taimiya, der im frühen 14. Jahrhundert in Syrien lebte. Mit dem Zusammenbruch des abbasidischen Kalifats von Bagdad war auch die Idee der Khilafa, der rechtgläubigen weltlichen Herrschaft des Kalifen, hinfällig geworden. Nun bestimmte Ibn Taimiya die Weltordnung, und an die Stelle der Khilafa trat das im Koran offenbarte göttliche Gesetz der Scharia. Es war neben dem Unitarismus das zweite Element, welches den heutigen saudi-arabischen Islam bestimmt.

Dazu kam Ibn Taimiyas wirkmächtige Diagnose, dass der Islam der Abbasiden in Bagdad sich seine tödliche Schwächung durch fremde Einflüsse zugezogen hatte: durch die Logik und empirische Wissenschaft der Griechen einerseits und den Sufismus, die islamische Mystik, andererseits, in der er ein dem Islam feindliches, christliches Element sah. Es galt, die Verkündigung des Propheten von allen äußeren Einflüssen rein zu halten. Da nicht nur der mittelöstliche Kulturraum vom Hellenismus und vom Christentum nachhaltig beeinflusst ist, sondern der Koran auch reichlich von christlichen und alttestamentarischen Motiven zehrt, war und ist die Abwehr fremder Einflüsse ein ungemein durchgreifendes Programm.

Auf dieser geistesgeschichtlichen Grundlage fand Abdul Wahhab seine Gefolgschaft unter den Beduinen seiner Heimat, des Nedschd im zentralen Saudi-Arabien von heute. In einem Wechselspiel aus eigenen Expansionsgelüsten einerseits und Widerstand gegen die Osmanen und ihre ägyptischen Statthalter andererseits machten Wahhabs Nachfolger ihren Nachbarn in den folgenden Jahrhunderten schwer zu schaffen: 1802 etwa überfielen sie die Stadt Kerbela im heutigen Irak und verwüsteten die Grabmoschee Husseins, des Enkels des Propheten - Gott brauchte keine Kultstätten, sein Wort hatte zu genügen. Mit dem gleichen bilderstürmerischen Furor fielen sie ein Jahr später im Hedschaz an der Rotmeerküste ein, wo sie in Mekka die Kaaba und in Medina die Grabmoschee des Propheten verwüsteten - jene Heiligtümer, zu deren Beschützern sie sich im folgenden Jahrhundert aufschwingen sollten. Die ägyptischen Heere Mohammed Alis und seines Sohnes Ibrahim Pascha benötigten sieben Jahre, um die Wüstenkrieger zu bändigen und zusammen mit den Briten deren Führer von der arabischen Halbinsel zu vertreiben.

Kein Gesang, kein Parfüm

Als Saudi-Arabiens moderner Gründerkönig Abd al-Aziz Ibn Saud 1902 seinen Clan aus dem kuwaitischen Exil zurück nach Riad gebracht hatte, fand er sich rivalisierenden Clans gegenüber, die ihm nicht nur die Vorherrschaft über Abdul Wahhabs geistliches Erbe streitig machten. Die Ikhwan oder Brüder, wie sich ihre Krieger nannten, hielten denkbar wenig von jenem modernen Staat, der Ibn Saud vorschwebte. Während er sich an ihre Spitze zu setzen und ihren Radikalismus zu zähmen versuchte, indem er ihn für sich selbst in Anspruch nahm, hielten ihn der Widerstand der radikalen Clans und die Schlachten gegen sie lange Jahre bei der Verwirklichung seiner weiter reichenden Pläne auf. Als er schließlich 1932 das Königreich Saudi-Arabien ausrief, waren ihm sowohl die verbliebenen Rivalen durch seine multiplen Eheschließungen als auch das geistliche Establishment verpflichtet. Seither verlaufen die Fronten im Inneren der Königssippschaft, wobei die Unzufriedenheit mit der wahhabitischen Führungsspitze allerdings wiederum nur im Namen der reinen Lehre Abdul Wahhabs auftritt; 1975 hatte mit dieser Berufung ein Neffe den König Feisal erschossen.

Der wahhabitische Anspruch auf Reinheit des Islam richtet sich explizit gegen jede Art von fremdem kulturellen Einfluss, vor allem gegen die säkulare Wissenschaft auf heiligem Boden. Der Wahhabitismus ist eine Lehre, die die Frauen vom Lenkrad verbannt und ihnen in konservativeren Landstrichen auch Gesang, Parfüm und Blumentöpfe verwehrt und sich genauso unerbittlich wie gegen Außeneinflüsse auch gegen das kulturelle Erbe des islamischen Orients wendet, dessen Charakteristikum die Vielfalt ist. Für die Wahhabiten gibt es keinen Islam außer dem ihren.

Trotz der modernen Ausrichtung des Königreiches Saudi-Arabien kehrten, ermutigt von königlich bestallten Geistlichen wie Ibn Baz, die radikalen Ikhwan zurück; so brachten sie, zum Beispiel während der Pilgerfahrt von 1979, für zwei Wochen die Große Moschee in Mekka in ihre Gewalt. Die bin Laden-Familie, deren Baufirma die heiligen Stätten restaurierte, hatte bei der Stürmung mitzuwirken. Fest verankert im royalistischen Establishment, teilt sie das Schicksal der Königsfamilie, nimmt es vielleicht sogar vorweg: in Saudi-Arabien liegt man nicht miteinander, sondern mit sich selber im Clinch.

Die Ikhwan sandte man von nun an als Mudschahidin nach Afghanistan. Dort - wie bereits in Pakistans Koranschulen - hat Abdul Wahhabs Lehre inzwischen über Saudi-Arabien hinausgegriffen und unter den Zehntausenden von ägyptischen, sudanesischen, algerischen und anderen Freiwilligen auch an arabischem Boden gewonnen.

Die Zeit

 

26.03.04 18:55

139 Postings, 7419 Tage highflyersSahron, der größte Verbrecher, zusammen mit Bush !

"Terrorismus" bezeichnet nur die Form von Kriegsführung wenn man keine F-16 Kampfjets, Panzer usw. zur Verfügung stehen hat !

In dem Sinne: FREIHEIT FÜR PALÄSTINA ;-)

und auch wenn ich mir keine Freunde damit mache:  Die Juden haben nix da zu suchen.
Auch mal überlegen WER Sharon gewählt hat ? - Na ?

Eben, und die Juden haben GENAU gewußt was Sharon für ein Mensch ist.

Scheich Jassin ist im Vergleich zu Sharon ein friedliches Lämmchen:

1982 befiehlt Sharon als Verteidigungsminister im Libanon die Ermordung von Palästinensern in den Flüchtlingslagern und bezeichnet die Palästinenser als " Insekten",

oder wie war das mit den Giftgasangriffen auf Beirut beim dem 1000´de am Gas erstickt sind ?




HEITER WEITER, SaM (highflyers)  

26.03.04 19:08
1

7336 Postings, 7751 Tage 54reabnicht vom Elend gespiesen ...

Nazli Ilicak

Terrorismus – nicht vom Elend gespiesen


Wenn zwei Jahre nach dem 11. September 2001 die Frage nach den Hintergründen und dem Nährboden des Terrorismus wieder aufkommt, sollte ein verbreiteter Fehler korrigiert werden: dass Terrorismus sich aus Elend speist, durch unerträgliche Lebensbedingungen provoziert wird. Dafür plädiert der Psychologiedozent Urs Aeschbacher in der Neuen Zürcher Zeitung.

Die gängige These wurde nach den Attentaten von New York und Washington wieder und wieder vertreten: „Nicht im Islam, in der Ungerechtigkeit wurzelt der Terror“, überschrieb etwa die Basler Zeitung im November 2001 einen Beitrag der ‚aufgeklärten‘ türkischen Muslimin Nazli Ilicak. Die Meinung, Fanatismus erwachse aus Armut, lag unmittelbar nach den Anschlägen auch für den Nahostspezialisten Arnold Hottinger nahe.

Hottinger sagte der Berner Zeitung (14. September 2001), man finde die Attentäter in Krisengebieten wie Palästina, Irak und Afghanistan: „Wenn man nichts mehr zu verlieren hat, ist man zu allem bereit.“ Wenige Tage später wusste es die Welt besser (wogegen in arabischen Ländern noch lange eine Verschwörung von Feinden des Islam behauptet wurde): Die Terroristen gehörten der Al-Qaeda an – und die meisten waren Saudis. Die Ermittlungen zeigten dann, dass sie keineswegs Elendsverhältnissen entsprungen waren.

Trotzdem, so die NZZ, behaupten führende Politiker wie der deutsche Ausseminister Joschka Fischer und einflussreiche Autoren wie der Sozialist Jean Ziegler weiterhin, dass „fanatische Terrorakte letztlich im Elend wurzeln“. Ziegler meint in seinem neusten Buch nach gut materialistischer Denkweise, dass „der religiöse Fanatismus, der Integralismus jeglicher Provenienz - sei er christlich, jüdisch, islamisch, hinduistisch oder was immer - sich aus Elend und Ausgrenzung speist“.

Terror – zuerst in Europa, in der Französischen Revolution

Urs Aeschbacher findet diese These „in der von Ziegler behaupteten Allgemeinheit unhaltbar“ – und geht zuerst in die europäische Terrorgeschichte zurück. „Die europäische Geschichte kennt zur Genüge fanatische Terrorbewegungen, die keineswegs aus dem Elend, sondern mitten aus dem Bürgertum stammen.“ Laut dem Historiker François Furet bringt gerade die Demokratie paradoxerweise Menschen hervor, „die das soziale und politische System verabscheuen, in das sie hineingeboren sind; die die Luft hassen, die sie atmen“. Wenn zu solchem Selbsthass noch „ideologische Ergriffenheit, Gruppendynamik und Pathos der Tat“ hinzuträten, könne jederzeit eine „kompromiss- und rücksichtslose revolutionäre Leidenschaft“ entstehen.

Die französische Revolution durchlief eine schreckliche Phase des Terrors: Robespierre, ein Jurist aus gutem Haus, wollte alle, die seine Auffassung nicht teilten, mit der Guillotine ausrotten. Laut Aeschbacher kamen auch die „Anführer und die Hauptprotagonisten des NS-Terrors in der Weimarer Republik und im Dritten Reich nicht aus dem Elend“. Ihr Hass auf Juden, Liberale und Kommunisten entsprang einer Idee, von der sie besessen waren.

Terroristen hatten „überdurchschnittlichen Berufschancen“

Auch die Attentäter des 11. Septembers waren keine verzweifelten Burschen von der Strasse, sondern, so Aeschbacher, „gut ausgebildete Leute mit überdurchschnittlichen Berufschancen. Ihr Anführer Atta entstammte dem gehobenen Mittelstand Kairos. Omar Sheikh, der Atta das letzte Geld überwies, hatte in London gute Schulen und eine Eliteuniversität durchlaufen. Und auch der Drahtzieher Usama bin Ladin entstammte bekanntlich nicht dem Elend, sondern einer der reichsten Familien der Welt. Nach allem, was man aus Bekenner- und Hetzvideos sowie schriftlichen Äusserungen dieser Leute weiss, ging bzw. geht es ihnen um Religion. Es handelt sich um islamistische Überzeugungstäter.“

Nach Aeschbachers knapper Analyse wollen die Islamisten den Gottesstaat. „Jede Gesellschaft, in welcher nicht nach dem Buchstaben von Koran und Scharia gelebt und gerichtet wird, gilt ihnen als verderbt und daher nicht existenzberechtigt. Als Quelle dieser Verderbnis betrachten sie vor allem die westliche Moderne mit ihren menschengemachten Gesetzen, ihrem Individualismus und ihrer Liberalität, ihrer hedonistischen Lebensart. Diesem Westen, und vor allem und zunächst dessen amerikanischer Führungsmacht, haben sie tödliche Feindschaft geschworen.“

Aufrufe zum Töten im Koran

Die Fanatiker beziehen sich auf Fluchworte im Koran, in denen zur Ermordung von „Ungläubigen“ aufgerufen wird. „Wer, wie die Islamisten, überzeugt ist, dass der allgegenwärtige Einfluss des Westens den Islam verdirbt, wird aus solchen Versen leicht einen göttlichen Mord- und Zerstörungsbefehl herauslesen. Dass sie dabei die ebenfalls vorhandenen Aufrufe zu Frieden und Toleranz in ihrer heiligen Schrift ignorieren und sich schliesslich in jedem Sinne ausserhalb der Menschlichkeit stellen, haben sie durchaus mit Fanatikern anderer Religionen gemeinsam (auch mit ‚christlichen‘)“, schreibt der Psychologiedozent.

Die Extremisten kämpfen indes nicht nur gegen den technologisch überlegenen, unverschämt reichen Westen und die Globalisierung. Sie wollen auch die islamische Welt auf den Kopf stellen, weil sie die eigenen Gesellschaften und Regimes als verdorben ansehen. „Und wie immer stellt der Aufruf, mit totalem persönlichem Einsatz in einer verschworenen Gemeinschaft eine rettungslos morsche Gegenwart durch eine bessere neue Welt ersetzen zu helfen, besonders für junge Menschen ein starkes und verlockendes Identitätsangebot dar.“ Aeschbacher verweist auf die Erfolge der Islamisten bei Studentenwahlen an muslimischen Universitäten: „Radikale Idealisten haben selten Nachwuchsprobleme.“

Schiitische Verehrung für jene, die ihr Leben geben

Was junge Menschen, die gute Chancen fürs Leben haben (bessere als ihre Landsleute), zum Äussersten treibt und zu Selbstmordattentätern werden lässt, ist im Letzten gleichwohl rätselhaft. Der Terrorismusexperte Walter Laqueur vermutet „Menschen, die leicht bereit sind, charismatischen Führern und Heilsbotschaften (wie dem Jihad) zu folgen, deren kritischer Sinn unterentwickelt ist, die besonders begeisterungsfähig sind und mehr als durchschnittlich naiv, die nicht fragen wollen, sondern glauben“.

Im Islam schiitischer Ausprägung werden seit dem 7. Jahrhundert jene verehrt, die sich für die Sache Allahs aufopfern – die Stadtautobahnen in der iranischen Hauptstadt Teheran sind nach solchen Shahid-Helden benannt. Ihnen wurden und werden besondere Privilegien im Jenseits, grössere Nähe zu Allah im Tod zugesprochen. (Der christliche Begriff des ‚Märtyrers‘, des friedlichen, durch sein Gewissen endgültig bestimmten Glaubenszeugen, ist hier nicht am Platz; er wird vollends pervertiert, wenn der Suizid durch eine selbst gewählte Bluttat eintritt).

Durch die Khomeiny-Revolution im Iran, den Krieg mit dem Irak und den Afghanistankrieg breitete sich der Hang zur selbstmörderischen Tat auch unter Sunniten aus. In der Meinung, dass ihnen dadurch grösseres Heil zuteil werde, steigen seit Jahren Palästinenser mit Sprenggürteln in israelische Busse (und ihre islamistischen Lehrer halten sie nicht zurück). Mit dieser religiösen Vorstellung im Kopf steuerten offenbar auch die Attentäter des 11. September die gekaperten Jets ins World Trade Center und ins Pentagon.

Genügen Argumente und die Einladung zur Zusammenarbeit?

Darum kann man sich fragen, ob Aeschbachers Therapievorschläge genügen. Er plädiert dafür, der Verengung auf eine einzige radikale Idee, die jedes Opfer verlangt und rechtfertigt, frühzeitig mit Argumenten zu begegnen. „Im Falle der Islamisten bedeutet das, dass auch die grosse Mehrheit der gemässigten Muslime und vor allem die islamische Geistlichkeit in diese Aufgabe und Verantwortung einzubeziehen sind. Mit Blick auf die bei uns lebenden muslimischen Gemeinschaften bedeutet es die Forderung nach grösstmöglicher Transparenz und Zusammenarbeit in Bezug auf eine Fanatismusprävention auf ethisch-religiöser Ebene.“

Nötig sind wohl auch Analysen, die die enormen Klüfte und Spannungen im Islam angesichts der Globalisierung und der Rückständigkeit seines zentralen Gebiets, der arabischen Welt, erhellen. Der Islam-Experte Vincenzo Oliveti hat im Buch „Terror’s Source, The Ideology of Wahhabi-Salafism and its Consequences“ (Birmingham 2001, 2002), in dem er die Lehre der Wahhabiten darlegt, einen beunruhigend aktuellen Beitrag geleistet.

Der wahhabitische Islam ist die Staatideologie Saudi-Arabiens. Dies bedeutet, dass nicht nur Nicht-Muslime, sondern alle Nicht-Wahhabiten (z.B. Schiiten) Diskriminierung erleiden. Ausserhalb Saudi-Arabiens bezeichnen sich die Anhänger der wahhabitischen Lehre als Salafisten – wie die algerischen Entführer der Sahara-Touristen.

Alte Sicherungen ausgeschaltet


Oliveti sieht die Lehre der Wahhabiten nicht als eine besonders altertümlich-strikte Form des Islam. Er bezeichnet sie im Gegenteil als Sekte: als eine neuere, auf saudischem Boden herangezüchtete, „aggressive und repressive“ Entartung der Religion Mohammeds, welche die alten, von Gelehrten der islamischen Frühzeit eingebauten Sicherungen gegen Fanatismus ausgeschaltet habe.

Die Wahhabiten lehnen laut Oliveti die Überlieferung und die Ijma‘, den verbindlichen Konsens der Gelehrten, ab; sie wollen nichts von allegorischer Auslegung des Koran und von islamischer Philosophie wissen; „sie müssen dem, was irgendjemand sonst denkt, keine Beachtung schenken“. Nach der Analyse ist die Bewegung instabil und ihre weitere Entwicklung unabsehbar.

Salafistische Indoktrinierung

Die erste Ölkonzession des Herrscherhauses Saud an Standard Oil of California datiert von 1933. Die Wahhabiten haben die heiligen Stätten in Mekka und Medina in ihrer Hand. Mit den Geldern aus dem Erdölexport wurde der Fanatismus seit den 70er Jahren in alle Welt getragen. Zehntausende von Moscheen und Koranschulen wurden errichtet, um den wahhabitischen Islam von Indonesien über Zentralasien und Europa bis nach West- und Südafrika gegenüber älteren, toleranteren Auslegungen der islamischen Tradition durchzusetzen.

Viele der in Europa wirkenden Imame (muslimische Gemeindevorsteher) haben in Saudi-Arabien studiert, auch gebürtige Europäer können sich der Wucht der wahhabitischen Lehre nicht entziehen. Laut dem Umschlagtext von Olivetis Buch „kontrolliert die salafistische Bewegung Hunderte von religiösen Schulen, Waisenhäusern und andere Organisationen auf der ganzen Welt, in welchen jungen Menschen diese neue und hasserfüllte Sicht der Welt eingetrichtert wird“.

Erst mussten Bomben in Riad hochgehen...

Schon vor dem 11. September galt der Saudi-Staat, was Menschenrechte betrifft, als einer der repressivsten der Welt. Doch erst nach den Anschlägen erhöhten die USA den Druck auf die Regierung Riad, den Geldfluss zu Stiftungen zu stoppen, die fanatische Aktivitäten finanzieren.

Und erst nach den Terror-Anschlägen von Riad im Mai 2003 begann die saudische Regierung, entschlossen gegen Extremisten im eigenen Land durchzugreifen. Waffenverstecke wurden ausgehoben und Gruppen von Fanatikern festgenommen, wobei es oft zu Schiessereien kam. Viele Geistliche, die Intoleranz und Hass predigten, wurden ihres Amtes enthoben.

Bassam Tibi: Islamismus wird in Westeuropa verniedlicht

Washington hat dem Terrorismus den Krieg erklärt. Für Westeuropa dagegen diagnostiziert der in Deutschland lehrende Islamprofessor Bassam Tibi eine „Verniedlichung des Islamismus“. Die deutsche Aufregung über die Schandtat „liess sichtlich schnell nach“, schrieb er ein Jahr nach den Anschlägen im St. Galler Tagblatt.

