Die Finanzmärkte spielen "V-förmige Erholung", die Stimmung bei den Entscheidungsträgern und sonstigen "Gurus" wird immer besser. Zahlreiche Stimmungsindikatoren verbessern sich - zuletzt ist der ISM-Index der amerikanischen Einkaufsmanager wieder über 50 gestiegen und signalisiert damit Expansion. Gleichzeitig zeigen aber harte Makroindikatoren Ermüdungserscheinungen und die kritischen Stimmen mehren wieder. Wer hat recht?
Die OECD hat jüngst ihre eigenen, aus dem Juni stammenden Prognosen nach oben revidiert. Jetzt wird damit gerechnet, dass die Erholung der Weltwirtschaft früher startet. Für die G7 wird jetzt ein negatives Wachstum in diesem Jahr von 3,7% erwartet, zuvor hatte man mit minus 4,1% gerechnet. Für 2010 wird weiterhin mit schwachem Wachstum gerechnet. Die EZB sieht Anzeichen einer Stabilisierung und nachlassendem Deflationsdruck. Für 2009 wird einer Kontraktion des BIP in der Euro-Zone zwischen 4,4 und 3,8% gerechnet. In 2010 sollen es zwischen minus 0,5 und plus 0,9% an Wachstum werden. Die Inflationsrate soll 2009 zwischen 0,2 und 0,6% liegen, 2010 sollen es 0,8 bis 1,6% werden.
Die US-Wirtschaft nach Einschätzung von Richard Fisher, Präsident der Fed von Dallas, über einen langen Zeitraum hinweg nur schwach wachsen und hohe Arbeitslosenquoten verzeichnen. Die Unternehmen litten unter mangelndem Preisgestaltungsspielraum und schwacher Nachfrage. Sie dürften daher weiter ihre Finanzpläne straffen und Arbeiter entlassen.
Die Banken des Euroraums soll im Zuge der Krise bis Ende 2010 rund 600 Mrd. Euro verlieren, sagt Jürgen Stark, Direktoriumsmitglied der EZB. Bisher sind es rund 300 Mrd. Euro. Die EZB warnt, das Gegenpartei-Risiko in der europäischen Bankenlandschaft sei erheblich. CDS-Kontrakte seien zunehmend in Händen weniger, großer Institutionen (oft anderen Banken) konzentriert. Stark äußerte sich zurückhaltend über die sich anbahnende Konjunkturerholung in der Eurozone: Nach kleineren Finanzkrisen habe es in der Vergangenheit vier bis fünf Jahre gedauert, bis die Wirtschaft zu ihrem Niveau vor der Krise zurückgekehrt sei.
Kenneth Rogoff warnt vor einer neuen Krise, nach der Schuldenkrise stehe ein Kreditkrise an. Die Regierungen hätten sich bei dem Versuch, im Finanzsektor einen Boden einzuziehen, übernommen. Die hierzu aufgenommenen Schulden führten unweigerlich dazu, dass Staaten in massive Probleme kämen. Staatsbankrotte gebe es entweder direkt oder über Inflation.
Nouriel Roubini nennt sieben Gründe für eine schwache U-förmige Erholung. Darüber hinaus gibt Roubini zwei Gründe für einen double-dip an, einen W-förmigen Verlauf. Für "U" spricht: Schwache Beschäftigungslage in den USA, weitergehendes Deleveraging, Schuldenabbau bei den Verbrauchern, weitergehende strukturelle Schwäche im Finanzsektor, schwache Unternehmensgewinne, die Gefahr, dass öffentliche Ausgaben private Investitionen ersetzen, sinkende Wahrscheinlichkeit, dass das US-Handelsbilanzdefizit durch Länder mit Leistungsbilanz-Überschüssen "finanziert" wird (wie früher - Deutschland, China, Japan).
Für "W" spricht nach Roubini: Wenn Politik und Zentralbanken zu früh auf Ausstieg aus ihrer Krisenstrategie gehen, oder wenn sie zu spät aussteigen (dann besteht das Risiko einer Bond-Krise mit stark steigenden Zinsen). Zum zweiten treibt Überschuss-Liquidität die Rohstoffpreise, über die die Kosten der Unternehmen steigen, während gleichzeitig die geringe kaufkräftige Nachfrage (Arbeitsmarkt) den Unternehmen nicht die Möglichkeit gibt, die Kosten zu überwälzen. Die W-Möglichkeit hatte ich in einem Artikel vom 5. Juni 2009 angesprochen.
