DAX-Belegung: Hannover Rück oder Infineon? eigentlich hatte die Deutsche Börse mit der Regeländerung im Frühjahr dieses Jahres beabsichtigt, mehr Stabilität in den Index zu bringen. Dies gelang ihr nach dem heutigen Stand wohl mehr schlecht als recht. Der Rückversicherer Hannover Rück droht im September schon wieder aus dem DAX herauszufallen, dem vormaligen Absteiger Infineon winkt hingegen die Rückkehr in den Kreis der Eliteauswahl. Nun ist grundsätzlich nichts gegen einen erneuten Austausch nach den Kriterien der DAX-Aufnahme zu sagen, aber in diesem Fall scheint es, als dass die neuen Regeln noch immer nicht ausreichend kritisch ausgestaltet sind. Entscheidend sind nach wie vor die Entwicklung der Kurse und Börsenumsätze beider Titel in diesem Monat.
Seit der Etablierung der Marke DAX im Jahre 1988 kam es in den ersten zwölf Jahren im Schnitt zu einem Wechsel pro Jahr im Standardwerte-Index. Mit Beginn erhöhter Volatilität um den Jahrtausendwechsel erhöhte sich aber die Schlagzahl spürbar. Die Wechselquote erhöhte sich auf drei Titel pro Jahr in der ersten Hälfte des neuen Jahrtausends und fand ihren Höhepunkt zwischen September 2008 und März 2009 mit dem Austausch von fünf Papieren. Starke Kursverluste und neue Anteileigner veränderten die Gewichtung mancher Unternehmen so stark, dass auch die bisherigen Kriterien keine Kontinuität gewährleisten konnten. Die Rolle rückwärts zwischen Hannover Rück und Infineon sehen viel Fondsmanager kritisch.
Umsatzzahlen als Achillesferse
Bis zum Monatsende läuft nun noch die Frist für die Aktie von Hannover Rück, um den Abstieg aus dem DAX zu verhindern. Nach aktuellem Stand erfüllt die Aktie der Hannover Rück nicht die Mitglieds-Regeln für DAX-Mitglieder. Demnach wird ein DAX-Wert dann ersetzt, wenn er bei der Marktkapitalisierung und den Börsenumsätzen schlechter als auf dem 40sten Platz notiert. Hannover Rück findet sich bei den Börsenumsätzen nur auf Platz 42. Das wenig Überraschende: Eine Neuigkeit ist das nicht wirklich, denn schon bei der DAX-Aufnahme überzeugte der Titel in dieser Disziplin kaum. Ein reger Umsatz ist aber das Mindeste was Anleger bei einem Elite-Index von einem seiner Mitglieder erwarten dürfen. Knapp die Hälfte der Anteile werden von dem Großaktionär Talanx gehalten, ein reger Umsatz ist deshalb so gut wie nicht zu erwarten.
Infineon hat demgegenüber sei März seinen Aktienkurs verzehnfacht. Im Bezug auf die Marktkapitalisierung liegt die Aktie auf Rang 30, bei den Börsenumsätzen verbesserte sich der Wert auf Platz 25. Mit der vollzogenen Kapitalerhöhung gelang den Münchnern zudem eine deutliche Ausweitung der umlaufenden Aktien von 700 Millionen auf 1,1 Milliarde Stück. Die Chancen für den Chiphersteller auf eine DAX-Aufnahme haben sich also deutlich erhöht.
Kurzfristige Einflussnahme möglich
Noch haben die Anhänger der Hannover Rück-Aktie aber den Kampf um die DAX-Mitgliedschaft nicht aufgegeben, denn die Aktie hat sich im Juli deutlich besser als der Blue-Chip-Index entwickelt. Im August muss der Titel den DAX aber um mindestens 10 Prozent outperformen, um eine Chance auf einen Index-Verbleib zu haben. Erscheint das in normalen Börsenzeiten nahezu unmöglich, könnte das wegen des Kampfes um die Mitgliedschaft im Deutschen Aktienindex durchaus gelingen.
Hierzu sollten Investoren vor allem aufmerksam die Entwicklung an den Terminbörsen im Auge behalten. Dort lässt sich mit der entsprechenden Strategie relativ einfach der Kurs von relativ umsatzarmen Aktien beeinflussen. Institutionelle Anleger werden sich schon früh so positionieren, dass sie einer Indexumstellung möglichst schadlos davon kommen. Eine Zunahme der Volatilität in den entsprechenden Aktien wäre vor diesem Hintergrund nicht überraschend.
Sauberer Aufwärtstrend
Keine Aktie hat neben Volkswagen in den vergangenen Wochen die Gemüter so bewegt wie jene von Hannover Rück. Etwa fünfzig Prozent betrug der Kurszuwachs seit dem jüngsten Tiefpunkt Mitte Juli. Auf dem Weg nach oben ist das Papier aber aus charttechnscher Sicht schon seit Oktober letzten Jahres. Damals gab es einen kleinen Ausverkauf mit Kursen unterhalb von 15 Euro und eine umgehende Trendwende mit einem schnellen Comeback der Bullen. Seither arbeitete sich die Aktie langsam aus dem Kurskeller nach oben und drehte sowohl die kurzen Durchschnitte als auch den 200-Tage-Linie nach oben. Die Argumente für die Bären schrumpften so Tag für Tag.
Die Etablierung eines steilen Aufwärtstrendkanals bringt die Bären noch mehr in die Defensive. Rückschläge, wie der aktuelle, erzeugen nicht wirklich Verkaufsdruck und rufen deshalb die Schnäppchenjäger auf den Plan. Einzig der MACD und die Slow Stochastik signalisieren, dass die Bullen kurzfristig ein wenig überreizt haben könnten. Die laufende Konsolidierung dürfte aber nicht weit tragen.
Eine kräftige Unterstützung liegt im Bereich zwischen 29,20 und 29,60 Euro. Dort verläuft auch der untere Rand des Aufwärtstrendkanals. Nur ein deutliches Abgleiten unter diese Zone würde den Bären die Chance auf ein weiteres Abrutschen bis 28 Euro eröffnen. Können die Bullen hingegen ihre Trendbewegung wieder aufnehmen und den horizontalen Widerstand bei 32,20 Euro aus dem Markt nehmen, wäre eine weitere Aufwärtswelle bis 35,41 Euro zu erwarten. Auf dieses Szenario scheint auch die Mehrheit am Terminmarkt zu setzen. |