Gäste heißt man willkommen, auch wenn es sich um Staatsgäste handelt. Sie, Mrs Bush, bekleiden ein hohes Amt an der Spitze der einzigen Supermacht unserer Zeit, & ich bin mir sicher, man wird Sie in Deutschland entsprechend empfangen. Es ist mir immer ein Rätsel gewesen, wie erwachsene Menschen einem Idol, einem Star oder eben einem Politiker zu Ehren Spalier stehen & Konfetti streuen können. Ich habe es also nicht auf einen Händedruck von Ihnen abgesehen. Viel eher gehöre ich zu den Menschen, die den gesunden Abstand zum Regenten über die lange Strecke pflegen. Ihre Person & Ihre Politik sorgen für viel Gesprächsstoff. Es wird Ihnen nicht entgangen sein, dass man auch hierzulande von Unlust geplagt wird, wenn Sie wieder einmal ein Abkommen kündigen oder andere Staaten zu bloßen Befehlsempfangsstellen degradieren. Sie haben ein recht alternierendes Verständnis von Bündnispartnerschaft. Wer Ihnen nicht zu Diensten ist, kann von Ihnen sehr bald in den Stand der Ungnade versetzt werden: Das Böse ist ansteckend, & Sie höchstpersönlich - ein Texaner alter Schule - haben sich vom Tage Ihres Dienstantritts an zum Super Desinfector aufgeworfen. Die Feindmarkierung gelang Ihnen zur profilbildenden Maßnahme, & GOTT - Amerikas Erster Staatsbürger - hielt Seine Hand über Ihr Haupt. Seitdem Sie Seinen Willen hienieden vollstrecken, ist das Weiße Haus der Horst der Falken. Sie lösen Konflikte mit der Handkante, sie machen Politik mit dem Schülerlineal. Ein Blick auf die Weltkarte genügt, um Schurkennester auszumachen. Den Taliban-Halunken haben sie den Garaus gemacht, & bei aller Freude kommen wir Deutschen doch ins Grübeln. Einst ballerten die Mudschaheddin (übersetzt: Gotteskrieger) mit Amerikas freundlicher Unterstützung die Teufelsmeute der Bolschewiki zurück ins Reich der Finsternis. Dann ballerten sie so lange aufeinander, bis die Koranpuristen aus Pakistan mit dem Blödsinn aufräumten. Heute aber, nach den glorreichen Kehrwochen unter Ihrer Führung, stützen die Vereinigten Klanmilizen ein von Ihnen installiertes Kolonialregime. Doch wie man hört, ist die Ordnung wieder hergestellt, die Bauern bauen Mohn an & wissen neue Herren über sich. Der Rohstoffbedarf diktiert Ihre Politik, die Grenzen fallen oder werden einfach überrannt, der globalisierte Markt ist nicht mehr als die Börse der Großunternehmer - einer Camouflage, wie sie zu der Europäer Zufriedenheit Ihr Vorgänger beherrschte, bedarf es heuer nicht. Sie müssen nicht durch ein Blasinstrument Rentnerjazz hinpfeifen, auf dass Ihnen die Herzen der stolzesten Frauen zufliegen. Sie haben uns alle überzeugt: Die Europäer, die Sie vor nicht allzu langer Zeit für einfältige Couponschneider hielten, ziehen nun mit Ihnen in die Schlacht. Mr Bush, Sie machen Ihren Job, & ich bin aufgeklärt genug, von Ihnen nichts zu erwarten. |