Ich war beim Investorenlunch und gebe gern Feedback. Das Folgende stammt aus meiner Erinnerung, ich kann daher keine Garantie für Richtigkeit abgeben. Bisweilen handelt es sich bei den Angaben um meine persönliche Interpretation.
GESCHÄFTSVERLAUF
Aus meiner Sicht wichtigster Punkt war, dass man in Punkto Vision Datagroup 2020 on track ist (dazu weiter unten mehr). Zur Erinnerung: Die Vision Datagroup 2020 ist ein Langfristziel, das vorsieht, bis zum Geschäftsjahr 2020/2021 der führende IT Outsourcer für mittelständische Kunden in Deutschland zu sein.
Ein Jahr nach Formulierung der Vision 2020 kann man feststellen, dass die aufgestellten Jahresziele in 2014/15 übererfüllt wurden. So hat man für Corbox letztes Jahr 18 neue Großkunden gewonnen (Ziel waren 15). Für 2015/16 lautet das Ziel 19 Großkunden zu gewinnen, also ca. 1,5 pro Monat. Im Oktober hat man bereits 3 Abschlüsse erzielt. Des weiteren berichtete Herr Schaber, dass man im Moment eine sehr gut gefüllte Pitch-Pipeline habe und insofern sehr guter Dinge sei.
ÜBERNAHMEN
Die beiden zuletzt getätigten Übernahmen Excelsis und Vega laufen hervorragend. Excelsis hat die internen Planungen bisher stets übertroffen. Vega war in den letzten Jahren ein hochdefizitäres Unternehmen. Allerdings hat man hier bereits nach nur einem Quartal den Turnaround schon fast geschafft. So konnten die jährlichen Fixkosten um 2 Mio. EUR gesenkt werden. In diesem Jahr will man bereits schwarze Zahlen mit Vega schreiben und in 2-3 Jahren erhofft man sich, die EBITDA Marge auf 20% steigern zu können (ca. 15% EBIT). Datagroup bestätigt also seinen guten Track Record bei Akquisitionen und Turnarounds.
Teil von Datagroup 2020 ist nach wie vor auch anorganisches Wachstum. Hier hat man potenzielle Ziele im Auge. Ein möglicher Kandidat, der gerade intern diskutiert wird, ist eine Firma mit erheblichem Umsatz. Dies wäre eine sehr große Akquisition mit Turnaroundcharakter. Ich würde hier jedoch nicht unbedingt mit einem Abschluss rechnen, da man so etwas sicher nur dann stemmen wird, wenn die Konditionen ansprechend sind (meine Interpretation). So oder so kann man 2015/16 wohl mit mindestens einer weiteren Übernahme rechnen (auch meine Interpretation).
WETTBEWERBSQUALITÄT
Herr Schaber konnte berichten, dass man im abgelaufenen Geschäftsjahr mehr Cloud-Neukunden in der Zielgruppe gewinnen konnte, als irgendein Mitbewerber. Gegen Cancom hat man bspw. bisher immer gewonnen und noch nie einen Pitch verloren.
Das Problem scheint für Datagroup momentan weniger das Gewinnen von Ausschreibungen zu sein, sondern vielmehr, bei potenziellen Kunden überhaupt "auf das Radar" zu kommen (d.h. zum Pitch eingeladen zu werden). Zur Erinnerung: der Markt ist immer noch extrem fragmentiert.
Hierbei hilft der Weg über Sourcingberater, die Kunden bei der Outsourcingentscheidung beraten. Herr Schaber berichtete, dass man in Ausschreibungen, die über Berater laufen, derzeit eine Erfolgsquote von ca. 40% habe. Dies ist in meinen Augen eine extrem hohe Quote angesichts der Fragmentierung des Marktes--vor allem vor dem Hintergrund, dass Sourcingberater die technischen Fertigkeiten der Anbieter sehr gut einschätzen können sollten. Mit zunehmender Größe sollte Datagroup meiner Meinung nach weiter an Bekanntheit bei potenziellen Kunden gewinnen, so dass der Zugang zu Ausschreibungen in Zukunft immer leichter fallen dürfte.
Was das Wettbewerbsprofil angeht, sieht sich Datagroup bereits heute als Leader für mittelständische Kunden, wenn es um das Gesamtsortiment angeht. Für Großkunden gibt es teilweise sehr starke Konkurrenten. Allerdings steht man hier nur am Rande im Wettbewerb, weil diese Unternehmen sich auf größere Zielkunden fokussieren, bei denen Datagroup zurückhaltend ist, weil man ein Klumpenrisiko vermeiden will.
Bei der unmittelbaren Konkurrenz für Mittelstandskunden sieht man sich insofern ganz vorn mit dabei, als es kaum einen Wettbewerber gibt, der eine so breite Palette an Services anbieten kann. Allerdings gibt es Spezialisten für Teilbereiche, die dort ggfs. besondere Expertise haben. So sieht man im SAP Bereich All for One Steeb als sehr starken Anbieter. SAP ist neben Security auch der Bereich, wo Datagroup weiter Expertise aufbauen will. Man hat bereits ein starkes SAP Angebot, hofft aber, sich durch Zukäufe noch weiter zu verbessern um auch bei reinen SAP pitches dominanter auftreten zu können. Derzeit herrscht eine starke Knappheit an SAP Beratern im Markt.
Perspektivisch dürfte man irgendwann auch im Mittelstandsbereich mehr Aktivität von US Cloud-Großkonzernen wie Amazon sehen. Allerdings werden diese Firmen wohl nicht das Handling des Kunden vor Ort betreiben und brauchen insofern dann einen lokalen Partner. Mein Eindruck war, dass Herr Schaber hier die potenzielle Konkurrenz aber eher im technischen Backend (Datacentre) sieht und weniger bei der eigentlichen Kundenbetreuung. Meine persönliche Vermutung ist, dass Unternehmen wie Datagroup sich mittelfristig aus dem eigenen Betrieb von Rechenzentren etwas zurückziehen könnten und das Geld primär mit der Beratung und Umsetzung verdienen.
So oder so scheint Datagroup kompetitiv momentan extrem gut aufgestellt zu sein. Die Kundenzufriedenheit ist laut Herrn Schaber entsprechend hoch. So gab es in der Vergangenheit nur extrem wenige Kunden, die im Cloudbereich von Datagroup weggegangen sind.
DATAGROUP 2020
Was die Langfristperspektive angeht, sehen wir bisher also, dass Datagroup voll on track ist. Die Planzahlen in Punkto Vision Datagroup 2020, die diskutiert wurden, deckten sich im Wesentlichen mit den Zahlen, die in einem Artikel von Georg Pröbstl vor einem Jahr genannt wurden: Umsatzziel der "Vision" für 2020/21 ist je nach Szenario wohl 300 bzw. 500 Mio. EUR bei einer erhofften EBIT Marge von 10%.
Dieses Ziel ist natürlich extrem ambitioniert und eben eine "Vision" und keine Prognose. Im Best Case Szenario liefe dies auf ein EBIT in 2020/21 von 50 Mio. EUR hinaus (bzw. 30 Mio. EUR im "schlechteren" Szenario). Mal zum Durchrechnen: Bei einer Steuerquote von 33%, einem KGV von 15 und der geplanten schrittweisen Senkung des Net-Debt auf null käme man damit in 2020 auf einen Aktienkurs von 40 bzw. 66 EUR (je nach Szenario). Abgezinst mit 8% auf heute ergäbe sich damit ein fairer Wert der Aktie heute von 27 EUR bzw. 45 EUR...
MEINE PERSÖNLICHE BEURTEULUNG
Mit großen Zielen von Unternehmen nach Art der "Vision 2020" muss man normalerweise vorsichtig sein als Anleger. Der Weg zur Hölle ist bekanntlich gepflastert mit guten Vorsätzen. Allerdings hat Datagroup im ersten Jahr Corbox beeindruckend geliefert.
