Das Ende der Web-Euphorie? Grausam

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eröffnet am: 04.12.00 11:31 von: DarkKnight Anzahl Beiträge: 1
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34698 Postings, 8644 Tage DarkKnightDas Ende der Web-Euphorie? Grausam

Es war die Zeit, in der die Dinge noch so richtig schön einfach waren. Wer vor, sagen wir, zwei Jahren an die Börse ging, ging selbstverständlich an den Neuen Markt. Und wer an den Neuen Markt ging, musste sich zum Zwecke der Anlegerfantasie natürlich einen New-Economy-Touch zulegen, vorzugsweise durch Investitionen ins Internet. Die Odeon Film AG aus Geiselgasteig bei München zum Beispiel, seit April 1999 auf dem Kurszettel, ist eigentlich ein lupenreiner Produzent von TV-Serien und Kinofilmen. Aber auch bei ihr gehörte es zum guten Ton, beim Going Public vollmundig den Einstieg in den E-Commerce als dem künftigen dritten Standbein anzukündigen. Und Konsortialführerin HypoVereinsbank sprach in der Emissionsstudie von "einigen hunderttausend DM", die für den Aufbau einer Internet-Plattform erforderlich seien, und von einem "laufenden Pflegeaufwand", den man "vernachlässigen" könne.
Ende der Web-Euphorie
Tja. Mittlerweile haben viele Firmen am Neuen Markt und mit ihnen einige Research-Abteilungen in den Banken lernen müssen, dass die Sache mit einem funktionierenden E-Commerce nicht so einfach und vor allem, was die Anlaufkosten betrifft, teuer ist. Auch bei Odeon ist die Euphorie verflogen. Andreas Pres, der vergangenen Februar den glücklosen Michael Zrenner als Vorstandssprecher des Unternehmens abgelöst hat, spricht Klartext. "Das Internet-Engagement steht auf dem Prüfstand", sagt er im Gespräch mit der Börsen-Zeitung. Schließlich sei die Akzeptanz von Verlusten im World Wide Web bei Investoren merklich gesunken.
Zwar existiert für das im September vergangenen Jahres gestartete Web-Portal Filmstadt.de ein neuer Business-Plan, der den Break-even für Ende 2002 vorsieht. Doch der Vorstandssprecher lässt durchblicken, dass er bei dem derzeitigen, recht heterogenen Angebot der Filmstadt (Nachrichten aus der Film- und Fernsehwelt, Chatrooms, Online-Shopping) weiteren Verbesserungsbedarf sieht. Pres denkt insbesondere an die gezielte Produktion von Bewegtbild zu geringen Kosten für das Internet, also an die Nutzung des spezifischen Know-how des Produzenten Odeon für dieses Medium: "Das wäre ein strategischer Schritt", sagt der Vorstandssprecher, der darauf verweist, dass auch die TV-Sender, also die Hauptkunden von Odeon, immer mehr im Netz präsent sein müssten.
Um bei diesen Plänen voranzukommen, ist Pres auf der Suche nach Partnern, die entweder Inhalte oder Technologie für das Web bieten sollen. Über den Stand der Gespräche schweigt er. Sollte sich aber dieses Konzept nicht realisieren lassen und sollte auch die Filmstadt.de nicht den gewünschten Geschäftsverlauf zeigen, lässt der Vorstandssprecher keine Zweifel daran, dass der Ausflug der Odeon ins Internet nur eine kurze Episode sein wird: "Wir werden keinen Dauerverlustträger dulden." Bis zum Ende des ersten Quartals 2001 solle über die Zukunft der Sparte entschieden werden. Die Internet-Aktivitäten des Konzerns sind derweil bereits unter dem Dach einer Holding namens Odeon New Vision GmbH gebündelt worden, was - je nach Sachlage - die Aufnahme von Partnern oder den Verkauf erleichtert.
Bereits 2001 positives Konzern-Ebit?
Ein Ergebnis dieser Neuorientierung ist, dass der Odeon-Vorstand die Ausgaben für den Internet-Auftritt bereits in diesem Jahr gesenkt hat. Wie Mitte dieser Woche bekannt gegeben, führt dies 2000 zu einem gegenüber der Planung voraussichtlich um gut 20% geringeren Konzernverlust vor Zinsen und Steuern (Ebit), der nun bei -3,5 Mill. Euro liegen dürfte. Auch für das kommende Jahr besteht laut Pres die Chance, dass das Ebit unter dem bisherigen Planwert von -2 Mill. Euro bleibt. Der Vorstand lässt offen, ob dann bereits operativ schwarze Zahlen geschrieben werden. Dabei räumt er ein, dass jede Ergebnisplanung "große Unsicherheiten" berge, da im Gegensatz zu den Internet-Investitionen die zweite große Stellschraube für den Ertrag, der Erfolg der Kinoproduktionen beim Publikum, nun einmal nicht kalkulierbar ist. Sollte etwa das 17 Mill. Euro teure internationale Soldaten-Epos "Buffalo Soldiers", das gerade produziert wird und für das Odeon alle Deutschland-Rechte besitzt, zu einem Kassenknüller werden, könnten alle Planungen - im positiven Sinne - schnell Makulatur sein.
 

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