Robert Shiller haut in dieselbe Kerbe: Er sagt für die nächsten fünf Jahre eine enttäuschende wirtschaftliche Entwicklung voraus. Die erste Welle der Krise sei zwar vorbei, aber analog zur Großen Depression zwischen 1929 und 1941 könnte bald eine weitere folgen.
http://www.goldseiten.de/content/diverses/artikel.php?storyid=11499
Welche Anzeichen deuten auf eine Erholung der Kreditmärkte hin?
Es gibt mehrere Signale, die mit den Endstadien einer Rezession vereinbar sind. Zum einen beobachten wir einen Rückgang der Herabstufungen der Bonität von Emittenten außerhalb der Finanzbranche. Auch die Negativtendenz, also der Anteil der Emittenten mit negativer Prognose oder negativen Ratings bei Creditwatch, geht zurück. Seit ihrem jüngsten Höchststand vom März dieses Jahres sind beide rückläufig.
Außerdem beobachten wir derzeit eine Einengung der Renditeaufschläge, da sich der Markt seit dem Fall von Lehman Brothers im vergangenen Jahr auch weniger um das Ausfall- und Liquiditätsrisiko sorgt. So hat sich der Aufschlag für spekulative Unternehmensanleihen (Bonitätsnote BB+ oder schwächer) seit seinem Höchststand vom Dezember um 928 Basispunkte eingeengt, und auch am Kapitalmarkt haben wir Verbesserungen gesehen.
Mittlerweile haben auch die Aktienindizes seit dem Tiefpunkt der Rezession deutlich angezogen, obgleich sie noch einiges an Wegstrecke vor sich haben, um an ihre Höchststände vor der Rezession anzuknüpfen.
Gibt es weitere Hinweise darauf, dass es sich um einen echten Aufschwung handelt?
Der Anleihenmarkt ist wieder zum Leben erwacht. Seit Anfang des Jahres wurden außerhalb des Finanzsektors Unternehmensanleihen mit Investment-Grade-Status (Bonitätsnote BBB- oder höher) im Wert von 291 Milliarden Dollar emittiert, während sich die Emission von spekulativen Anleihen auf 64 Milliarden Dollar belief. Unternehmen mit Investment-Grade-Rating können sich die Märkte leicht erschließen. Auch als spekulativ bewertete Unternehmen mit höherem Rating können es schaffen, ihre Schulden zu refinanzieren, obgleich die Kosten hoch bleiben.
Ist also das Schlimmste vorbei? Hat die Kreditqualität ihre Talsohle erreicht?
Es scheint so. Tendenziell stabilisiert sich die Kreditqualität am Ende oder gegen Ende einer Rezession, und die Indikatoren, die wir sehen, deuten darauf hin. Neben der beginnenden Verbesserung der Kreditqualität und einem besseren Rating-Mix lässt sich noch ein weiteres Zeichen eines Aufschwungs erkennen: stärkere Gewinne. Die Unternehmensgewinne scheinen im letzten Quartal 2008 ihre Talsohle durchschritten zu haben - ein Quartal, bevor die Herabstufungen ihren höchsten Stand erreichten. Dies steht im Einklang mit den beiden vorhergehenden Rezessionen.
Darüber hinaus, basierend auf den im zweiten Quartal 2009 bekannt gegebenen Gewinnen der Aktiengesellschaften, übertreffen die positiven Überraschungen bei den Gewinnen die negativen derzeit mit einem Verhältnis von 1,9 zu 1.
http://www.faz.net/s/...4F992ED3BF30EFC434~ATpl~Ecommon~Scontent.html
Es ist daher festzuhalten, dass die Gewinne der Unternehmen sprudeln sollten, bei hoher Arbeitslosenraten. Die Unternehmen litten unter mangelndem Preisgestaltungsspielraum und schwacher Nachfrage. Sie dürften daher weiter ihre Finanzpläne straffen und Arbeiter entlassen bzw. bei steigender Unternehmenrrente warten bis der Hochpunkt erreicht ist und dann wieder einstellen.
Gruß Marlboromann |