... und ich selbst hatte es zuletzt in dieser Form bei Alibaba (BABA) beobachten können: Von November 2014 bis September 2015 wurde der Kurs sukzessive und völlig grundlos durch zahllose und schlecht recherchierte Artikel und "Analysen" von über $110 auf unter $59 heruntergeprügelt, obwohl das Unternehmen auch in dieser Zeit stetig gute Zahlen meldete und weiter expandierte. Jeden Tag musste ein anderer Analyst seinen Senf dazugeben. Es verging kein Tag, an dem es keine schlechten Nachrichten zu Alibaba gab, bis dann irgendwann Barron's, angeblich ein Unternehmen mit ausgewiesener "Asien-Expertise", eine weitere Kurshalbierung (auf unter $30) vorhersagte und dem ganzen Treiben damit die Krone aufsetzte. Die Reaktion war dann ein Plus von fast $30 in nur einem Monat! 1 Jahr später (Oktober 2016) hatte sich der Kurs verdoppelt und noch ein Jahr später (Oktober 2017) sogar verdreifacht. Von den Bashern hörte man dann nichts mehr, bis auf einen Unverbesslichen (Mr. Chanos), der bei seinen Wetten gegen Alibaba wohl richtig viel Geld in den Sand gesetzt haben dürfte.
Ich möchte an dieser Stelle gerne noch einmal zu Bedenken geben, dass wenn man für eine Leistung (z. B. ein kostenloses Girokonto) kein Geld einnimmt, man besser auf ein entsprechendes Angebot verzichten sollte. Ich kann so manche Argumentation hier nicht ganz nachvollziehen: Warum sollte die Deutsche Bank jetzt plötzlich so tun, als ob sie ein FinTech-Unternehmen wäre? Warum sollte sie kostenlose Girokonten anbieten oder (wie die Commerzbank) gar bis zu 200,00 für eine Kontoeröffnung zahlen? Der heutige Online-Kunde ist doch kein Idiot: Er holt sich die 200,00 bei der Commerzbank und lässt 12 Monate das Geld aus dem MiniJob seiner Frau als monatliche Überweisung darauf laufen, während er selbst das Konto bei der ING Diba nutzt, weil es dort für Guthaben (kleine) Zinsen gibt und die Baufinanzierung läuft über die örtliche VR-Bank, weil sie das beste Angebot gemacht hat. Die verdienen alle nur Krümel, aber die Deutsche Bank hat Kunden, für die das alles "Peantus" sind: Die zahlen gerne für ausgeklügelte Investment-Strategien, legen ihr Geld weltweit in zahllosen Asset-Klassen an und wollen alles aus einer Hand, weil sie sich hauptsächlich mit dem Geldverdienen beschäftigen und nicht mit dem Einsparen von ein paar Cent hier und da.
Die Deutsche Bank täte also gut daran, weiter die großen Räder zu drehen, sich (wieder) auf ihr Kerngeschäft zu fokussieren, ein härteres Kostenmanagement zu betreiben und sich von allen Randaktivitäten zu trennen und solche stattdessen durch Partnerschaften bzw. Kooperationen nur indirekt anzubieten, ganz ohne eigenes Risiko und mit dem (Pflichten-) Heft in der Hand. Sie hat genau die Kontakte und Kunden, die alle anderen gerne hätten! Es war die übertriebene Selbstbedienungsmentalität und Überschätzung der eigenen Fähigkeiten, die die Bank dorthin gebracht hat, wo sie heute ist. Sie muss sich nicht neu erfinden, sondern sich wieder auf ihre Stärken besinnen und dabei auf dem Boden der Tatsachen bleiben. Im Moment aber beobachte ich (hier aus Frankfurt und aus einem IT-Blickwinkel heraus), dass sie sich mit Dingen befasst, für die sie weder organisatorisch noch kulturell die notwendigen Voraussetzungen erfüllt. Ihr fehlen die einschlägigen Führungskräfte, um die "echten" Talente in diesen (IT-) Bereichen überhaupt zu identifizieren und spezifisch führen und fördern zu können. Auf den Kapitänsbrücken sitzen "satte" Herren in Anzügen, deren einzige Vision eine weitere (eigene) Villa mit Meeresblick ist, statt mit dem eigenen Unternehmen neue Ufer zu erreichen. Für Ergebnisse, die in einem fokussierten 10-Mann-Unternehmen nach 