Die Union und Hartz - Isolation aus parteipolitischem Egoismus
Die Union bleibt sich treu: nur Verwirrendes ist zum einstimmig beschlossenen Konzept der Hartz-Kommission zu vernehmen. Das lange erwartete Statement vom Kandidaten verharrt im Niveaulosen. All das „Hartz-Gequatsche„ würde nichts nützen fällt ihm dazu ein, während Merkel durchaus Vorschläge übernehmen würde und - verkehrte Welt - Lothar Späth in dem Papier auf einmal „keine Basis" mehr sieht, auf der man aufbauen könnte. Und ausgerechnet Friedrich Merz flüchtet sich in den Vorwurf der Unbezahlbarkeit. Noch immer hat sich der Kandidat nicht positioniert, bei den vielen Meinungen aus der Union zum Thema bleibt nur der Eindruck, dass aus parteipolitischem Egoismus in Wahlkampfzeiten verhindert wird, was Vielen berechtigte Hoffnung auf Überwindung des Kohlgemachten Stillstands in der Arbeitsmarktpolitik macht.
Mit ihrer Politikverhinderungsstrategie, die niemand mehr versteht und die vor allen Dingen der Ernsthaftigkeit des Problems der Arbeitslosigkeit nicht gerecht wird, isoliert sich die Union weiter. Vor allen Dingen stellt sie sich damit gegen einen breiten Konsens in der Gesellschaft. Mit der Hartz-Kommission haben sich die „Profis der Nation" aufgemacht endlich das drängendste Problem der Deutschen anzugehen. Die breitgefächerte Zusammensetzung der Kommission aus Gewerkschafts- und Arbeitgebervertretern, Wissenschaftlern und Politikern, zeigt deren Unabhängigkeit und deren einstimmiges Votum, den Willen, Reformen anzugehen.
Sich gegen diese Reformfront zu stellen, die „Vorschläge mal durch das Herauspicken von Details, mal pauschal durch den Verweis auf ganz andere Probleme kaputtzureden [...] entspricht [...] dem bekannten System der Politikverhinderung." (Berliner Zeitung, 12.08.2002) „Eine gute Idee - Pardon, Herr Stoiber! - ist nicht deshalb per se schlecht, weil sie im Wahlkampf geboren wird. [...] " (Süddeutsche Zeitung, 12.8.2002)
Die verspätete Unionsantwort auf die ersten Vorschläge der Hartz-Kommission: nicht neu, schon umgesetzt oder unbezahlbar
Die ersten Vorschläge der Hartz-Kommission passten der Union ja bekanntlich nicht ins Wahlkampfkonzept. Zu breit und einhellig war die Zustimmung seitens aller gesellschaftlicher Gruppen. Dass ausgerechnet der wirtschaftpolitische Hoffnungsträger der Union Lothar Späth, sie "revolutionär" fand, konnte so nicht stehen bleiben. Die Union suchte mühsam den Ausweg aus dem Dilemma, das Hartz-Konzept gleichzeitig als aus ihrem Programm abgeschrieben, unsozial oder Wahlkampfspektakel zu verunglimpfen. Das verspätete Resultat: ein eilig von Stoiber und Späth präsentiertes Papier "Offensive 2002" das keine Alternative zu den Hartz-Vorschlägen darstellt. Denn wieder mal sind die großspurig angekündigten Ideen entweder altbekannte Konzepte der Union, bereits umgesetzt oder unbezahlbar.
Nebenbei wurde, wie schon bei der Debatte um die Hartz-Vorschläge, der zu sehr sachorientierte Lothar Späth zurückgepfiffen. Allzu Konkretes wurde aus dem Papier entfernt. Die Zahl von 1,7 Millionen neuer Jobs verschwand wohlweislich. Solide Finanzierungsangaben fehlen wie üblich ganz. Die Reaktion der Gewerkschaften: sie stehen noch geschlossener hinter den Vorschlägen der Hartz-Kommission.
Auch die groß angekündigten Neuerungen in Sachen Ostförderung sind bei Licht besehen vorgetäuschter Aktionismus. Sie hecheln hinter dem hinterher, was im Osten etwa im Investitionsbereich für Verkehrsinfrastruktur bereits angegangen wurde. Die Vorschläge zum Bürokratieabbau und zur Mittelstandspolitik sind ebenfalls bereits Initiativen der Bundesregierung.
Mit diesem Schnellschuss kann die Union jedenfalls nicht den Eindruck loswerden, sie blockiere notwendige Schritte auf dem Arbeitsmarkt aus wahlkampfstrategischen Gründen. Die widersprüchlichen Reaktionen auf das Hartz-Papier, die von "revolutionär" und "mit der Union umzusetzen" (Späth), problemlos (Goppel) über "sozialpolitische Wilderei" (Seehofer), "von der Union abgeschrieben" (Schäuble) bis zu "Irrweg" (Stoiber), "riesengroßer Bluff und Medienspektakel" (Merz) reichten, bleiben unerklärt. Man weiss immer noch nicht, was die Union will, ausser, dass sie nicht will, was rot-grün will. |