Bodo Schnabel, ComROAD-CEO, im Gespräch mit gatrixx zu den Halbjahreszahlen und Geschäftsprognosen des Unternehmens, zu Kritiken der Analysten und zur Zusammenarbeit mit der Automobil-Industrie
Originalartikel unter: http://www.g-ft.de/gatrixx/news.htm?id=10083533&sektion=Interviews
ComROAD: 100 Prozent Wachstum (Titel: gatrixx-finanztreff)
Auf der Internationalen Funkausstellung hat ComROAD-Vorstand Bodo Schnabel gegenüber gatrixx die Geschäftszahlen für das erste Halbjahr 2000 erläutert. Auch die Prognosen waren Thema. Gleichzeitig bezog Schnabel Stellung zu mehrfach geäußerten Kritikpunkten. ComROAD bietet Telematik-Netzwerke an, die auf der Verbindung von Mobilfunk-Standards, Positionsbestimmung per Satellit (GPS) und Internet basieren. Mit Hilfe von Empfangsgeräten in Autos ermöglicht die Netz-Infrastruktur eine Vielzahl von Diensten. Die Technologie-Lösung besteht aus Software-Modulen und Endgeräten, die ein weltumspannendes Netzwerk bilden. Telematik-Zentralen in Deutschland, Großbritannien, Hongkong und den USA ermöglichen den Betrieb in drei Weltzeitzonen rund um die Uhr.
Halbjahreszahlen im Plan
gatrixx: Ihre Halbjahreszahlen lauten 33,9 Millionen Euro Umsatz und 7,6 Millionen Euro Gewinn vor Steuern und Zinsen (EBIT). Damit haben Sie nach eigenen Angaben Ihre Planzahlen deutlich übertroffen. Wie sahen diese aus? Schnabel: Wir hatten einen Umsatz von 19 Millionen Euro geplant und ein EBIT von 7,35 Millionen Euro.
gatrixx: Dennoch liegen Sie mit Ihrem Halbjahres-Ergebnis meilenweit von Ihren Planzahlen für das Gesamtjahr entfernt: 95 Millionen Euro Umsatz und 21 Millionen Euro EBIT. Ist diese Prognose überhaupt noch realistisch? Schnabel: Im Telematik-Markt bewegen wir uns in einem stark wachsenden Segment. Dieses Wachstum ist allerdings nicht linear. Dem haben wir selbstverständlich unsere Planung angepasst. Für die ersten beiden Quartale hatten wir ein Umsatz- und Gewinnwachstum von 35 Prozent eingeplant. Das spiegelt sich ja auch in unseren Halbjahreszahlen wider. Im laufenden dritten Quartal werden wir 30 Prozent und im vierten Quartal 35 Prozent des geplanten Umsatzes und Gewinns erwirtschaften. Das ist übrigens nichts Neues. Im vergangenen Jahr lautete unsere Planung: 12, 18, 30 und 40 Prozent Umsatz und Gewinn pro Quartal. Unsere Prognose ist also absolut realistisch.
gatrixx: Wie ist die momentane Auftragslage? Schnabel: Die vorliegenden Aufträge überschreiten bereits den für das dritte Quartal geplanten Umsatz von 28,5 Millionen Euro.
gatrixx: Sie haben vor einigen Tagen den Eingang eines Millionenauftrags gemeldet. Müssten Sie da nicht Ihre Umsatz-Prognose anheben? Schnabel: Es ist richtig, dass der Auftrag nicht eingeplant war. Doch die rund 30 Millionen Mark aus diesem Auftrag verteilen sich über drei Jahre. Wir werden unsere Umsatzprognose nicht anheben. Vielmehr sind wir so in der Lage, mögliche Veränderungen bei anderen Aufträgen zu kompensieren. Wir sind allerdings auch nicht traurig, wenn wir unsere 2001-Prognose überbieten. Analysten-Schelte
gatrixx: Die Aktionäre glauben augenscheinlich nicht an die Wachstumsaussichten. Oder wie erklären Sie, dass der Kurs kaum auf die Halbjahreszahlen reagiert hat? Schnabel: Das sehe ich nicht so. Der Markt wird zwar immer misstrauischer, doch unser Kurs ist ja von 8 auf 13 Euro gestiegen. Gewinn-Mitnahmen drückten dann allerdings den Kurs wieder. Im Gegensatz zu vielen anderen Werten ist die ComROAD-Aktie umsatzstark und bei den Tradern gefragt.
