Die zuverlässigsten Zahlen zu Erdöl gibts wohl bei den Konzernen selber, z.B. bei BP (die geben jedes Jahr eine "Statistical Review of World Energy" raus. Wenn ich mir die 2009 Zahlen anschaue (kann man sich runterladen auf http://www.bp.com/...cle.do?categoryId=4003111&contentId=7054639) und mit den Werten der Jahre zuvor vergleiche, dann sieht man da ein paar recht interessante Tendenzen.
1. Über die letzten 10 Jahre betrachtet ist der Erdölverbrauch in Nordamerika und Europa + Eurasien so gut wie konstant. Er steigt minimal in Afrika, Südamerika & Naher Osten, und steigt extrem stark in Asien/Pazifik, insbesondere verursacht durch das Wachstum in China und Indien.
2. Das Verhältnis von nachgewiesenen förderbaren Ölreserven und Ölförderung pro Jahr (die ja in etwa gleich zum Verbrauch pro Jahr ist) pendelt seit etwa 20 Jahren knapp über 40, d.h. seit 20 Jahren reicht das Öl nur noch 40 Jahre bezogen auf die zum Zeitpunkt nachgewiesenen Reserven. Dass die Zahl über 20 Jahre fast gleich bleibt liegt daran dass man auch heute noch neue Vorkommen entdeckt bzw. bekannte Vorkommen neu evaluiert.
3. Das Verhältnis aus Reserven und Produktion ist geographisch sehr unterschiedlich. Während Nordamerika, Europa/Eurasien und Asien/Pazifik in etwa 15-20 Jahren ohne Öl dastehen (wenn nicht großartige Neufunde dazukommen was unwahrscheinlich ist, weil das auch die am besten erforschten Gebiete sind), können die Saudis noch 80 Jahre so weiter machen wie bisher.
Was passiert also über die nächsten 10-20 Jahre (natürlich nur meine eigene Meinung)?
1. