Finde deine Ausführungen zum "alternativäquivalentem" KGV sehr interessant. Sie entsprechen zwar nicht ganz dem, was ich meine, gelernt zu haben, aber man kann darüber einmal nachdenken.
Üblicherweise ist es ja so, dass ein niedriger Leitzins hohe KGVs und damit eine niedrigere Verzinsung von Aktien bedingt bzw. zulässt. Mit anderen Worten: Ist der Leitzins niedrig, wird auch die Verzinsung von Aktien (umgekehrtes KGV) sinken und dies bedeutet bei gleichbleibenden Gewinnen in der Regel höhere Kurse. Der Grund ist die Arbitrage, d.h. die Marktteilnehmer sind bestrebt, Renditeunterschiede auszunutzen, was auf eine gewisse Sicht zu einer Angleichung der Renditen führen wird. Hebt die Notenbank den Zins nun an, müssen die KGVs nach dieser Theorie sinken, damit die Aktien weiter gut rentieren (rechnet man noch einen Risikoaufschlag mit ein). Sinken können die KGVs aber nur, wenn entweder die Gewinne steigen (was bei einer Erhöhung des Leitzinses wegen der damit einhergehenden Erhöhung der Fremdkapitalzinsen schwierig werden dürfte) oder aber die Kurse fallen.
Daher weiß ich nicht ganz genau, ob man die von dir angestellten Vergleiche so anlegen darf. In 2000 wurden Aktien einfach verdammt teuer, weil selbst der risikolose Zins über der sich aus dem KGV ergebenden Rendite von Aktien lag. Ebenso knapp wurde das Verhältnis in 2008. Der Risikoaufschlag von ca. 1 % hatte sich mit dem tatsächlichen Risiko von Aktien nicht mehr gut vertragen.
Sollten sich die erwarteten Gewinne nicht mehr realisieren lassen, dann stellt sich immer erst noch die Frage der Höhe des vom Markt einkalkulierten Risikoaufschlags über dem risikofreien Zins von 0,75 %; dieser dürfte momentan bei ca. 6-7 % liegen (auf Basis KGV 13). Ich denke, kritisch wird es für den Markt erst, wenn die Notenbanken von ihrer Niedrigzinspolitik abweichen, wofür es - so meine ich gehört zu haben - zumindest in den USA auf Jahressicht erste Anzeichen gibt. |