www.schwaebische-post.de/557675/ Freitag, 3. Juni 2011 Die Windenergie boomt Über 80 Anträge für neue Windräder gibt es in Ostwürttemberg – Regionalversammlung will Ausbau vorantreiben  Der Ausstieg aus der Atomenergie bringt den erneuerbaren Energien Rückenwind. Über 80 Anträge liegen beim Regionalverband für neue Windräder. Im Ellwanger Hinterland, bei Bopfingen oder am Albtrauf bei Bartholomä sind die Windverhältnisse günstig. Auch politisch wird der Ausbau der Windkraft vorangetrieben. Ostwürttemberg. Wo genau Anträge für Windräder vorliegen, das will die Regionalverwaltung in Schwäbisch Gmünd nicht verraten. Allerdings ist der Plan mit den möglichen Standorten bereits in der politischen Diskussion. Der Schwerpunkt der Anträge liegt wohl in einem Dreieck beginnend in Aalen mit dem Braunenberg und dem Albtrauf bis Bartholomä, weiter über Bopfingen Richtung Nördlingen, Södtlen und Ellwangen zurück nach Aalen. Hier weist der Windatlas besonders hohe Geschwindigkeiten aus (sieh Grafik). Insgesamt gibt es schon 45 Windkrafträfer in der Region. Manche wurden Anfang der 2000er Jahre gegen erheblichen Widerstand von Bürgerinitiativen durchgesetzt, etwa in Waldhausen oder in Rupertshofen. Doch inzwischen hat sich sozusagen der Wind gedreht. Bei einer Informationsveranstaltung im April in Bopfingen gab es keine Anlieger proteste, sondern im Gegenteil zahlreiche Bürger, die gerne investieren würden in neue Windräder. Das Beispiel des Windparks in Bopfingen-Unterriffingen zeigt, dass solche Modelle durchaus auch als Geldanlage funktionieren. „Eines der beiden Windräder wurde 2010 nach zehn Jahren abbezahlt“, sagt der dortige Betreiber Erwin Schweizer, „das sind jetzt die goldenen Jahre.“ Insgesamt 18 Familien haben sich hier zusammen getan. Und weitere Investitionen könnten folgen: „Wir stehen in den Startlöchern.“ Aber auch professionelle Energiefirmen wie die von Franz Uhl aus Ellwangen plant an vielen Stellen neue Windräder. Gerhard Aldinger, Projektsteuerer bei Uhl Windkraft, spricht von 15 neuen Windrädern, die seine Firma errichten will. Dazu kommen noch mindestens fünf, die in bestehenden Windparks gebaut werden sollen. Konkret ist etwa in Unterschneidheim zwischen Nordhausen und Zipplingen ein großer Windpark geplant. Aber auch bei Ellwangen-Röhlingen in Richtung Zöbingen. Eine weitere Anlage im Ellwanger Hinterland komme dazu. „An Investoren herrscht zur Zeit kein Mangel“, sagt Aldinger. Wobei er möglichst viele Bürger einbinden möchte. Zusätzliche Neubau- oder Erweiterungsprojekte sollen sich bei Elberschwenden zwischen Dettenroden und Lindorf (nahe Ellwangen-Röhlingen) diskutiert werden. Aber auch hinter dem Ipf zwischen Röttingen und Bopfingen ist eine ziemlich große Anlage geplant. Die Erweiterung von Windparks etwa in Lauterburg oder bei Ruppertshofen/Täferrot ist weiterhin in Planung von Betreibern. In Aalen planen die Stadtwerke, Windräder auf dem Langert in Richtung Albtrauf zu errichten.
Die Parteien überbieten sich mit Forderungen zum Ausbau Angesichts der Fülle von Anträgen tut sich auch auf der politischen Ebene tut sich etwas. Die SPD-Fraktion im Regionalparlament hat schon vor einem Jahr einen Antrag eingebracht, mehr Flächen als bisher für Windräder zuzulassen und erneuerbaren Energien auszubauen. „Wir sind von dem Thema überrollt worden“, sagte für die SPD Clemens Stahl kürzlich im Planungsausschuss der Regionalversammlung. Die Region solle schnell ein Konzept ausarbeiten und nach Stuttgart fahren, um mögliche Zuschüsse schnell zu rekrutieren. Es gibt indessen schon fast einen Wettlauf, wer das beste Konzept vorlegt. Die CDU-Fraktion in der Regionalversammlung hat in Person ihres Fraktionschefs und Landrates Klaus Pavel gleich nachgelegt: „Den Antrag der SPD würden wir gerne konkretisieren.“ Er schlug daher vor, den Regionalplan nur für den Bereich Windenergie schneller fortzuschreiben. Wenn man auf die reguläre Weiterentwicklung warte, werde dies noch drei bis fünf Jahre dauern. Man solle schnell die Standorte für Windenergie überprüfen, und zusammen mit Biomasse und Photovoltaik-Anlagen in der Fläche „Energieparks“ anlegen. Am besten in Form von Bürgerwindrädern. Pavels Ziel: „Wir sollten bis 2025 einen Anteil von 50 Prozent an regenerativen Energien haben.“ Auch die anderen Fraktionen wollen da nicht hinantstehen. „Der neue Koalitionsvertrag wird eine Veränderung bringen“, sagte Grünen-Fraktionschef Volker Grab, „unsere Industrie aus Ostwürttemberg sollte an die Aufträge kommen. Herbert Witzany warnte als FW-Fraktionschef aber davor, zuviele Anlagen zu nah an Wohngebiten zuzulassen. Nicht alle wollen das neue Tempo mitgehen. Das wurde auch im Regionalverband deutlich. Der Verbandschef und Heidenheimer Landrat Hermann Mader machte rechtliche Bedenken geltend: „Wir können den Regionalplan nicht nur für den Bereich Energie fortschreiben.“ Genau darauf bestanden aber alle Fraktionen, daher soll die Regionalverwaltung bis zur Sommerpause dazu einen Plan vorlegen. Regionaldirektor Thomas Eble (CDU) will die 80 Anträge auf neue Windräder in Ruhe überprüfen. Szenarien mit bis zu 100 Windrädern hat er mehrfach abgelehnt. Dass schließlich an mehr Standorten Turbinen stehen werden, sei für ihn aber auch klar. Zumal inzwischen Windräder mit bis zu 138 Metern Nabenhöhe gebaut würden, da gebe es keine Konflikte mehr mit Waldgebieten. Bis zum Sommer könnten die Eckpunkte stehen. So schnell, wie viele Investoren sich wünschen, wird es allerdings nicht vorangehen. Regionaldirektor Thomas Eble sagt: „Es wird mindestens Herbst werden.“ © Schwäbische Post 03.06.2011 |