Deutsche Alstom in der Krise Schlechte Auftragslage / Gesamtkonzern dagegen zuversichtlich
mir./chs. MANNHEIM/PARIS, 13. Januar. Im Gegensatz zu Alstom-Chef Patrick Kron, der die Entwicklung des Gesamtkonzerns bei der Vorlage der Neunmonatszahlen "positiv und ermutigend" nannte, stellt sich die Lage bei deutschen Alstom-Gesellschaften wenig optimistisch dar. In der aktuellen Ausgabe der Mitarbeiterzeitschrift "Megafon" der Alstom Power Generation AG, Mannheim, schreiben die Vorstände Gérard Brunel und Udo Wunsch, daß das Kraftwerksgeschäft mit Ausnahme des Service noch immer in einer tiefen Krise steckt. Auf den für den Standort Mannheim wichtigen Märkten (Turbogruppen, komplette Kraftwerke) sei die Nachfrage nicht nur in Europa, sondern weltweit sehr schwach gewesen. Der Umsatz sei auf niedrigem Niveau, der Auftragseingang dramatisch gefallen, so daß bis zum Geschäftsjahresende im März noch eine Lücke von rund 200 Millionen Euro im Budget geschlossen werden müsse. Entsprechend der Auftragslage sei auch die Auslastung der Fabrik in Mannheim "an einem gefährlichen Tiefpunkt" angelangt, schreiben die Manager weiter. Extrem kritisch sei die Lage nach wie vor in der Generatorenfabrik. Bedenklich stimmten auch die Ergebnisse. Die frei verfügbaren Geldmittel (Free Cash-flow) "haben die Vorzeichen in die falsche Richtung gewechselt, und zeigen jetzt ein Kassenloch auf".
Zur Zukunft des Standorts Mannheim mit rund 2000 Beschäftigen heißt es, daß dessen hohes Kostenniveau nicht mehr mit einem höheren Qualitätsniveau gegenüber Billiglohnländern zu rechtfertigen sei. Beim letzten Qualitätsaudit seien die internen Wettbewerber aus Polen überlegen gewesen. Mit einem "weiter so" könne die Zukunft der heutigen Aktivitäten in Mannheim nicht gesichert werden. Bei Alstom in Mannheim wird derzeit vielfach kurz gearbeitet, die Betriebsvereinbarung zur Sicherung der Beschäftigung läuft bis zum Jahr 2007. Der Umsatz der deutschen Alstom Power betrug im Geschäftsjahr 2003/2004 rund 1,4 Milliarden Euro.
Der französische Anlagenbauer hat im dritten Quartal bis Ende Dezember einen Umsatzanstieg von drei Prozent auf 3,3 Milliarden Euro verzeichnet. Der Umsatzrückgang in den ersten neun Monaten gegenüber dem gleichen Vorjahreszeitraum beträgt damit 8 Prozent. Das wertet das Unternehmen als Zeichen einer Wende, denn im ersten Halbjahr sei der Umsatz gegenüber dem Vorjahr noch um 12 Prozent gefallen. "Wir sehen einen Richtungswechsel", sagte der Vorstandsvorsitzende Patrick Kron vor Journalisten. Das Unternehmen, das Hochgeschwindigkeitszüge, Kreuzfahrtschiffe und Gasturbinen herstellt, ist vor allem mit den neuen Bestellungen zufrieden. Der Auftragsbestand stieg in den ersten neun Monaten um 29 Prozent. Im gesamten Geschäftsjahr werde der Umsatz gegenüber dem Vorjahr um 5 Prozent zurückgehen, sagt Alstom weiterhin voraus, auch wenn Kron dieses Ziel als hoch bezeichnete. Das Ziel für die Umsatzrendite bezogen auf das Betriebsergebnis bleibt bei 3,5 bis 4 Prozent.
Text: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 14.01.2005, Nr. 11 / Seite 15 |