3 Monaten erreicht werden würden, braucht man dort (gefühlt) mit der vierfachen Anzahl von (deutlich überbezahlten) Leuten auch die vierfache Zeit. Ich habe zahllose (zum Teil auch sehr gute) IT-Fachleute kennengelernt, die nur noch des Geldes wegen dort tätig sind und 75% ihrer Zeit damit verbringen, ebendiese totzuschlagen ohne weiter aufzufallen. Es gibt kein Benchmarking, das mit dem von kleinen und (wirklich) agilen FinTechs Schritt halten könnte. Die Vorgaben und Ziele bestimmen diejenigen, die diese Ergebnisse auch liefern sollen (bzw. wollen). Das sind zum Teil auch Beratungsunternehmen, deren Mitarbeiter ebenso "satt" sind wie die Banken selbst. Das ist auch kein Wunder, denn es handelt sich dort meist um genau die Leute, die ihre Karrieren einst bei diesen Banken starteten: Nach einer hohen Abfindung und ein paar Umwegen arbeiten viele für das dreifache Geld genau an den Stellen, wo sie schon früher einmal eingesetzt waren, weil die Banken noch immer die archaischen Systeme von einst einsetzen, nur ohne den grünen Röhrenmonitor. Ich würde schätzen, dass nur etwa 25% der "IT-Fachkräfte" gerne und motiviert zur Arbeit kommen, ganz gleich ob interne oder externe (von besagten Beratungsfirmen). Da kannst Du eigentlich nur mit dem Kopf schüttelt ...
... und trotzdem haben die beiden deutschen Großbanken nach wie vor eine sehr gute Chance, hier wieder herauszukommen. Dafür braucht es aber "hungrige" junge Menschen, die noch (echte) Ziele im Leben haben und sich nicht mit 45 Jahren und 25 Jahre nach Abschluss Ihrer Banklehre, dem anschließenden Wechsel in die "EDV-Abteilung" und stetigen Beförderungen schon allmählich auf das Rentenalter vorbereiten. Ich bin zwar auch etwa in diesem Alter, aber nach 25 Jahren stetiger IT-Fortbildungsmaßnahmen, die mich schon mein halbes Einkommen gekostet haben, 2 nebenberuflich absolvierten Master-Studiengängen (nach meinem FH-Erststudium) und gepackt vom Ehrgeiz, noch etwas in diesem Leben bewegen zu wollen, bin ich vor wenien Wochen und nach etwas über 12 Monaten Tätigkeit (freiwillig) wieder ausgestiegen, nachdem mir ein gelerneter Bankkaufmann mit IT-Kenntnissen (das sich hauptsächlich auf das Ausfüllen von Excel-Listen beschränkte) erklären wollte, wie ich meine Aufgaben zu erledigen habe, für deren Erledigung ich teuer eingekauft wurde. Ich will nicht irgendwann dafür verantwortlich gemacht werden, wenn man für den offensichtlichen Unfug einen Verantwortlichen sucht. Es hätte auch keinen Sinn gemacht, dessen Vorgesetzten zu informieren, weil die beiden nämlich zusammen Skat spielen. Die Seilschaften ziehen sich durch alle Führungsebenen hinauf bis hin zum Dunstkreis des Vorstands. Da sind dann Leute, die man schon nicht mehr beim Namen kennt und die sich auch nicht in den "Niederungen der operativen Ebenen" blicken lassen. Was die wohl verdienen, wenn so jemand wie ich (auf der untersten operativen Ebene) schon fast 250.000 Euro p.a. kostet? So kann und wird IT doch niemals ihren Zweck erfüllen und das meinte ich auch weiter oben, als ich schrieb, dass hierfür sowohl organisatorische als auch kulturelle Voraussetzungen fehlen. Ich wäre auch locker mit der Hälfte zufrieden gewesen, denn was ich da in 12 Monaten geleistet habe, hätte ich mit nur 2 weiteren Leuten aus unserem 12-Mann-Team auch in 3 Monaten auf die Beine gestellt. Es waren die hochgedienten Schlipsträger, die uns davon abgehalten haben, effizienter und somit schneller unsere Ziele zu erreichen. Doch diese Schlipsträger haben auch wieder Schlipsträger, denen sie alles erklären müssen - und so weiter und so weiter ...
Ich überlege gerade, ob ich daraus ein Bühnenprogramm für's Kabarett machen sollte ...
|