...ist plötzlich wie leer gefegt.
Zwei Jahre lang steckten die Hersteller von Solarpaneelen in der Krise, nachdem es eine weltweite Angebotsschwemme gegeben hatte. Nun aber zeichnet sich eine Angebotsknappheit ab.
Das Überangebot in den vergangenen Jahren hatte die Preise einbrechen lassen, was die Nachfrage hochtrieb. Zudem waren Dutzende Hersteller pleite gegangen, und die verbliebenen hatten ihre Investitionen zurückgefahren.
Nun wird jedoch eine Zunahme der Installationen um 29 Prozent in diesem Jahr erwartet, und die Manager richten sich erstmals seit acht Jahren auf einen Nachfrageüberhang ein. Die größten Hersteller dürften von dieser Entwicklung profitieren, darunter Yingli und Trina Solar aus China.
"Der Markt für Solarzellen und -module ist wirklich leer gefegt", sagt Stefan de Haan, Analyst beim Beratungsunternehmen IHS: "Es gibt keine großen Überkapazitäten mehr."
China und Japan saugen das Überangebot auf
Die bevorstehende Knappheit ist Folge der rasanten Entwicklung der Solarenergie, vor allem in Asien. Nach den Zahlen von Bloomberg New Energy Finance wurden weltweit im vergangenen Jahr Fotovoltaik-Module mit insgesamt 40 Gigawatt installiert – eine Versiebenfachung in den vergangenen fünf Jahren.
Obwohl der Solarmarkt in Europa inzwischen eingebrochen ist, weil viele Staaten aufgrund der Finanzkrise ihre Subventionen für erneuerbare Energien gekürzt haben, rechnen die Analysten auf dem Weltmarkt in diesem Jahr mit einem weiteren Wachstum der Neuinstallationen auf nunmehr 53 Gigawatt.
Noch vor wenigen Jahren bestand der Weltmarkt fast ausschließlich aus Deutschland, das mit seinen hohen Einspeisetarifen den größten Teil der weltweiten Modulproduktion aufsaugte. Inzwischen ist Deutschland bei der Zahl neu installierter Solarmodule auf den vierten Platz abgerutscht: mit weitem Abstand auf das Führungstrio China, Japan und USA.
Insbesondere der chinesische Solarmarkt übertrifft derzeit alle Erwartungen. Im vergangenen Jahr wurden bereits Module mit einer Kapazität von 12 Gigawatt installiert, was sogar den deutschen Installationsrekord von 7,5 Gigawatt aus dem Jahr 2011 bei Weitem übertrifft. In diesem Jahr sollen es in China sogar 14 Gigawatt werden. Diese installierte Leistung entspricht der von 14 Großkraftwerken, kann allerdings nur während der Sonnenstunden zur Stromproduktion abgerufen werden.
Das energiehungrige China, das in den Metropolen stark durch die Emissionen von Kohlekraftwerken belastet ist, will erneuerbare Energien verstärkt ausbauen. Zudem will Peking nicht die Arbeitsplätze der großen Solarfabriken in oft strukturschwachen Regionen gefährden, die zuletzt hauptsächlich für den europäischen Markt produziert hatten – und sorgt deshalb nun für eine höhere inländische Nachfrage.
Auch Japan zeigt hohes Interesse an erneuerbaren Energien, seit das große Erdbeben im Jahre 2011 und die AKW-Havarie von Fukushima den zeitweise völligen Ausfall der Atomkraft nach sich gezogen hatte.
Solarboom kommt für die deutsche Branche zu spät
Insgesamt hat die globale Solarbranche Produktionskapazitäten von rund 70 Gigawatt, schätzt New Energy Finance. Darunter entfällt ein großer Anteil auf ältere Anlagen, die nicht profitabel sind. Dadurch ist das Verhältnis von Angebot und Nachfrage knapper als diese Zahl anzeigt.