Tibi wendet sich gegen den führenden Philosophen Jürgen Habermas, der zu uneingeschränkter Toleranz gegenüber „fremden Zumutungen“ aufgerufen und statt der Islamisten Präsident Bush angeklagt hatte: „Hierbei wird nicht erkannt, dass Islamisten Rechtsradikale und Terroristen sind. Für den Umgang mit ihnen benötigt man keine Sentimentalisierung, sondern Sicherheitspolitik. Im Geist des Gutmenschen betreiben diese Europäer aber lieber Selbstbezichtigung, anstatt sich ihrer Verantwortung bewusst zu werden und die Dinge zu verstehen.“



 

26.03.04 20:18

4428 Postings, 7755 Tage Major TomSelektive Wahrnehmung!

Bemerkenswert am Libanon-Krieg ist die selektive Erinnerung in der westlichen, vor allem in der deutschen Öffentlichkeit. Von einem fast zehnjährigen bizarren Bürgerkrieg mit Dutzenden von Klein- und Kleinstfehden, an denen lange Zeit Israel gar nicht beteiligt war, wo vielmehr christliche Milizen gegen palästinensische und drusische kämpften, die verschiedenen palästinensischen Fraktionen sich untereinander attackierten, sich schließlich auch noch syrische Truppen einmischten, wo bis zuletzt auf allen Seiten zig Massaker verübt wurden - von all dem ist im kollektiven Gedächtnis nur ein einziges Verbrechen geblieben: Sabra und Shatila. Wer erinnert sich heute noch an die anderen Massenmorde des libanesischen Bürgerkrieges? Das Massaker von Sabra und Shatila steht in Verbindung mit einem anderen, begangen 1975 von PLO-Truppen an der christlichen Bevölkerung des Küstenstädtchens Damur. »Aus den Überlebenden rekrutierten sich die Kommandotruppen, die später die Massaker von Sabra und Shatila begingen« (Steinbach/ Robert: Naher Osten). Warum wird bis heute Sharon für Sabra und Shatila verantwortlich gemacht, PLO-Führer Arafat aber niemals für Damur? Und wer weiß, daß es in Sabra und Shatila noch zu einem zweiten Blutbad gekommen ist, an dem die israelische Armee keine Schuld trifft? Es wurde 1985 von der schiitischen Amal-Miliz verübt, dabei starben »wahrscheinlich noch mehr palästinensische Zivilisten als beim ersten« (ebenda)." (Aus: Karl Selent, Milosevic in Israel, abgedruckt in konkret 3/2001)

Der Terror der PLO gegen jordanische Zivilisten war so schlimm, daß König Hussein sie in den Libanon vertrieb. Dort vernichtete die PLO die christlichen Städte Damur, Beit Mallat, Tall Abbas und andere. Über ihr Terrorregime berichtete lange Zeit niemand. Die internationale Presse war durch den brutalen Mord an denen, die es wagten, die Wahrheit zu erzählen, eingeschüchtert und schwieg. Larry Buchman und Sean Toolan von ABC TV, Mark Tryon vom "Freien Radio Belgien," Robert Pfeffer vom Spiegel und andere. Über 300.000 libanesische Zivilisten wurden bei der Vergewaltigung des Landes durch die PLO umgebracht, bevor die Israelis sie hinauswarfen. Dennoch wurde Israel als der Bösewicht hingestellt!

 

26.03.04 20:45

1849 Postings, 7920 Tage kunibertMajor Tom

ich kann Dir sagen warum.
Deine linken Freunde moralisieren nur und
haben nichts in der Birne - außer Vorurteilen.
Zum Glück bist Du eine große Ausnahme.

Schönen Abend noch  

26.03.04 21:29

8584 Postings, 8386 Tage Rheumax@Major Tom

Interessante Behauptung, dass Israel sich um die Rettung des Libanon verdient gemacht hat :-)
Sowas ähnliches haben andere für militärische Aktionen in Nachbarländern auch schon angeführt..

Nebenbei:
Auch wenn Scharon nicht der einzige Kriegsverbrecher in der Region sein sollte, ändert das nichts an der Tatsache (für die er sich nicht verantworten will).

Was Deinen Einwand des "nicht nur" für die amerikanische und israelische Verantwortung der Eskalation des islamistischen Terrorismus angeht, so lasse ich ihn gelten.
Probleme sind meist vielschichtiger, als sie sich in einem Satz darstellen lassen.

Aber z.B. wie löst(e) Israel seine eigene Bevölkerungsexplosion?
Durch Siedlungen auf anektiertem, also gestohlenem Land?

Nebenbei:
Ich halte Dich nicht für einen Linken, sondern im Kern für einen Liberalen.
Vielleicht finden wir deshalb trotz aller Gegensätze in den Meinungen gegenseitig irgendwie ein Auskommen.

Gruß und schönes WE
Rheumax


 

26.03.04 23:36

4428 Postings, 7755 Tage Major Tom@Rheumax

Ob Israel sich tatsächlich um die "Rettung des Libanon" verdient gemacht hat, dafür würde ich jetzt nicht gerade meine Hand ins Feuer legen. :-)

Ich stimme dir zu, dass die anderen Kriegsverbrechen nichts an der Tatsache ändern, dass Sharon seinen Verbündeten "erlaubte", den christlichen Falange-Milizen, in die palästinensischen Flüchtlingslager Sabra und Schatila einzudringen. Die Palästinenser waren die erbittertsten Feinde der Falangisten, was die Grundlage für deren Bündnis mit Israel bildete. In der Folge ereignete sich das Massaker, das ich keinesfalls schönreden wollte und selbst eine israelische Kommission, die die Grausamkeiten von Sabra und Schatila untersuchte, warf ihm vor, seine Pflicht sträflich vernachlässigt zu haben, weil er die Möglichkeit einer Schlächterei außer Acht gelassen habe.

Ohne wenn und aber, definitiv ein Kriegsverbrechen und hätte man Sharon zur Rechenschaft gezogen, dann wäre der Friedensprozess möglicherweise in Gang gekommen, ohne Sharon, der ja auch zu denen gehörte, die sich gegen Premierminister Rabins Friedensplan wandten - in jenem aufgeheizten Klima wurde Rabin 1995 ermordet.

[...] Aber z.B. wie löst(e) Israel seine eigene Bevölkerungsexplosion?
Durch Siedlungen auf anektiertem, also gestohlenem Land?


Hier halte ich es mit Uri Avnery, "80 Thesen für ein neues Friedenslager", ein Entwurf von Gush Shalom (und das ist kein "Lippenbekenntnis" meinerseits):

b) Die "Grüne Linie" wird die Grenze zwischen den beiden Staaten. Mit Zustimmung der beiden Seiten ist ein begrenzter Gebietsaustausch möglich.

c) Die israelischen Siedlungen auf dem Territorium des Palästinastaates werden geräumt.


Es ist eine sehr komplizierte und vertrackte Situation, schwierig (kaum) zu lösen und wie du geschrieben hattest: "Probleme sind meist vielschichtiger, als sie sich in einem Satz darstellen lassen." Im "Kern" bin ich gerne ein Liberaler und ich sehe es als positives Zeichen, dass wir trotz aller Gegensätze in den Meinungen irgendwie ein Auskommen finden.

Gruß und dir auch ein schönes WE
MT

PS Noch ein kleines "Schmankerl", denn manchmal hilft nur noch Sarkasmus, auch wenn in dem nachfolgenden Text sehr viel Wahres enthalten ist:

Herr Sharon und Herr Arafat

Das in der Mitte

ist der Herr Scharon. Sieht aus wie ein Mafioso. Isser aber nicht,
is'n Bulldozer. Der Herr Scharon walzt alles platt, was ihm im Weg
ist. Den Herrn Arafat, Gaza, Ramallah, den Friedensprozess und das
Lager in Dschenin. Da sind nämlich Terroristen drin. Die binden sich
eine Bombe um den Bauch und sprengen dann in Israel eine Disko in die
Luft. Das findet der Herr Scharon gar nicht toll, auch wenn ihm die
Musik in den Diskos nicht gefällt.

