Mittwoch 28. Februar 2001 Daimler - Können Sparziel bei Chrysler übertreffen - von Madeline Chambers -
Genf, 28. Feb (Reuters) - Die DaimlerChrysler AG hält es für möglich, bei ihrer angeschlagenen US-Tochter Chrysler die Materialkosten noch stärker als bisher geplant senken zu können. Der für das Tagesgeschäft bei Chrysler zuständige Chief Operating Officer Wolfgang Bernhard sagte am Mittwoch in Genf, eine stärkere Senkung der Materialkosten als bisher geplant sei durchaus möglich. Die Sparanstrengungen brächten bereits erste Ergebnisse, und der im Rahmen des Stellenabbaus vorgesehenen Vorruhestandsregelungen stimmten überraschend viele Beschäftigten zu. Chrysler-Chef Dieter Zetsche betonte, dass Chrysler das Sanierungsprogramm verschärfen würde, falls sich der US-Automarkt noch schlechter als bei der Ausarbeitung des Sparplans angenommen entwickeln sollte. An der Börse legte die DaimlerChrysler-Aktie zu.
Chrysler hatte zum Jahresbeginn seine Zulieferer zu Preiskürzungen um fünf Prozent aufgefordert und will zudem zusammen mit ihnen weitere zehn Prozent an Materialkosten einsparen. Bernhard sagte der Nachrichtenagentur Reuters am Rande des Autosalons in Genf auf die Frage, ob Chrysler das Sparziel vielleicht auch übertreffen könnte: "Ja." Den Preissenkungen um fünf Prozent hätten schon mehr als 50 Prozent der Zulieferer zugestimmt. Dabei handele es sich um starke und verlässliche Zulieferer, die dafür künftig neue Aufträge bekämen.
Weniger als zehn Prozent der Zulieferer könnten das fünf-Prozent-Ziel nicht erreichen und lehnten Verhandlungen über die Preise ab. "Das sind überwiegend schwache Zulieferer. Wir brauchen starke Zulieferer und können nicht mit schwachen zusammenarbeiten", sagte Bernhard. Bei den verbleibenden Zulieferern gebe es noch einen gewissen Spielraum für den Zeitpunkt, bis zu dem die fünf-Prozent-Senkung zu erreichen sei. An dem grundsätzlichen Ziel werde aber nichts verändert.
Auch die Überprüfung der Entwicklungs- und Produktionsprozesse, um zusammen mit den Zulieferern weitere zehn Prozent der Kosten einzusparen, habe bereits erste Ergebnisse gebracht. Zudem hätten bislang mehr Beschäftigte einem Vorruhestand zugestimmt als zuvor angenommen. So hätten unter den Angestellten, die für einen solchen Plan in Frage kämen, von den Antwortenden bislang 70 Prozent einen Vorruhestand akzeptiert. "Das war über unseren Erwartungen. Wir hatten mit 50 bis 60 Prozent gerechnet", sagte Bernhard. Bei den Arbeitern könne dagegen noch nichts genaues gesagt werden. "Aber die Anzeichen sind gut: Die Beschäftigten reagieren und sind gierig darauf", sagte Bernhard. Chrysler-Chef Dieter Zetsche sagte, von den berechtigten Arbeitern hätten bislang 25 Prozent geantwortet, und davon hätten 85 Prozent dem Vorruhestand zugestimmt.
DaimlerChrysler hatte am Montag ein milliardenschweres Sanierungsprogramm für Chrysler vorgestellt, dass den Abbau von 26.000 der 125.000 Stellen, Einsparungen bei den Materialkosten, eine Plattformstrategie mit dem japanischen Partner Mitsubishi Motors und die Verwendung von Komponenten von Mercedes vorsieht. Dadurch soll die derzeit hohe Verluste schreibende Tochter Chrysler im Jahr 2002 wieder die schwarzen Zahlen erreichen und 2003 bereits wieder mehr als zwei Milliarden Euro Gewinn erwirtschaften. Die Prognosen basieren auf der Annahme, dass der sich stark abkühlende US-Automarkt in diesem und in den kommenden Jahren ein Volumen von etwa 16 (Vorjahr 17,4) Millionen Fahrzeuge haben wird.
Zetsche sagte, falls sich der Markt noch stärker abschwäche, würden die Sparanstrengungen bei Chrysler noch verstärkt. "Wenn sich der Markt noch schlechter entwickelt - sagen wir um 500.000 Fahrzeuge - würden wir versuchen, dies auf der Kostenseite auszugleichen", sagte er Reuters am Dienstagabend. Die Annahmen des Unternehmens für das Marktvolumen seien bereits konservativ, aber man könne eine negativere Entwicklung nie ausschließen. Und in einem solchen Fall wäre es sicher nicht realistisch, auf einen steigenden Marktanteil zu hoffen.
Analysten sagten, nun komme es darauf an, dass der Konzern seine Prognosen auch einhalte. "Wir kennen jetzt ihre Ziele, die ziemlich ehrgeizig aussehen. Und nun müssen sie es beweisen", sagte ein Analyst in London. Georg Stürzer von der HypoVereinsbank äußerte die Einschätzung, dass die Ergebnisziele und die Grundannahmen des Sanierungsplans realistisch und als konservativ anzusehen seien. Zudem werde mit der stärkeren Integration von Chrysler und Mitsubishi sowie der gemeinsamen Nutzung von Komponenten eine der Hauptquellen für Einspareffekte in den kommenden Jahren erschlossen. Stürzer hob sein Kursziel für die DaimlerChrysler-Aktie auf 64 von zuvor 58 Euro an.
Im deutschen Aktienhandel legte der Kurs der Aktie bis zum Nachmittag um zwei Prozent auf 54 Euro zu. Das Börsenbarometer Dax lag zum gleichen Zeitpunkt um 0,7 Prozent im Plus |