Ich verstehe deine Ansichten und dementsprechend auch deine Vorwürfe.
Jedoch muss man zu Anfang zwei Begriffe ganz klar trennen - die Treuepflicht ggü. dem Unternehmen und die, gegenüber den Aktionären. Eine Treuepflicht ggü. den Aktionären als solche ist nicht klar geregelt, zumal sie sich normalerweise auch aus der Treuepflicht ggü. dem Unternehmen ergeben sollte. Handele ich im Sinne des Unternehmens, handele ich auch im Sinne meiner Anteilseigner.
Das Unternehmensinteresse hing, da man Schuldner gesicherter Verbindlichkeiten war, maßgeblich vom Interesse der Gläubiger ab. Ein zusammenwirken würde ich unterschreiben, Kollusiv hingegen nicht. Deswegen schrieb ich ja - wären die HFs am fortbestehen interessiert gewesen, hätte man über Fälligkeitstermine und nicht über Restrukturierungspläne verhandeln müssen. Das Zusammenwirken ist auch kein Geheimnis, denn der Restrukturierungsplan wurde ja erst dann erweitert, als sich die Gläubiger darauf einließen.
Einen Vorschlag auszuarbeiten - wohlwissend, dass sich die Gläubiger auf keinerlei Spielraum hinsichtlich der Fälligkeitstermine einlassen (vor 15.12) - wird der Treuepflicht m.M.n gerecht, denn im Sinne des Unternehmens ist vorerst alles „besser“ als die Insolvenz. Mal Spekulativ gesagt: Hätte das Unternehmen versucht gegen die Gläubiger zu Arbeiten, hätten sie uns in die Insolvenz getrieben und ich bin mir mehr als nur sicher, dass dann alle nach einem Vergleich oder WHOA geschrien hätten.
Objektiv betrachtet war zu keiner Zeit offensichtlich erkennbar, dass Unternehmensangehörige maßgeblich zur Schädigung des Unternehmens beitragen wollen, beigetragen haben oder beitragen. Auf der Hauptversammlung bezog man sich allein auf die Faktoren, die einen Vergleichsvorschlag möglich gemacht haben und gleichzeitig erklärte man, dass basierend auf selbigen eben ein WHOA oder eine Insolvenz erfolgen kann.
Rein die Kommunikation des Unternehmens erachte ich auch als fragwürdig. Bezieht man die angeführten makroökonomischen Faktoren mit ein stellt sich die Frage, ob Steinhoff nicht gerade deshalb - und wenn es nur ein Argument wäre - gut begründen könnte, dass zum Beispiel zwischen Verhandlungen mit potentiellen neuen Gläubigern und Korrespondenz mit den alten zu wenig Zeit verging und man diverse Zwischenergebnisse in der Form wie sie vielleicht vorlagen, nicht mit dem Markt kommunizieren konnte. Wir dürfen nicht vergessen - die Geschichte zwischen der SdK und Steinhoff schien ja, selbst lt. dem Gericht, ziemlich eindeutig. Trotzdem wurde Steinhoff von 15 Anwälten begleitet.
In Frage stelle ich auch nach wie vor den Begriff der Enteignung. Der Gesetzgeber sieht die Möglichkeit der Enteignung nur dann, wenn man angemessen entschädigt wird (im Zivilrecht ist eine Enteignung wie sie hier vorgeworfen wird meines Wissens nach nicht mal vorgesehen). Selbst wenn irgendein Mensch diesen Begriff tatsächlich versuchen würde zu belegen, würden die CVRs dagegen sprechen. Das spielt hier aber schon rechtlich gesehen keine Rolle.
Das Unternehmen konnte, anlehnend an das Urteil vom 21.06, glaubhaft darlegen, dass seine Zahlen, also die Zahlungsunfähigkeit, stimmen. Das Unternehmen verfügt also kurz gedacht über keinerlei finanzielle Mittel, die es seinen Anteilseignern innerhalb der Liquidation zufließen lassen könnte. Die Anteile sind also, obgleich sie an der Börse einen anderen Wert haben, eigentlich wertlos.
Insofern sehe ich keinen Wert von dem wir hätten Enteignet werden können. Deshalb ist die Verwendung dieser Begrifflichkeiten m.A.n vollkommen absurd.
Man sollte die Richtlinie und die entsprechenden Verfahren nicht anhand von Steinhoff kritisieren. Das wird dem der ganzen Sache einfach nicht gerecht. Die Pflicht zum erweiterten Risikomangement fasst den Rahmen der Treuepflicht ja im Grund noch enger. Wo früher ein Unternehmer sagen konnte - Wir schaffen das schon - kann er heute vielleicht schon rechtlich belangt werden. Der Abstand zwischen „Klappt schon“ und „war nix“ ist eben oftmals zu gering gewesen, liegt nicht zuletzt an der Entwicklung des gesamten Finanzmarkts / weltweiter wirtschaftlicher Abläufe.
Steinhoff war, bezogen auf die Treuepflicht, erstmal dazu verpflichtet Klagen und andere Dinge abzuwickeln, Step 1 und 2. Das die Fälligkeitstermine maßgeblich fürs fortbestehen des Unternehmens sind, war hinreichend kommuniziert. Ebenfalls war offensichtlich, dass die alternative zur Umschuldung die Fälligkeit am 30.06 seien könnte. Das Steinhoff Step 2 und 3 parallel laufen lassen wollte, wäre unter normalen Bedingungen vertretbar gewesen. Da aber unvorhersehbare Umstände eintraten (Krieg, Inflation etc) konnte man diesen Plan aber nicht einfach Rückgängig machen, zumal der Markt dafür auch viel zu wenig Spielraum gelassen hätte. „Wenn die Klagen vom Tisch sind, schaffen Wir uns die Gläubiger vom Hals“ - war damals mein Eindruck. Wenn ich die Gläubiger aber nicht vom Hals bekomme, muss ich das kommunizieren und gleichzeitig eine alternative schaffen, weil der Gesetzgeber im Zweifel WHOA anordnet.
Zusammengefasst Steinhoff hat unter Anfangs normalen Bedingungen einen 3 Schritte Plan ausgearbeitet, der schlussendlich am wichtigsten Punkt aufgrund unvorhersehbarer, makroökonomischer Faktoren, scheiterte. Vergessen darf man ebenfalls nicht, dass die Gruppe durchweg überschuldet war und Aktionäre zu keiner Zeit „im Geld“ gewesen wären. Ob nun vor dem 15.12 oder danach. Die Spekulation lag also auf longterm - Schwarze Zahlen und Kursgewinne in der Zukunft.
Alles nur meine Meinung keine HF. |