Marnettes Wutrede"Bankster in den Landesbanken"von Thomas Steinmann (Hamburg)Selten hat der Rücktritt eines Landesministers einen so großen politischen Eklat ausgelöst wie der von Schleswig-Holsteins Wirtschaftsminister. Nach seinem Abgang im Zorn legt Werner Marnette kräftig nach - und präsentiert er sich als schärfster Kritiker der Landesbanken.Lange genug hat Werner Marnette in aller Ruhe dagesessen, hat am Bügel seiner Brille geknabbert und sich angehört, wie ein Vertreter des Sparkassenverbandes über die "Bankster" in Frankfurt herzieht. Dann kann sich der frühere schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister nicht mehr beherrschen: Seine Stimme wird immer lauter, Marnette redet sich in Rage. Jetzt zieht auch er über Bankster her - für ihn sitzen sie in den Vorständen der Landesbanken und Staatskanzleien der Bundesländer. Es ist einer von Marnettes seltenen öffentlichen Auftritte nach seinem plötzlichen Rücktritt im Streit um die Rettung der maroden HSH Nordbank Ende März. Der frühere Industriemanager soll an diesem Abend über die Frage sprechen, ob das Land noch Landesbanken braucht - und er macht da weiter, wo er mit seinem knalligen Abschied aus Kiel aufgehört hat. Damals hatte er in einem Wutinterview nachgetreten, wie man es in der deutschen Politik selten erlebt hat. Jetzt legt Marnette nach. Mit einer Wutrede. Die Stimme schneidend, Daumen und Zeigefinger wie zu einer Pistole gespreizt, knöpft er sich Banker und Politiker vor. Die Landesbanken hätten sich von ihren Kunden abgewendet, Geschäfte außerhalb der Bilanz gemacht und Milliardenrisiken angehäuft, wettert Marnette. Wie könne es sein, dass das Kreditersatzgeschäft, das für die Schieflage der HSH Nordbank verantwortlich ist, erstmals im Geschäftsbericht 2007 auftaucht? Wie könne es sein, dass dieses Geschäft nicht Gegenstand der Prüfung durch die Wirtschaftsprüfer gewesen ist? Wie könne es überhaupt sein, dass eine Landesbank Risiken von mehr als 30 Mrd. Euro im Kreditersatzgeschäft eingeht - obwohl die Haushalte der beiden größten Anteilseigner Hamburg und Schleswig-Holstein zusammen gerade einmal rund 20 Mrd. Euro betragen? Werner Marnette (l.) mit seinem Ex-Chef Peter Harry Carstensen "Es kann doch nicht sein, dass eine HSH Nordbank Off-Balance-Geschäfte macht. Herrgott noch mal", schimpft Marnette. Die Milliardenrisiken drohten jetzt zu einem "tödlichen Trip" für die Bundesländer zu werden. Die 3 Mrd. Euro Eigenkapital, mit denen die Eigentümer die Bank gerettet haben, das seien "doch keine 3 Mrd. für die Zukunft. Das korrigiert nur einen Vergangenheitstatbestand." Und was passiert, wenn die Bank noch mehr Geld braucht? "Wenn hier noch einmal etwas schief geht, dann können wir unsere Koffer packen." Geht es nach Marnette, könnten die Landesbanken gleich morgen dichtmachen. "Landesbanken brauchen wir für das Kreditwesen nicht", doziert er. Nur einzelne Institute mit klar definiertem Auftrag für die Region seien vertretbar. Wozu braucht eine Bank Mathematiker?Dann ist HSH-Chef Dirk Jens Nonnenmacher an der Reihe. Seine Bank brauche jetzt die besten Köpfe und rigides Controlling. "Hören Sie was von Controlling? Ich höre nichts von Controlling", empört sich Marnette. Nonnenmacher, einen habilitierten Mathematiker, ledert er als "diesen professoralen Chef" ab. "Man braucht bei der Bank jetzt Mathematiker. Es gibt ja keine Werte mehr an den Märkten, deshalb brauchen wir Mathematiker, die das berechnen", höhnt der frühere Chef der Norddeutschen Affinerie. Genau so mokiert er sich über Landespolitiker, die noch vor nicht allzu langer Zeit prahlten, was für eine tolle Bank ihre HSH Nordbank doch sei. Gemeint ist damit auch Marnettes früherer Chef in Kiel, Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU). Doch der hat für die emotionalen Ausbrüche seines Ex-Ministers längst nichts mehr übrig. "Wir haben immer auf Herrn Marnette gehört, als er noch in seiner Funktion war", sagt Carstensen. "Das ist jetzt vorbei." http://m.ftd.de/ftd/bm/1/politik/deutschland/...aca7308b1c9199a3d4530 |