KULTURBOTSCHAFTERIN AFRIKAS Angélique Kidjo über Fußball-WM, Musik und Image ihres KontinentsParis (apn) Wenn am (morgigen) Donnerstag der Party-Startschuss zur Fußball-Weltmeisterschaft mit einem Konzert im südafrikanischen Soweto fällt, wird eine kleine Frau mit einer großen Stimme in vorderster Reihe stehen, die seit knapp zwei Jahrzehnten als Kulturbotschafterin Afrikas gefeiert wird: Angélique Kidjo. In einem Allstar-Aufgebot, zu dem unter anderen die Black Eyed Peas und Alicia Keys gehören, will die Sängerin aus Benin ihren Kontinent musikalisch feiern. Ihre Botschaft bringt sie schon vorab auf den Punkt: „Die WM bietet die Chance, die Schönheit, die Vielfalt, die Talente und das Leben in Afrika in ein positives Licht zu rücken. Wir, die Leute meines Kontinents wissen, wie man richtig Party macht und wir möchten die Tatsache mit der Welt teilen, dass Afrika nicht mit Hungersnot gleichzusetzen ist.“ Die Kidjo sitzt auf dem Trottoir eines Pariser Straßencafés nahe der Champs Elysées. Müde sei sie, weil sie gerade aus Nairobi und Kapstadt kommt und auf dem Weg in die Seine-Metropole noch einen Zwischenstopp in Zürich einlegte. Dort traf sie sich mit FIFA-Präsident Sepp Blatter, der die singende Weltgereiste bereits im letzten Jahr zum offiziellen WM-Kick Off ins Boot holte. Prompt verkündete sie vor der versammelten Weltpresse selbstbewusst, dass ihr Kontinent das Zentrum der Welt sei und man vorab gut trainieren müsse, um vor den Fußballhoheiten Afrikas nicht von vornherein als Verlierer dastehen zu müssen. Sie betrachtet die Inszenierung der WM in Afrika, allen im Westen geäußerten Bedenken zum Trotz, als positive Entwicklung für ihren Kontinent: „Für Afrika ist die WM eine große Sache, weil erstmals ein global beachtetes Ereignis den Fokus auf einen Teil unseres Planeten lenkt, der wieder und wieder negative Schlagzeilen macht.“ Aber damit wischt die von der UNESCO zur Sonderbotschafterin für afrikanische Frauenrechte berufene Sängerin die Probleme des afrikanischen Kontinents nicht weg: Von Fairness beim Ausbeuten afrikanischer Bodenschätze könne nach wie vor keine Rede sein, ein Ende der Aids-Pandemie sei auf Grund archaischer Gesellschaftsstrukturen und religiöser Doktrin längst nicht in Sicht, sagt sie. „Eigentlich ist es manchmal zum Verzweifeln, wenn ich in Afrika erlebe, wie sich ein ganzer Kontinent immer wieder von innen heraus zu humanitären Katastrophen zwingt. Ich bin trotzdem von der positiven Kraft meiner Leute in Afrika überzeugt und glaube, dass die WM zum Erstarken des afrikanischen Selbstbewusstseins beitragen wird. Mit einem gesteigerten Selbstwertgefühl kann man vielen negativen Einflüssen, auch von Außen, trotzen.“ Sie weiß aus eigener Erfahrung, wovon sie spricht. 1960 im westafrikanischen Benin geboren, wuchs sie in einer kunstinteressierten Familie auf. Ihre Mutter führte ein Theater, ihr Vater und ihre Brüder sammelten Schallplatten amerikanischer Rock-, Soul- und Jazzmusiker. Dem Ausfall einer jungen Sängerin im Theater ihrer Mutter verdankte sie ein Schlüsselerlebnis, das ihr Leben entscheidend prägen sollte. Ohne schnellen Ersatz für die ausgefallene Sängerin finden zu können, schickte Mama Kidjo kurzerhand die eigene, sechsjährige Tochter auf die Bühne. „Die WM wird das hoffentlich jedem klarmachen“ „Da stand ich plötzlich unerwartet auf einer Bühne und musste singen. Zunächst lachte das Publikum als es mich als verschüchterte Person im Licht erblickte, weil man dachte, dass ich ein belustigender Teil der Inszenierung war. Aber als ich zu singen begann, lachte keiner mehr. In dem Moment spürte ich, dass ich mit meiner Stimme etwas bewegen konnte.“ Still geworden ist es um die inzwischen 50-Jährige seither nicht mehr. Weil sie keine staatstragenden Lieder singen wollte, floh sie Anfang der 80er Jahre vor der kommunistischen Regierung ihres Landes nach Paris, studierte dort kurzzeitig Jura und widmet sich seither ausschließlich dem kulturellen und politischen Brückenbau zwischen Amerika, Europa und Afrika. Afro-Funk-Hits wie „Agolo“, der 1994 weltweit zum Radio-Dauerbrenner wurde, machten die Kidjo zur Kulturbotschafterin Afrikas. Für ihr vorletztes Album, „Djin Djin“, auf dem Joss Stone, Peter Gabriel, Carlos Santana und Alicia Keys ihrer gemeinsamen Freundin Tribut zollten, bekam sie einen Grammy. Ihr neues Album „Oyo“, dessen Titel in ihrer Muttersprache Yoruba für Schönheit steht, ist eine Reminiszenz an ihre musikalische Früherziehung in Benin, die von Jimi Hendrix, Miriam Makeba, Santana und den komplexen Rhythmen ihrer Heimat geprägt war. Warum James Browns Funk-Klassiker „Cold Sweat“ in ihrer Version noch ein bisschen mehr funky als das Original klingt, erklärt sie mit dem Blick auf den Eiffelturm. „Ich liebe dieses architektonische Meisterwerk nach wie vor. Die Idee des Monsieur Eiffel entdecke ich inzwischen überall in der Welt, vor allem in Brückenbauten. Aber warum auch nicht? Die Vergangenheit, die Tradition, ergibt im besten Fall die Moderne. So wie Afrika die Mutter der meisten, westlichen Musikspielarten ist. Grob betrachtet ist letztlich überall ein Stück Afrika vorhanden. Die WM wird das hoffentlich jedem klarmachen.“ (AP) Quelle: www.epochtimes.de/articles/2010/06/09/586278.html Passend zum Thema  |