De Haan schätzt die Kapazität auf rund 59 Gigawatt, wenn man veraltete Produktionsanlagen herausrechnet. Wenn man nur "bedeutende und aktive Fabriken berücksichtigt", dann sind Angebot und Nachfrage fast gleichauf, erklärt Luc Grare vom norwegischen Paneelehersteller REC Solar.
Das letzte Mal, als das Angebot knapp war, war im Jahr 2006, als die Branche bloß 1,5 Gigawatt Kapazität installierte. Im Jahr darauf nahmen die größten chinesischen Hersteller 1,8 Milliarden Dollar an der Wall Street auf, um neue Produktionskapazitäten zu finanzieren. Zwischen 2005 und 2010 begaben die chinesischen Hersteller Aktien für rund fünf Milliarden Dollar und entrissen amerikanischen, deutschen und japanischen Herstellern die Kontrolle über den Markt.
Chinesen haben die Preise am Solarmarkt stark gedrückt
Die zusätzliche Kapazität drückte die Preise und trieb Dutzende Hersteller in den Bankrott. Heute kosten Solarpaneele 76 Cent je Watt, Ende 2010 waren es noch 2,01 Dollar. Allein in diesem Jahr hat der Preis zwölf Prozent nachgegeben.
Vor allem die deutsche Solarbranche brach unter der chinesischen Billigkonkurrenz fast völlig zusammen. Branchengrößen, darunter der einstige Weltmarktführer Q-Cells, gingen reihenweise pleite. Große ausländische Konzerne wie First Solar stellten ihre Produktion in Deutschland ein. Von den großen Unternehmen konnte sich bislang nur die Bonner Solarworld AG mit einer schmerzhaften Umschuldung über die Zeit retten.
Während der globale Nachfrageboom für den größten Teil der deutschen Solarindustrie also zu spät kommt, können sich immerhin noch einige inländische Maschinenbauer und Zulieferer der Solarindustrie auf bessere Zeiten freuen, darunter Firmen wie der Wechselrichterhersteller SMA Solar, der Maschinenbauer Manz AG aus Reutlingen oder Wacker Chemie.
"Nach unseren Schätzungen schließt sich die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage Ende 2014", sagte Manz-Sprecher Axel Bartmann. "Das wird ganz klar zu steigenden Investitionen in moderne Ausrüstung führen."
Preise für Solarmodule bleiben trotzdem stabil
Denn manche Hersteller expandieren bereits wieder und fragen Automationstechnik oder Silizium aus Deutschland nach. Im Mai begann die Canadian Solar bereits mit dem Bau einer neuen Solarzellenfabrik in China. Das Werk soll eine jährliche Anfangskapazität von 300 Megawatt haben.
Einige Anbieter spüren bereits eine Verknappung. "Man kann durchaus sagen, dass unsere Paneele knapp sind", sagt Tom Werner von SunPower. Die Fabriken des Herstellers im kalifornischen San Jose laufen mit voller Kraft, und im Juli kündigte das Unternehmen den Bau eines neuen Werks an. Dieses soll 2017 die Arbeit aufnehmen und jährlich mindestens 700 Megawatt fertigen.
Anders als in anderen Branchen hätte eine Knappheit wohl keine höheren Preise zur Folge, erklärt Arno Harris, Chef von Recurrent Energy, einem Entwickler, der zu Sharp gehört. Da die Produktionskosten sinken, könnten die Hersteller ihre Gewinne steigern, ohne die Preise anzuheben.
Das sei wichtig, weil Solarenergie äußerst preisempfindlich sei, so Harris. "Es wäre schwierig, die Preise für Module nennenswert anzuheben, weil es keine natürliche Nachfrage nach diesen Produkten bei höheren Preisen gibt", erklärt er. "Wenn man den Preis zu sehr anhebt, dann geht die Nachfrage anderswohin. Sie wechselt dann zu Gas, oder sie wechselt zu Wind."
http://www.welt.de/wirtschaft/energie/...etzlich-wie-leer-gefegt.html |