Das ist der Herr Arafat. Sieht

aus wie ein Alt-68er mit Arabertuch. Isser aber nicht. Der Herr Arafat
ist ein Terrorist. Macht aber nichts, denn der Herr Scharon ist ein
Kriegsverbrecher. Der hat nämlich vor 20 Jahren tausende von
Palästinensern im Libanon plattgemacht. Das tut ihm aber nicht Leid,
leid tut ihm nur, daß der Herr Arafat nicht dabei war. Der Herr
Scharon ist nämlich überhaupt nur in den Libanon gegangen, um den Herr
Arafat plattzumachen. Der hat da nämlich gerade einen fetten
Bürgerkrieg angefangen, nachdem ihn der König von Jordanien
'rausgeschmissen hat.

Sauer ist der Herr Scharon auch darüber, daß er als Nazi beschimpft
wird. Dabei ist er als Jude doch Opfer der Nazis, und hat das Recht
für sich gepachtet, andere als Nazi zu beschimpfen - und das macht
er auch mit allen, die Israel kritisieren, wo sie doch jetzt nur bei
Krieg gegen den Terror mitmachen. Dabei war der Staatsgründer von
Israel ja auch mal 'n Terrorist.

Der Herr Arafat will auch Staatsgründer werden. Von
Palästina. Schließlich halten die Israelis das Rest-Palästina seit 35
Jahren besetzt. Und weil er nichts besseres gelernt hat, versucht er
das mit Terror. Außerdem heißt das ja "Freiheitskämpfer", wenn man für
eine gerechte Sache kämpft. Und was gerecht ist, steht bei den
Israelis in der Thora, und bei den Palästinensern im Koran. Da steht
dann auch drin, daß sie sich gegenseitig die Köpfe einschlagen sollen,
weil sie das schon immer so gemacht haben.

Ja, dann ist ja alles in Ordnung. Was für ein Blödsinn sonst noch
geschrieben wird, das erfahrt ihr beim nächsten Mal.





 

26.03.04 23:42

4428 Postings, 7755 Tage Major Tom@kunibert

Das war ein nettes Posting von dir, na ja, nicht gerade für meine "linken Freunde", aber dein Satz mit der "Ausnahme" war schon nett, doch. :-)

Gruß und ein schönes WE
MT  

26.03.04 23:57

42128 Postings, 9014 Tage satyr@ Kunibert interesante These die Linken haben

nichts in der Birne,alle Linken oder nur die du kennst,oder kennst du alle
Linken.Tut mir Leid so eine Aussage kann nur von einem Dummkopf kommen.
 

27.03.04 00:04

42128 Postings, 9014 Tage satyr@ Major Tom sehr nettes Posting da

geb ich dir recht.Fast so gut wie Langhaarige stinken oder alle Juden
sind Shyloks.
Find ich echt prima.  

27.03.04 01:09

2683 Postings, 7492 Tage Müder JoeJa, und?

Ich hab nichts von  dem Scheiß hier gelesen.

Solange 80% der US-Präsidentenberater Juden sind, wird sich nichts ändern,

Scheiß drauf, alles Lüge in dieser Welt.

Mich interessiert das nicht, ich habe nichts zu verlieren, außer Schulden. Ich wiederhole mich: ich freue mich auf den nächsten Weltkrieg.  

27.03.04 01:35

9123 Postings, 8579 Tage Reila... erst bei 100 %?

Gute Nacht.  

27.03.04 07:55

9161 Postings, 8924 Tage hjw2dummheit

Die Ermordung von Scheich Ahmed Yassin ist ein schlimmes Verbrechen, aber es kommt noch eine Dimension hinzu, es ist ein Akt der Dummheit! Wir erleben damit den Beginn eines neuen Kapitels im israelisch-palästinensischen Konflikt, hebt doch das Attentat einen nach wie vor lösbaren, staatlichen Konflikt auf die Stufe einer religiösen Auseinandersetzung, die von Natur aus unlösbar ist.

Das Schicksal des Staates Israel liegt nun in den Händen einer Gruppe von Personen, deren Anschauungen zurückgeblieben und deren Empfindungen primitiv sind. Sie sind unfähig die mentalen, emotionalen und politischen Dimensionen des Konflikts mit den Palästinensern zu verstehen. Diese Gruppe besteht aus politischen und militärischen Anführern, die mit ihren bisherigen Aktionen nichts gewonnen haben. Nun versuchen sie, ihre Niederlagen durch eine katastrophale Eskalation zu überdecken.

Dieser Akt wird nicht nur die persönliche Sicherheit eines jeden Israeli gefährden - sowohl in ihrem Land als auf der ganzen Welt -, sondern auch die existenzielle Sicherheit des Staates Israel. Der Mord hat erneut die Hoffnungen auf ein Ende des israelisch-palästinensischen, des israelisch-arabischen und israelisch-muslimischen Konfliktes ad absurdum geführt.

Es sollte nicht vergessen werden, dass Anfang der achtziger Jahre die Besatzungsbehörden die Gründer der Hamas in der Erwartung unterstützten, sie würden ein Gegengewicht zu Yassir Arafat und seiner PLO bilden. Sogar während der ersten Intifada 1988/89 erfuhren Hamas-Aktivisten eine bevorzugte Behandlung durch die Armee und den Geheimdienst Israels. Scheich Yassin war erst ein Jahr nach dem Ausbruch der Unruhen verhaftet worden.

Es scheint keine Grenze für die Dummheit unserer politischen und militärischen Führer zu geben. Sie gefährdet die Zukunft des Staates Israel.

Uri Avnery

 

27.03.04 08:47

9161 Postings, 8924 Tage hjw2Feindbild Islam und Anti-Terror-Kampf

 

zum thema

 islamischen Antisemitismus 

textauszug

"..gehen wir einmal davon aus, Osama bin Laden ginge es nicht um die Befreiung des heiligen islamischen Landes von der US-Besatzung, und der Hamas-Führung in Palästina ginge es nicht um das Ende der israelischen Besatzung, sondern nur um Mord an unschuldigen Zivilisten - es bliebe immer noch die Frage offen, warum sich - viel mehr als vor dem Irak-Krieg - nicht nur Araber im Irak, sondern auch Moslems aus aller Welt, die in London, Rom, Madrid und anderswo leben, dem islamistischen Terror-Netzwerk anschließen.

Die Antwort auf diese Frage ist ziemlich einfach: Es ist die Demütigung einer ganzen Kultur, die junge Moslems in das Lager des Terrors treibt. Wie diese Erniedrigung aussehen kann, haben die Amerikaner vorgeführt, als einer ihrer Militärärzte Saddam Hussein vor laufender Kamera wie einem Pferd mit der Taschenlampe in den Hals leuchtete und auf seinem Kopf nach Läusen suchte. Die Botschaft war eindeutig - jeder Araber, jeder Moslem sollte wissen: wir haben die Macht, um notfalls euer Land zu besetzen, eure Ressourcen zu kontrollieren, in eure Häuser einzudringen - und diese Botschaft ist angekommen.

Ariel Scharon hat mit der Ermordung von Scheich Yassin auf seine Weise die Seele der Palästinenser wie der Moslems in aller Welt getroffen und damit eine neue Eskalation der Gewalt ausgelöst.

Die Demütigung einer traditionsreichen Kultur ist der Hauptgrund für die terroristische Gegengewalt und den "asymmetrischen Krieg". Selbst gutwillige Politiker im Westen haben diese simple Tatsache immer noch nicht begriffen, ganz zu schweigen von Bush und seinem Anhang, nicht zuletzt in Europa.

 Angesichts der Arroganz und offenkundigen Unfähigkeit - oder richtiger Unwilligkeit - diese Konfliktursache zur Kenntnis zu nehmen, muss man wegen der Zukunft des Irak ernsthaft besorgt sein. Driftet das Land in einen Bürgerkrieg, ist es nicht auszuschließen, dass den US-Truppen die Kontrolle völlig entgleitet und sie Hals über Kopf von Bord gehen.

Leider hat es das "alte" Europa bisher versäumt, für den Aufbau eines durch die UNO legitimierten, islamisch-europäischen Sicherheitskorps als Alternative zur US-Besatzungsmacht einzutreten, um dem Terror zu begegnen und den Aufbau eines neuen Iraks auf eine legitime Basis zu stellen. Jetzt könnte es schon zu spät sein -

vielleicht aber auch nicht...

Mohssen Massarrat

 

27.03.04 12:01

7336 Postings, 7751 Tage 54reabist da seine schützenwerte kultur die sich

bei folgender behandlung eines schlimmen diktators und massenmörders:

".... Es ist die Demütigung einer ganzen Kultur, die junge Moslems in das Lager des Terrors treibt. Wie diese Erniedrigung aussehen kann, haben die Amerikaner vorgeführt, als einer ihrer Militärärzte Saddam Hussein vor laufender Kamera wie einem Pferd mit der Taschenlampe in den Hals leuchtete und auf seinem Kopf nach Läusen suchte...."

erniedrigt fühlt und davon das recht ableitet unschuldige menschen in die luft zu sprengen?

ich habe viel an der arabischen kultur und am islam auszusetzen. so primitiv hab ich sie allerdings noch nie eingeschätzt. ihre vermeindlichen freunde - wie hier z.b. hjw - werden dazu beitragen, dass sie (die araber) irgendwann aus europa vertrieben werden.


 Salute 54reab - baer45: <a href=">www.baer45.de.vu">

 

27.03.04 13:47

9161 Postings, 8924 Tage hjw2bear, stimme dir zu


keiner weint wegen saddam, es geht um die botschaft die gesendet
und empfangen wurde, und was sie bewirkt...

sicherlich ein schlecht gewähltes beispiel...
 

27.03.04 21:21

139 Postings, 7419 Tage highflyersAmis, Juden und Kapitalisten


Amis, Juden und Kapitalisten = der Untergang der Welt !

PROST ;-)



HEITER WEITER, SaM (highflyers)  

03.04.04 16:59

9161 Postings, 8924 Tage hjw2für ein jüdisches erbe, dass dem zionismus abschwö

Der israelische Schriftsteller Michael Warschawski verwirft den permanenten Präventivkrieg seines Landes

Kurz aufjaulen vor Empörung über die israelische Politik gegenüber den Palästinensern und sich im nächsten Augenblick auf den Mund hauen, mit dem Unbehagen oder gar Schamgefühl, solche Verurteilung stünde niemandem von außen zu, vor allem nicht Deutschen. Sich krümmen bei Bildern von den Mordschauplätzen - aus Mitleid mit den zufälligen Opfern und aus Grauen vor der Todesbereitschaft der jungen Selbstmordattentäter. Und eine Nacht später am Bildschirm stumm zusehen, wie Palästinenserinnen über die Trümmer ihrer Wohnhäuser steigen, die eben als Strafe von Panzern der Israelis in kühler Aktion zum Einsturz gebracht wurden. Heimlich der unheimlichen Angst nachspüren, dass die Anschläge eines Tages auch hier Alltag werden könnten. Immer verwirren Emotionen das Denken, wenn es um Urteile über Kriege geht, aber selten ist diese Mischung so lähmend wie beim Nahost-Konflikt, der seit Jahrzehnten vor aller Augen ausgetragen wird.

Klarheit gewinnen ist am ehesten möglich, wenn man Israelis wie Michael Warschawski zuhört und erlebt, wie eindeutig er seine Anti-Sharon-Haltung erklärt, ohne jede rhetorische Pflichtübung zum Verständnis für israelische Ängste, ohne Rückversicherungen.

Jeder hat das Recht, in seinem Garten eine Mauer gegen die Nachbarn zu bauen

Warschawski lebt seit 1965 in Jerusalem, wohin er mit 16 Jahren aus Straßburg, aus der Familie des dortigen Groß-Rabbiners, gegangen war, um den Talmud und die Thora zu studieren. Er kennt alles aus eigener Erfahrung: Militär, den Krieg von 1967, Kibbuzim, besetzte Gebiete, Kriegsdienstverweigerung, Haftstrafen, das politische Personal des Landes, natürlich die jüdische Religion, die Diaspora, die Geschichte der Juden und die der Araber auch.

Er gab 1971-1984 die Monatszeitschrift Mazpen (Kompass) heraus, gründete dann das Alternative Informationszentrum (AIC) in Jerusalem, dessen Direktor er lange war und das er heute im Welt-Sozialforum vertritt. Seine Frau ist Anwältin und hat viele Palästinenser vor Gericht vertreten. In diesen Tagen befindet er sich auf Lese-Reise mit seiner gerade bei Nautilus auf Deutsch erschienenen Autobiografie An der Grenze. In Berlin hat ihn die Rosa-Luxemburg-Stiftung eingeladen. Nach der Ermordung von Scheich Yassin kürzt er seine Lesungen, um Diskussionen Raum zu geben.

Jeder habe das Recht, in seinem Garten eine Mauer gegen die Nachbarn zu bauen, sagt Warschawski, auch wenn er es selbst für eine große Dummheit halte, denn Nachbarn zu haben, sei gut. Aber die Mauer im Garten des Nachbarn hochzuziehen und den Wasserhahn auf der eigenen Seite zu lassen, das sei Aggression. Schlüsselwort der israelischen Politik bleibe Separation, die der Zionismus zu seiner Losung gemacht hat. Trennung der Völker.

Warschawski zeichnet einen tiefen Gegensatz zwischen der jüdischen Tradition und dem Zionismus. Der habe akzeptiert, dass Homogenität der Normalzustand für einen Staat sei: ein Volk, eine Religion, eine Sprache. Nationale Minderheiten tauchen in diesem Konzept vom Ende des 19. Jahrhunderts als "Problem" auf, das zu lösen sei. Dafür findet in Israel jedes Jahr eine hochrangige Tagung von politischen, ökonomischen und militärischen Strategen statt. Die letzte war auf das "demografische Problem" fokussiert. Die Zionisten betrachten die hohe Geburtenrate der Palästinenser als eine "Bombe". So empfahl die Konferenz, eine unüberwindliche Grenze zu errichten, eine hohe Mauer zwischen den Völkern.

Eine neue israelische Identität werde eine jüdische, keine zionistische sein, davon ist Warschawski überzeugt. Sie bedeute die Rückbesinnung auf ein Erbe, das der Zionismus abgelehnt hat. Die Diaspora-Juden hätten in zwei Jahrtausenden eine eigene Art des In-der-Welt-Seins entwickelt und eine tiefe Verbindung mit der westlichen und arabischen Kulturen hervorgebracht. Das lehnten die Gründerväter Israels ab, sie hassten die Diaspora und wollten aus den Eingewanderten etwas Anderes machen.

Am Tag von Warschawskis Lesung erscheint ein Interview mit dem israelischen Militärhistoriker Martin van Creveld (*), das wie nebenbei das eigentliche Ziel Sharons, die Palästinenser in einen Krieg zu ziehen und zu vertreiben, enthüllt. Zugleich wird auch die Mentalität sichtbar, die sich in Israel bei denen herausbildet, die in der Nähe der Macht sind. Creveld führt anfangs Distanz vor, als sei er leidenschaftsloser Beobachter und beginnt mit Kritik an der Ermordung Yassins. Aber es geht ihm nur um den Zeitpunkt, nicht den Akt: "Man hätte sich solche Maßnahmen bis zum endgültigen Abzug aus Gaza aufsparen sollen." Die Mauer nennt er sinnvoll, schon die Berliner Mauer habe den Beweis geliefert, "dass Mauern im Allgemeinen funktionieren", äußert er ohne Eifer. Die DDR sei doch zuletzt an der Mauer gescheitert, wird ihm entgegen gehalten. "Wir haben keine andere Wahl: Mauer oder Untergang", sagt Creveld dann doch mit Pathos. Aber wenn sich die Palästinenser Raketen besorgen und über die Mauer schießen? Darauf kommt entwaffnend offen die Antwort: "Das kann ich nur hoffen." Und er erläutert der verblüfften Interviewerin, dann "können wir mit unseren Mitteln zurückschlagen. Und diese Mittel sind enorm".

Dem ehemaligen Premier Ehud Barak, möchte Warschawski eine Goldmedaille für Rassismus verleihen. Als er von einer amerikanischen Zeitung gefragt wurde, was Israel für ihn sei, antwortete er: Eine Villa im Herzen des Dschungels. Barak meinte nicht Villenbewohner, die gegen Hüttenbewohner kämpfen. Sie könnten immerhin eines Tages Frieden schließen. Mit einem Dschungel aber geht das nie. Er ist die ewige Bedrohung, und die Antwort ist ein permanenter Präventivkrieg der Villa gegen die muslimische Welt.

Was für eine Villa ist Israel? fragt er. 27 Prozent der Kinder leben unter der Armutsgrenze, das sind Zahlen der Nationalen Versicherungsagentur. Eine Villa mit einem Keller, wo die Hälfte der Bewohner lebt! Das einzige Mal, da Warschawski scharf und laut wird.

Viele junge Israelis verlassen das Land, die Söhne der Siedler bleiben

Die Grenze, um die es heute geht, habe einen zweiten Aspekt, der im absoluten Gegensatz zu dem Prinzip der Trennung stehe. Warschawski nennt es die räumliche Dimension: Israel vermeidet es bisher, seine eigenen Grenzen festzulegen. Kein Vertrag fixiert sie. Zwischen den Menschen wird eine harte Grenzlinie gezogen, andererseits gibt es keine Grenze. Der Raum soll offen bleiben.

Wegen dieses Doppelcharakters der Grenze müssten Anhänger des Friedens, so Warschawski, sowohl Grenzgänger als auch - zuweilen - Grenzwächter sein. Sie müssten die Grenze überwinden und Tore öffnen, aber sie müssten auch das eigene Militär hindern, in die besetzten Gebiete einzumarschieren. Viele junge Leute aus dem gebildeten, urbanen Mittelstand verließen das Land, bedauert Warschawski. Sie waren das Rückgrat einer moderaten Friedensbewegung. Jetzt gehen sie weg - die Söhne der Siedler bleiben.

Zum Schluss erreicht ihn aus dem Saal die Frage, was er von der Trauerminute am Anfang des Abends halte, die nur den Opfern der israelischen Politik gegolten hätte. Tumult im Raum: das sei nicht wahr, es ging um die Opfer auf beiden Seiten. Nachdem das irgendwie geklärt ist, fährt der Fragende fort: Ob es stimme, dass sich Warschawski weigere, die Palästinenser zu kritisieren? Den regt die Frage auf: Sie sei keine Überraschung, sagt er ein wenig müde. Diese Frage komme immer. Sie habe nichts mit dem zu tun, was hier gesagt wurde. Sie sei vorher fertig im Kopf. Aber er wolle antworten: Kritisieren dürfe man alles, es sei oft eine Pflicht. Aber der Kontext müsse stimmen. Wenn ein Palästinenser den Terrorismus kritisiert, habe das unendlich viel mehr Bedeutung, als wenn Deutsche oder er als Israeli das tun. Es zähle, wer spricht, wann gesprochen wird und mit wem. "Wenn ich den Mord an Scheich Yassin kritisiere und sofort die Frage höre: Aber was sagst du zum Terror der Hamas, dann antworte ich nichts in dem Augenblick. Denn jetzt spreche ich über Yassin. Über den Terrorismus werde ich morgen sprechen. Jeder Terrorismus, jeder gewaltsame Akt gegen die Zivilbevölkerung - ob von Individuen oder von einer Armee ausgeführt - ist inakzeptabel vom ethischen, vom politischen Standpunkt aus. Als Bürger eines Staates, der Terror permanent als politisches Mittel einsetzt, habe ich 95 Prozent meiner Zeit zu nutzen, den Terrorismus meiner Regierung, meiner Armee, vielleicht meiner Nachbarn, möglicher Weise sogar meiner Kinder zu verurteilen. Und zu fünf Prozent drücke ich meine negative Meinung über den Terrorismus der Palästinenser aus, die Opfer meines Staates sind."

Marina Achenbach

 

03.04.04 17:16

9161 Postings, 8924 Tage hjw2interview mit Martin van Creveld

Die Geschichte lehrt: Die Mauer funktioniert

Der israelische Historiker Martin van Creveld über die Lage nach der Tötung Ahmed Jassins

Herr van Creveld, war es klug, Hamas-Führer Ahmed Jassin zu ermorden?

Diese Aktion ist innenpolitischen Gründen geschuldet. Unser Premier Scharon war immer gegen Konzessionen. 1967 eroberte er Gaza. Zwanzig Jahre später war er dort für die Unterdrückung der ersten Intifada zuständig. Jetzt will er sich aus Gaza zurückziehen. In der eigenen Partei und bei den ganz rechten Koalitionspartnern sieht man ihn deshalb fast als Verräter. Er wollte beweisen, dass man den Terrorismus trotzdem weiter bekämpft.

Hätte es auch einen einen anderen Todeskandidaten gegeben?

Stabschef Moshe Ya alon hat offen davon gesprochen, dass auch PLO-Chef Yassir Arafat und der Chef der libanesischen Hisbollah, Hassan Nasrallah, im Visier stehen. Nasrallah ist der Führer einer feindlichen, terroristische Organisation. Dass man ihn zu töten versucht, halte ich für wahrscheinlich. Arafat hingegen wird von den Amerikanern beschützt.

Vor allem der Armee muss doch aber klar sein, dass sie mit solchen Aktionen ihr Land in den Ausnahmzustand versetzen müssen, um es vor der Rache der Islamisten zu schützen?

Die Liquidierung Jassins war ein Zugeständnis an die Armee und an Verteidigungsminister Shaul Mofaz, die den Rückzug aus Gaza verhindern könnten.

Warum würden sie das wollen?

Unsere Armee hat seit vielen Jahren keinen Krieg mehr gewonnen. Sie mussten aus dem Libanon abziehen, jetzt sollen sie Gaza räumen. Das sehen sie als Niederlage. Und das bedeutet, dass sie zukünftig nicht mehr in der Lage sind, Kriege abzuwehren und unsere Sicherheit zu garantieren. Es geht hier auch um Status und Geld - eine Armee muss ihren enormen Verteidigungshaushalt mit Erfolgen rechtfertigen können. Deshalb bekämpfen sie die Islamisten härter als je zuvor.

Warum bezeichnen Sie diese Intifada als Krieg und nicht als Aufstand, Konflikt, Terrorismus oder Unruhen?

Meiner Definition nach ist ein Krieg die organisierte Benutzung von Gewalt für einen politischen Zweck. All das ist hier gegeben, immerhin sind die Attentate keine Aktionen von Einzeltätern.

Die israelische Regierung will den Terror bekämpfen und trägt gleichzeitig zu seinen Ursachen bei. Können Sie noch eine klare Linie in der Politik Scharons erkennen?

Er hält seine Karten sehr bedeckt. Ich habe keine Ahnung, was er in der nächsten Zukunft will. Aber er weiß, dass wir uns aus Gaza zurückziehen müssen. Das ist eine Art Niederlage. Nur kann er das nicht öffentlich eingestehen. Kein Staatsführer könnte das.

Erstaunt Sie die Einhelligkeit, mit der die Liquidierung Jassins international verurteilt wurde?

Ich lebe seit 54 Jahren in Israel. Daran sind wir gewöhnt. Ich bedaure Jassins Tod nicht. Wer durch das Schwert lebt, wird durch das Schwert umkommen. Aber man darf sich fragen, ob Yassins Tod uns nützt.

Also: Nützt Jassins Tod irgendjemandem?

Man hätte sich solche Maßnahmen bis zum endgültigen Abzug aus Gaza aufsparen sollen. Was bringt es, einen Terrorführer umzubringen, wenn niemand weiß, wann genau wir uns zurückziehen? Wir müssten unsere Mauer fertig- stellen, einen Zeitraum für den Abzug festsetzen, und ein Attentat der Terroristen dazu nützen, hart zuzuschlagen. Und uns dann endgültig zurückziehen. Dann sieht es auch nicht nach Niederlage aus.

Die Islamisten wollen eine Vernichtung Israels - Rückzug oder Mauer werden sie nicht abhalten.

Ich habe lange in Berlin gewohnt. Während der Mauerzeit war es trotz Kaltem Krieg das ruhigste Pflaster der Welt. Die Geschichte zeigt, dass Mauern im allgemeinen funktionieren.

An der Mauer - und der durch sie entstandenen Isolation - ist die DDR aber auch zu Grunde gegangen.

Wir haben keine andere Wahl als Untergang oder Mauer. Außerdem sind wir ohnehin von der arabischen Welt abgeschnitten. Palästinenenser töten uns in unserem eigenen Gebiet. Bewegte ich als Jude mich in deren Gebiet, wäre das ein lebensgefährliches Unterfangen. Wir sollten endlich diese kleinen Teilstückchen von Mauern, die einzelne Siedlungen schützen, zu einer großen Mauer zusammenfügen. Unser Schutz mag auch dann nicht hundertprozentig funktionieren, aber wesentlich besser als jetzt.

Mauern schützen nicht gegen modernere Waffentechnik. Die Palästinenser könnten sich doch mit ausreichend Raketentechnik versorgen?

Das kann ich nur hoffen.

Warum?

Im konventionellem Bereich sind wir den Palästinensern tausendfach überlegen. Sollten sie uns nach einem Rückzug immer noch angreifen, können wir mit unseren Mitteln zurückschlagen. Und diese Mittel sind enorm.

Im Libanon lernte die israelische Armee, dass sie gegen eine GuerillaTruppe nicht gewinnen kann. In der Intifada lernt sie die gleiche Lektion noch einmal. Warum sieht man in Israel nicht ein, dass es militärisch sehr viel klüger ist, sich zurückzuziehen, um die Auseinandersetzung dann auf einer konventionellen Ebene und zwischen zwei Staaten zu führen?

Warum hat es so lange gedauert, bis die Deutschen eingesehen haben, dass der Zweite Weltkrieg verloren war? In den meisten Gesellschaften findet man es schwierig, altes Denken aufzugeben.

Verstehen die Israelis, dass auch dieser Krieg verloren oder wenigstens nicht zu gewinnen ist?

Ja, fast achtzig Prozent befürworten inzwischen einen Rückzug aus dem Gazastreifen. Scharon hat ja kein Problem mit der öffentlichen Meinung, sondern mit den Rechten in seiner Partei und seiner Koalition und mit einigen Kräften in der Armee.

Wie steht es mit einem Rückzug aus der West Bank?

Auch dieses Gebiet werden wir früher oder später räumen. Noch ist die Öffentlichkeit nicht wirklich dazu bereit. Auch Scharon wird das nicht mehr schaffen, denn er ist jetzt Mitte siebzig. Der Bau der Mauer wird uns helfen. Nach einigen Disputen wird sie ja auch am richtigen Ort verlaufen, nämlich mehr oder weniger entlang der Grünen Grenze von 1967.

Selbst wenn sich hinter dieser Mauer ein islamistischer Staat bildet, wäre sie die beste Option?

Davon bin ich fest überzeugt.

Das Gespräch führte Sylke Tempel.

Martin van Creveld // Van Creveld, einer der führenden Militärhistoriker der Gegenwart, wurde 1946 in Holland geboren. Seit 1950 lebt er in Israel und lehrt seit 1971 an der Hebrew University in Jerusalem. Als militärischer Berater ist er in der gesamten westlichen Welt tätig.

Zuletzt erschienen von van Creveld: Das bevorzugte Geschlecht (2003), Frauen und Krieg (2001), Aufstieg und Untergang des Staates (2002), Die Zukunft des Krieges (1998).

Foto: Protestdemonstration nach dem Tod Ahmed Jassins in Amman

 

bz  26.03.04

 

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