In meinen Augen muss man bei Datagroup 2020 zwischen Umsatz und Margenziel differenzieren. Was den Umsatz (also primär: die Neukunden) angeht, erscheinen mir die Ziele zwar optimistisch, aber keinesfalls unrealistisch. Man will hier ca. 20 Kunden pro Jahr gewinnen (mit steigender Tendenz von 15 in 2014 bis 25 in 2020), was angesichts der großen Erfolge im ersten Jahr aber durchaus nicht unplausibel erscheint.
Die Krux liegt momentan also vielleicht eher in der Frage, ob die Zielmarge von 10% EBIT langfristig zu halten sein wird. Herr Schaber berichtete, dass er oft von Investoren nach der Skalierbarkeit des Geschäftsmodells gefragt werde. Dies ist insofern eine sinnvolle Frage, als man durch die Standardisierung der Services und die zentralisierte Erbringung vieler Dienstleistungen sicher gute Skaleneffekte generieren kann. Allerdings ist die Vorstellung eines skalierbaren Plattformmodells a la Google oder Microsoft mit Bezug auf den Cloud-Outsourcing Markt in meinen Augen dennoch naiv, da es unterstellt, Unternehmen wie Datagroup könnten kontinuierlich ihre Marge steigern.
In meinen Augen wird dies mit Bezug auf Cloudservices so nicht kommen. Zwar wird man Skaleneffekte nutzen und so die Durchschnittskosten weiter senken. Allerdings wäre meine Vermutung, dass diese Kostensenkungen im Zeitverlauf letztlich an den Kunden weitergegeben werden müssen. Man darf nicht vergessen, dass dies ein recht kompetitiver Markt ist. Margenvorteile muss man sich hier hart erkämpfen und durch Leistung und Kostenbewußtsein verdienen. Die Vorstellung, dass Datagroup a la Google oder Facebook einfach munter immer weiter die Cloudmarge hochschraubt, wenn die Umsätze steigen, erscheint mir persönlich daher nicht realistisch.
Allerdings wird die momentan extrem gute Wettbewerbsposition Datagroup in meinen Augen helfen, in einem weiter konzentrierenden Markt stetig Marktanteile zu gewinnen. Die Nutzung von Skaleneffekten ist daher in meinen Augen nicht primär ein Mittel, um die eigene Cloud-Marge zu erhöhen, sondern sollte vielmehr dazu dienen, Wettbewerber beim Kampf um die stark wachsende Nachfrage nach Cloud-Outsourcing auszustechen. Sprich: meine Vermutung ist, dass die großen EPS-Sprünge bei Datagroup nicht primär durch eine höhere EBIT Marge im Cloudbereich kommen werden, sondern perspektivisch eher durch einen signifikanten Umsatzanstieg dieses Bereichs. Kleinere Systemhäuser werden dabei zunehmend das Nachsehen haben.
Vor diesem Hintergrund sollte es bei Datagrouo zwar auch zu einer Ausweitung der EBIT Marge auf Konzernebene kommen. Dies folgt dann aber aus einer Verbesserung des Produktmixes (mehr Cloud, weniger Time & Material) und nicht unbedingt aus einer Steigerung der EBIT-Marge im Cloudbereich selbst. Ich bin also, was Margenziele a la Cancom angeht ("30%") für diesen Markt sehr skeptisch. Lasse mich aber natürlich gern eines Besseren belehren :)
Beruhigenderweise beinhaltet die Vision 2020 selbst hier keine absurden Annahmen a la Cancom, was die dauerhafte Skalierbarkeit der Marge im Wettbewerb angeht. Wenn man in 2020 bei 70% Corbox-Umsatzanteil eine EBIT-Marge von 10% erreichen will, so beinhaltet dies tatsächlich keinerlei Annahme einer Ausweitung der Cloudmarge beim Einzelkunden. Wenn überhaupt, geht man bei diesen Zahlen implizit eher von einer leichten Schrumpfung der Marge aus. Dies ist beruhigend. Als Anleger wäre ich allerdings langfristig auch mit einer EBIT Marge von (sagen wir) 8% zufrieden, wenn die Umsätze stimmen.