gatrixx: Misstrauisch sind einige Analysten geworden, weil nach ihren Angaben keine Zahlen über die verkauften Telematik-Systeme vorliegen. Wie viele haben Sie bisher verkauft? Schnabel: Das kann ich gar nicht verstehen. Wir haben diese Zahlen immer kommuniziert. 1999 waren es 15.000 und ein Jahr später 77.000. Für dieses Jahr haben wir den Verkauf von 160.000 Systemen geplant. Im ersten Halbjahr waren es bereits 50.000. Auch damit liegen wir weit über Plan. Dabei ist anzumerken, dass die Durchschnittspreise für die Systeme auf Grund höherwertiger Angebote gestiegen sind. Hier zeigt sich, dass viele Analysten unser Geschäftsmodell überhaupt nicht verstanden haben. Erst haben sie uns hoch gejubelt. Jetzt, wo es der Peer-Group schlecht geht, schreiben sie uns runter - obwohl wir bestens dastehen.
gatrixx: Wieso geht es ComROAD besser als den vergleichbaren Unternehmen in der Peer-Group? Schnabel: Weil wir ein anderes Geschäftsmodell haben. Wir sind eine Technologiefirma, die zunehmend ihr Geld im Lizenzgeschäft verdient. Dafür stehen Lizenzhändler in weltweit 33 Ländern.
gatrixx: Es wird bemängelt, dass Sie die Namen Ihrer Kunden als geheime Verschluss-Sache betrachten. Wollen oder können Sie sie nicht bekannt geben? Schnabel: Wir kennen unsere Endkunden überhaupt nicht, sondern nur die Lizenznehmer. Die sind auch bekannt. Es ist ja so, dass die Lizenznehmer zu einem Einstiegspreis von 200.000 bis 500.000 Euro in den jeweiligen Ländern eine Service-Station aufbauen und unter einem regionalen Namen vermarkten. ComROAD taucht dabei als Marke überhaupt nicht auf. Wir kassieren lediglich 10 Prozent Lizenzgebüren. Von den 33 Service-Stationen arbeiten fast alle schon. Einige wenige befinden sich derzeit im Aufbau, der durchaus ein Jahr dauern kann.
Partner Automobil-Industrie
gatrixx: Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass Sie bisher noch keine direkten Geschäftsbeziehungen zu den Autobauern haben. Tut sich da etwas? Schnabel: Bisher war es so, dass die Produktzyklen bei den Autoherstellern einfach viel zu lang für uns waren. Telematik-Kunden werden nicht über die Autoindustrie generiert. Hier stehen ganz vorn die Telekommunikations-Anbieter und die Computer-Industrie. Das ist ähnlich wie bei der Mobilfunk-Technologie. Die ist zwar für die Autos entwickelt worden. Die Zyklen waren dann aber deutlich kürzer als bei den Autobauern, so hat sich die Mobilfunk-Technik verselbständigt. Wie sich die enge Bindung eines Telematik-Unternehmens an die Autoindustrie auszahlt, ist am Beispiel von CAA zu sehen. gatrixx: Besteht seitens der Autoindustrie überhaupt kein Interesse an ComROAD? Schnabel: Ganz im Gegenteil. Wir arbeiten mit allen Autoherstellern an Pilotprojekten. Doch es gibt Geheimhaltungsklauseln, wir dürfen das nicht näher kommunizieren. Besonders freut uns, dass die Autoproduzenten zunehmend Interesse an den Service-Stationen zeigen. Diese Stationen garantieren einen weltweiten Service, den die global denkenden Konzerne benötigen, um Telematik-Systeme verkaufen zu können.
gatrixx: Wird man dann demnächst im Mercedes den Namen ComROAD lesen können? Schnabel: Nein, ganz bestimmt nicht. In den Autos wird es nie Hardware von ComROAD geben. Wir steigen schrittweise aus dem Hardware-Geschäft aus.
gatrixx: Welche Wachstumsphantasien beinhaltet das eben geschilderte Geschäftsmodell? Schnabel: Wir wollen und werden weiter mit 100 Prozent pro Jahr wachsen. Damit liegen wir weit über dem prognostiziertem Wachstum im Telematik-Bereich von 30 bis 40 Prozent jährlich. Darin sind mögliche Akquisitionen selbstverständlich nicht enthalten.
gatrixx: Welche Art von Unternehmen würden Sie gern übernehmen, und wie viel Geld steht dafür zur Verfügung? Schnabel: Wir haben momentan einen Bargeld-Bestand von rund 43 Millionen Euro. Wenn wir Unternehmen akquirieren, dann solche, die über interessante Technologien auf dem Telematik-Sektor verfügen. |