Ich habe mir die Zahlen mittlerweile sehr genau angeschaut und fasse nochmal meine Eindrücke, auch aus dem Earnings Call, zusammen. Entgegen meiner ursprünglichen Ankündigung habe ich doch noch eine DCF-Analyse zu CD Projekt erstellt.
- Umsatz und Gewinn haben sich in Q1 besser entwickelt als von Analystinnen und Analysten erwartet wurde. Auffällig war hier erneut wie schlecht die hauseigene Spiele-Distributionsplattform GOG performt. Nur knapp im profitablen Bereich, aber immerhin ein Lichtblick nach fortlaufend negativen Zahlen. - Der FCF war ebenfalls erneut positiv und belief sich nach Abzug der Investitionsausgaben, die unter anderem die R&D Costs für die neuen Spiele beinhaltet, auf 99 Millionen Zloty. Offenbar gelingt es CDP also auch ohne große neue Releases einen positiven Free Cash Flow zu erzielen und zugleich die neuen Projekte zu finanzieren. - Die Bilanz ist weiterhin blitzsauber. Einem Eigenkapital von 1,96 Milliarden Zloty stehen gerade mal Gesamtverbindlichkeiten in Höhe von 293 Millionen gegenüber. CDP ist sehr deutlich schuldenfrei. - Wirft man dann noch einen Blick auf die Assets, so wird deutlich, dass ein sehr großer Teil davon Cash ist. Angesichts des positiven FCF ist es daher auch verständlich, dass das Unternehmen eine Dividende von einem Zloty je Aktie ausschütten möchte, also insgesamt ca. 101 Millionen Zloty. Nicht operativ benötigtes Kapital sollte man meinem Empfinden nach immer an die Investierten zurückgeben.
Nun zum großen ABER der Aktie. So gut das Unternehmen auch aufgestellt sein mag, investieren wir letztlich immer noch in die Aktie und hier habe ich nach wie vor ein Problem mit der Bewertung. Sowohl methodisch als auch hinsichtlich der Höhe. Bei Gaming-Aktien gibt es keine stetigen Cash Flows, die sich gut aus Anlegenden-Sicht planen lassen. Sowohl Höhe, Zeitpunkt als auch Nachhaltigkeit lassen sich schwer bis gar nicht abschätzen. Gaming-Aktien haben immer wieder Peaks bei den Cash Flows, die dann wieder abflauen. Zu einer 'guten' Bewertung einer Aktie sollte man aber auch immer die zukünftigen Cash Flows einplanen können.
Ich habe dennoch mittels einer Hilfslösung versucht die momentane Bewertung leicht zu verdeutlichen. Sie klingt erst mal kompliziert, ist aber simpel. Danach komme ich zur DCF-Analyse. Zunächst habe ich mir die momentane Bewertung anhand der annualisierten Q1-2022 Gewinne und Free Cash Flows angeschaut. Daraus ergab sich ein EV/FCF von 26 und KGV von 40,6. Klingt erstmal teuer, aber eben diese Werte gehen nach einem Release nach unten. Danach habe ich unterstellt, dass die Gewinne und FCF des #Cyberpunk2077 -Releases dauerhaft anfallen. So kam ich auf ein KGV von 9,8 und EV/FCF von 7,48. Würde also jedes Jahr ein Titel vom Format eines Cyberpunk releast werden, wäre die Aktie spottbillig, aber eben das ist nicht der Fall. Mit dem nächsten 'großen' Titel ist erst 2025 zu rechnen. Bis dahin werden zwar sicher noch Addons etc. veröffentlicht werden, aber die sorgen eben nicht für ähnlich hohe Cash Flows. Im Video und Artikel gehe ich noch genauer darauf ein.
Die momentane 'Bewertungs-Wahrheit' liegt wahrscheinlich irgendwo zwischen den beiden Extremen und soll nur als Hilfestellung dienen, da ich in Kommentarspalten immer wieder merke, dass sich Investierte schwer tun die Bewertung abzuschätzen. Billig erscheint die Aktie mir auf jeden Fall auf Basis dieser Berechnung nicht. Man darf auch nicht vergessen aus welcher Höhe der Kurs abgestürzt ist. Die Aktie stand vor dem Cyberpunk-Release bei über 100,-€. Absoluter Irrsinn meinem Empfinden nach.
In meiner DCF-Analyse ergaben sich unter optimistischen Annahmen 59,- € Wert je Aktie und unter neutralen Annahmen 33,-€ je Aktie. Hierbei bitte ich jedoch zu bedenken, dass ich bei beiden Annahmen von steigenden und nachhaltigeren Umsätzen (beispielsweise durch Multiplayer-Funktionen) ausgehe, die so nicht eintreffen müssen. Wer an den genauen Berechnungen interessiert ist, kann sich das nochmal in meinem Video anschauen: https://www.youtube.com/watch?v=PoC9fJd5XF8 Es gibt jedenfalls genügend Beispiele in der Gaming-Branche, die bewiesen haben, dass auch große Konzerne über Jahre hinweg kein organisches Wachstum generieren. $ATVI hat Prä-Covid zum Beispiel in erster Linie Wachstum durch Übernahmen generiert.
Grundsätzlich investiere ich aufgrund der schwierigen Bewertbarkeit eher ungern in Gaming Aktien und bleibe hinsichtlich der CDP-Aktie vorerst bei meinen 0,44% Depot-Anteil. Der Vorstand ist mir zu spärlich bei seinen Aussagen hinsichtlich der Zukunft und ich kann nicht nicht abschätzen wie schwer der Vertrauens-Verlust nach dem Cyberpunk-Release wiegt. Insgesamt sehe ich die Nadel aber mittlerweile wieder mehr auf der Chancen- als auf der Risiko-Seite ausschlagen. Dank der Verwendung der Unreal-Engine sollte die Entwicklung neuer Titel auch deutlich entspannter als zuvor ablaufen und ein weiteres Desaster vermieden werden. CDP bleibt also weiter in meinem Blickfeld.
Disclosure: Ich bin in die Aktie investiert
Keine Anlageberatung
Lest bei Interesse auch gerne meinen ausführlichen Blog-Beitrag: https://smittyfinance.com/cd-projekt-q1-2022/ |