BEWERTUNG
Wie oben dargestellt, wäre vom Kursziel her noch extrem viel Luft nach oben, wenn man die Vision 2020 als Maßstab nähme. Ich will hier einfach mal überschlagsmäßig eine etwas vorsichtigere Bewertung versuchen.
In 2014/15 hatte man ein EPS von 0,65 EUR nach PPA Abschreibungen. Da PPA Abschreibungen nicht cashwirksam sind und mit der Zeit auslaufen, sollte man sie vollständig ignorieren (wie viele Wettbewerber von Datagroup dies bereits direkt beim Reporting tun--Datagroup hat hier einen konservativeren Darstellungsansatz). EUR 0,65 EPS inkl. PPA sollte nach Bereinigung ca. EUR 0,89 vor PPA entsprechen. (Genau wird man das erst nach Veröffentlichung der endgültigen Zahlen sagen können.)
Bei einem Schlusskurs heute von EUR 14,70 kommt man daher auf ein 14/15er KGV von 16,5 (trailing!). Wenn ich mit den Zahlen zu den Neukundengewinnen ein wenig herumspiele, erscheint mir recht klar, dass für das laufende Geschäftsjahr 15/16 ein um PPA bereinigtes EPS von spürbar über 1 EUR herauskommen sollte. Ich habe jetzt mal vorsichtig mit EUR 1,07 gerechnet, dann wären wir bei einem aktuellen KGV von momentan immer noch unter 14.
Anfang nächsten Jahres, wenn die offizielle Prognose für 2015/16 kommt, werden wir mehr wissen. Tatsächlich werden wir's dann vom EPS her wahrscheinlich sogar sehr genau wissen. Denn anders als in früheren Zeiten verdient Datagroup heute ja am meisten an seinen wiederkehrenden Umsätzen, die besonders gut planbar sind, so dass die EBITDA Prognose wieder recht genau werden dürfte (mal abgesehen von Unvorhersehbarem wie einer großen Übernahme).
Hierbei sollte man auch bedenken, dass gerade gewonnene Neukunden im ersten Jahr wohl meist nur vernachlässigbare Ergebnisbeiträge liefern. Meiner Schätzung nach dürfte es etwa ein halbes Jahr dauern, bis bei Neukunden der Regelbetrieb aufgesetzt ist. In diesem ersten Halbjahr dürften für Datagroup primär Setup-Kosten ohne nennenswerte Umsätze anfallen, welche dann im zweiten Halbjahr durch die ersten Erträge des Kunden schrittweise abgebaut werden.
Vor diesem Hintergrund ist klar, dass das Ergebnis 2015/16 vor allem von den Neukunden geprägt sein wird, die *letztes* Jahr gewonnen wurden und deren Regelbetrieb gerade erst losgegangen ist. Einen ersten Hinweis für 2015/16 gibt daher das extrem starke Q4. So oder so erscheint klar, dass wir 2015/16 eine erhebliche Steigerung des EPS vor PPA sehen werden. Die genauen Zahlen wird man dann mithilfe der Prognose Anfang 2016 abschätzen können. Mir scheint jedenfalls sehr wahrscheinlich, dass man bei gut über 1 EUR vor PPA rauskommen wird und somit bei einem KGV von unter 14 Stand heute.
Angesichts der momentanen Dynamik des Geschäfts erscheint mir das immer noch eine deutliche Unterbewertung. Wenn man bei Unternehmen aus der Peer-Group wie All for One Steeb oder Cancom nachschaut, ist man jedenfalls in ganz anderen Regionen. Selbst mit einem KGV von 17, was dem Wachstumspotenzial nur teilweise Rechnung tragen würde, käme man bereits auf ein Kursziel von 18 EUR oder mehr für Datagroup. Sprich: in meinen Augen ist hier ist noch gut Luft.
(Keine Anlageempfehlung, sondern mein persönlicher Investmentcase.) |