Großaktionäre halten an Zerschlagung fest - Turbulente Hauptversammlung
Hamburg - Sie warfen sich gegenseitig "Wildwest-Methoden" vor, beschimpften ihre Gegner als "Krebsgeschwüre" und vermuteten "trojanische Pferde" im Aufsichtsrat. Die Redner auf der Hauptversammlung des Telekom-Anbieters Freenet lieferten sich streckenweise eine regelrechte Schlammschlacht. Die harten verbalen Auseinandersetzungen kamen nicht überraschend. Eine Reihe größerer Aktionäre versucht, den erst im März aus dem Mobilfunker Mobilcom und dem DSL-Anbieter Freenet fusionierten Konzern wieder zu zerlegen. Ein Verkauf des tranchierten Unternehmens werfe einen höheren Gewinn ab, als Freenet ganz oder gar nicht zu verkaufen, behaupten die Zerschlagungs-Befürworter. Besonders der Mobilfunk-Discounter Drillisch, der mit zehn Prozent beteiligt ist, treibt die Filetierung voran. Freenet-Chef Eckhard Spoerr lehnte die Zerschlagung erneut energisch ab, zeigte sich aber für einen Komplettverkauf offen. Für das laufende Geschäftsjahr stellte er einen Ergebnissprung auf 160 Mio. Euro vor Steuern in Aussicht. Beim Aktionärstreffen in Hamburg versuchte Drillisch offensichtlich, die Freenet-Führung in ein schlechtes Licht zu stellen und ihren Sturz herbeizuführen. "Im Zentrum unserer Kritik steht das Optionsprogramm", sagte Rechtsanwalt Robert Weber, der für Drillisch sprach. Vor zwei Monaten hatte der Freenet-Aufsichtsrat ein Aktienoptionsprogramm verabschiedet, das innerhalb von sechs Jahren Ausschüttungen von bis 50 Mio. Euro an den dreiköpfigen Vorstand vorsieht. Weber monierte die "intransparente Art und Weise", wie der Aufsichtsrat das Programm abgesegnet habe. Dazu zitierte er eine Beschlussvorlage für das Gremium, in dem Drillisch nicht vertreten ist. Ein Aktionär beschuldigte Drillisch daraufhin der "Industriespionage". Weber forderte die Aktionäre auf, Vorstand und Aufsichtsrat nicht zu entlasten. Zudem wollte er wissen, ob der Sohn von Aufsichtsratschef Helmut Thoma als Berater für Freenet tätig gewesen sei. Wenn das der Fall sein sollte, stünde Thoma dem Vorstand für seine Rolle als Chefkontrolleur zu nahe. Die Fondsgesellschaft Hermes, die sich bisher für eine Zerschlagung ausgesprochen hatte, zeigte sich in Hamburg überraschend gemäßigt. Ihr Vertreter betonte, dass in der Telekom-Branche inzwischen eine bestimmte Unternehmensgröße notwendig sei. "Bei den nächsten Zusammenschlüssen muss Freenet deshalb dabei sein", sagte Stefan Howald. Zuletzt hatte es einige Übernahmen gegeben, bei den denen Freenet außen vor geblieben war. Aus den überschüssigen Mitteln will Freenet eine Sonderdividende von sechs Euro je Aktie ausschütten. Mehrere Aktionäre beantragten elf Euro und mehr. Thomas Hechtfischer von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz bezeichnete den Streit um die Sonderdividende als "Luxusproblem" und plädierte für die vom Vorstand festgelegten sechs Euro: "Alles andere würde die Vergleiche mit den Anfechtungsklägern gegen die gerade erst erfolgte Fusion gefährden." Aus der Berliner Morgenpost vom 21. Juli 2007 |