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08.01.2011 Deutscher Plan Krisen-Portugiesen sollen unter Rettungsschirm flüchten Proteste gegen Sparprogramm (Archiv): Portugal reduziert sein Haushaltsdefizit drastisch Zur Großansicht AFP
Proteste gegen Sparprogramm (Archiv): Portugal reduziert sein Haushaltsdefizit drastisch
Portugal stemmt sich gegen den finanziellen Ruin. Doch die Regierungen in Berlin und Paris rechnen nach SPIEGEL-Informationen offenbar mit dem baldigen Kollaps des Krisenstaates. Deshalb wollen sie das Land unter den Euro-Rettungsschirm zwingen - und diesen notfalls mit unbegrenzten Mitteln ausstatten.
Hamburg - Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende? Deutschland und Frankreich haben sich zur Lösung der Portugal-Krise offenbar für die erste Alternative entschieden: Sie wollen den Krisenstaat drängen, möglichst bald unter den Euro-Rettungsschirm zu schlüpfen. Das finanziell angeschlagene Land werde nicht mehr lange Kredite am Kapitalmarkt aufnehmen können, vermuten Experten beider Regierungen.
ANZEIGE Als Alarmsignal werten sie, dass Portugal in der vergangenen Woche beim Verkauf von Anleihen 3,69 Prozent Zinsen für eine halbjährige Laufzeit bieten musste. Zum Vergleich: Am selben Tag brachte Deutschland eine Anleihe mit einer Laufzeit von zehn Jahren für 2,87 Prozent an den Markt.
Portugal müsse nun schnell Hilfe des Rettungsschirms in Anspruch nehmen, heißt es in Berlin. Nur so lasse sich verhindern, dass die Krise auf weitere Länder, etwa Spanien oder Belgien, überspringe. Zeitgleich mit der Hilfe für Lissabon sollten die Mitgliedsländer der Euro-Zone ankündigen, bei Bedarf alle notwendigen Mittel zur Verfügung zu stellen, um die Währungsunion zu retten.
Zwei Portugiesen in Spitzenpositionen
Die Maßnahme liefe darauf hinaus, dem bislang mit 750 Milliarden Euro ausgestatteten Rettungsschirm notfalls unbegrenzt weiteres Geld zu geben. Am Freitagabend trafen sich Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) und seine französische Amtskollegin Christine Lagarde in Straßburg - auch, um über die Lage des Euro zu beraten.
Beide wissen, dass es mit Portugal nicht so einfach wird wie mit Irland, das auf Druck der Mitgliedsländer und der Europäischen Zentralbank (EZB) Hilfszahlungen schließlich zustimmte. Der Vizepräsident der EZB ist Portugiese, EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso ebenfalls. Die Regierung in Lissabon widersetzt sich ohnehin, weil sie Sparauflagen fürchtet, die mit Unterstützungszahlungen verbunden sind.
Immerhin gibt es auch positive Nachrichten aus Portugal: Die Wirtschaft des hoch verschuldeten Landes ist im abgelaufenen Jahr stärker gewachsen als erwartet. 2010 sei ein Wachstum zwischen 1,3 und 1,4 Prozent erzielt worden, sagte Ministerpräsident José Sócrates. Dies sei doppelt so viel wie ursprünglich geschätzt, betonte er unter Berufung auf vorläufige Zahlen der Zentralbank.
Auch Brasilien könnte Portugal helfen
Die Steuereinnahmen seien stärker gestiegen, die Staatsausgaben stärker gesunken als erwartet, erläuterte Sócrates. Außerdem habe Portugal sein Haushaltsziel erreicht, die Rekord-Neuverschuldung von 9,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf 7,3 Prozent zu senken. Dieses Jahr soll das Defizit auf 4,6 Prozent gedrückt werden.
Offenbar erhält Portugal auch von einem bislang unbekannten Geldgeber einen Kredit. Das Finanzministerium erklärte, derzeit Staatsanleihen über eine sogenannte Privatplatzierung zu verkaufen. "Wir werden keinen Kommentar zu dem Käufer abgeben", sagte eine Sprecherin des Ministeriums. An den Märkten wird spekuliert, dass China portugiesische Anleihen kaufen könnte, um einen Beitrag zur Eindämmung der europäischen Schuldenkrise zu leisten.
Die portugiesische Regierung bemüht sich auch bei der ehemaligen Kolonie Brasilien um Geld, indem sie Staatsanleihen an das südamerikanische Land verkaufen will. China hat öffentlich angekündigt, Staatsanleihen von Griechenland und Spanien zu kaufen und hat auch Portugal Unterstützung zugesagt, ohne jedoch dabei direkt den Kauf von Anleihen in Aussicht zu stellen.
Allianz fordert Ende der Stützungskäufe durch EZB
ANZEIGE Weiter Streit gibt es auch um den Aufkauf von Staatsanleihen durch die Europäischen Zentralbank (EZB). Die CSU hält nach SPIEGEL-Informationen auch nach dem Auftritt von EZB-Präsident Jean-Claude Trichet auf der Klausurtagung der Partei in Wildbad Kreuth an ihrer Kritik am Aufkauf von Staatsanleihen durch die Notenbank fest. "Herr Trichet hat unsere Bedenken nicht ausräumen können", sagt CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt.
Auch die Allianz Leben fordert wegen der niedrigen Zinsen an den Kapitalmärkten ein baldiges Ende der Stützungskäufe durch die EZB. "Der Ankauf von EU-Staatsanleihen durch die Europäische Zentralbank im großen Stil war der Sündenfall", sagte der Chef der Allianz Leben Maximilian Zimmerer dem SPIEGEL. Diese Strategie müsse "so bald wie möglich gestoppt werden".
Die Lebensversicherer leiden unter dem aktuell schwachen Zinsumfeld besonders. Die Branche hat fast 90 Prozent der Kundengelder in festverzinsliche Wertpapiere investiert. |