EINE LEHRSTUNDE für verantwortliche VORSTÄNDE, ein Unterschied wie TAG und NACHT. unser Unternehmen realisiert das Projekt TOP 100, im Rahmen dessen Greenvironment für seine Innovationskraft ausgezeichnet wurde. Auch wir sind deshalb entsetzt über die Insolvenz des Unternehmens und haben deshalb unseren wissenschaftlichen Leiter - Prof. Dr. Nikolaus Franke - um eine Stellungnahme gebeten. Hier ist sie:
Der Innovationswettbewerb TOP 100 zielt auf das Innovationspotenzial und die bereits realisierten Innovationserfolge der teilnehmenden Unternehmen ab. Der Bewertungsprozess umfasst etwa 100 Variablen und ist in mehrere Schritte gegliedert. In der Qualifikationsrunde wird das Innovationspotenzial anhand von knapp 30 Variablen in den Kategorien Innovationsförderndes Top-Management, Innovationsklima, Innovative Prozesse und Organisation sowie Innovationsmarketing bewertet. Im Fall einer positiven ersten Beurteilung eines Teilnehmers muss dieser im Finalfragebogen etwa 70 weitergehende Fragen zur Ausgestaltung des Innovationsmanagements in den o.a. Kategorien und zu den Innovationserfolgen der vorangegangenen drei Jahre beantworten. Die Unternehmensverantwortlichen bestätigen mit einer rechtsverbindlichen Unterschrift, die Angaben nach bestem Wissen und Gewissen zu machen. Bei unklaren oder unplausibel erscheinenden Antworten werden die Unternehmen aufgefordert, Belege für die Richtigkeit der Angaben nachzureichen. Dies war auch bei Greenvironment der Fall (bei eher nebensächlichen Fragen), die Antworten konnten aber plausibilisiert werden.
Greenvironment konnte sich aufgrund der an uns übermittelten Informationen zur Ausgestaltung des Innovationsmanagements in der Größenklasse A (bis 50 Mitarbeiter) in der Spitzengruppe des diesjährigen Wettbewerbs platzieren. Im Rahmen eines Unternehmensbesuchs (Innovationsaudit) am 1. März 2012 am Firmensitz in Berlin wurden vom Unternehmen zahlreiche Dokumente präsentiert und zu allen Fragen bereitwillig Auskunft gegeben. Dabei dienten u.a. Prozessmodelle und Meetingprotokolle als Beleg für die im Fragebogen dargestellte Ausgestaltung des Innovationsprozesses, Budgets/Abrechnungen über die Höhe des Innovationsbudgets, Dokumente über Weiterbildungsaktivitäten, Belege für Kooperationsaktivitäten mit Kunden, Lieferanten, Wettbewerbern und strategischen Partnern, Erläuterungen zum Strategie(entwicklungs)prozess, Marketingpläne oder eine Auflistung von Referenzkunden. Die Geschäftsführung gewährte zudem Einblick in den aktuellen Businessplan und berichtete vom bevorstehenden Abschluss der Beteiligungsverhandlungen mit einem strategischen Investor (dessen Name auch genannt wurde) und dessen baldige Beteiligung am Unternehmen. Auf diese Weise konnte die Richtigkeit der in den beiden Fragebögen gemachten Angaben bestätigt werden. Lediglich bei drei Fragen mussten die Antworten für den weiteren Bewertungsprozess nach unten korrigiert werden (Missverständnisse, die für die Einstufung als eines der TOP 3 Unternehmen irrelevant waren). Erwähnt werden muss nochmals, dass das Kriterium für eine Platzierung unter den TOP 100 die innovationsfördernde Führung, Organisation, Klima und Außenorientierung sowie die realisierten Innovationserfolge sind. Die wirtschaftliche Stärke ist eher eine Art (wichtige) „Nebenbedingung“.
Insgesamt deutete beim Unternehmensbesuch aufgrund der Vielzahl der präsentierten und zur Einsicht aufgelegten Dokumente/Informationen nichts darauf hin, dass die in den beiden Fragebögen gemachten Angaben nicht korrekt seien. Auch die Nachfrage bei drei vom Unternehmen genannten externen Referenzen über die Preiswürdigkeit von Greenvironment zeigte keine negativen Auswirkungen. Gleichzeitig wurde beim Unternehmensbesuch der Eindruck eines Unternehmens gewonnen, das spezifische Eigenschaften eines klassischen High-tech Start-up-Unternehmens aufwies und auch in einem solchen Umfeld operierte. Die von Greenvironment forcierte Mikrogasturbinentechnologie forderte den technologischen Status quo von KWK-Anlagen/der dezentralen Energieerzeugung heraus (mit Potenzial für Disruption der Branche). Gleichzeitig kann/konnte die Frage „Was ist das (attraktivste) Kundensegment?“ noch nicht eindeutig beantwortet werden. Abgesehen von diesen Branchen- und Marktbesonderheiten zeigte sich die Start-up-Eigenschaft von Greenvironment insbesondere auch darin, dass das Unternehmen nach wie vor auf Außen- (Risikokapital-) Finanzierung angewiesen war, um sich nachhaltig am Markt etablieren zu können.
Die bis dahin negative Ertragssituation war bekannt. In dem von Greenvironment bearbeiteten innovativen und dynamischen Branchen- und Marktumfeld stellte dies aus unserer Sicht zwar ein Risiko, aber keine untypische Besonderheit dar. Der Businessplan und insbesondere die mehrmaligen und glaubwürdig vorgebrachten Verweise auf den bevorstehenden erfolgreichen Abschluss der Beteiligungsverhandlungen mit dem strategischen Investor (sowie auf bestehende und bevorstehende Kooperationen mit namhaften Unternehmen aus der Energiebranche) ließen Anfang März unserer Einschätzung nach einen positiven Ausblick zu. Dies u.a. auch deshalb, weil es dem Unternehmen in der kurzen Zeit seines Bestehens einige Male gelungen war, sein Geschäftsmodell an sich ändernde Markt- und regulative Bedingungen anzupassen – eine wichtige Eigenschaft erfolgreicher Innovatoren.
Wir haben bei der Überprüfung der Fragebögen und beim Unternehmensbesuch also keinerlei Hinweise darauf gefunden, die einen Ausschluss des Unternehmens aus dem Wettbewerb bzw. aus der Spitzengruppe in der Größenklasse A gerechtfertigt hätten. Wir haben jedoch in den Unterlagen für die Jurysitzung, in der die namhafte Jury den Innovator des Jahres wählt, explizit auf das erhöhte Markt-, Technologie- und Finanzierungsrisiko von Greenvironment hingewiesen. Diese hat das Unternehmen an die dritte Stelle gereiht. Sie hat keinerlei Anlass dafür gesehen, Greenvironment aus den TOP100 auszuschließen.
Sollte das Unternehmen an diesen Risiken gescheitert sein, ist dies, insbesondere auch für dessen Aktionäre, äußerst bedauerlich. Es ist aber Teil des Risikos, das Innovationen naturgemäß innewohnt und gerade bei kleinen und jungen Unternehmen zumeist zwangsläufig in die Insolvenz führt. Sollte es in diesem Zusammenhang jedoch gezielte Falschinformationen durch das Management gegeben haben, so sehen wir uns selbst als Geschädigte und gehen davon aus, dass compamedia weitere rechtliche Schritte gegen Greenvironment prüft.
Wir werden den Fall prüfen und behalten uns im Falle einer Täuschung rechtliche Schritte vor. Sollten sich von Ihrer Seite noch Fragen ergeben, können Sie sich jederzeit an mich wenden.
Beste Grüße
Joachim Schuble Geschäftsführer
compamedia GmbH Mentor der besten Mittelständler
Nußdorfer Straße 4 88662 Überlingen
|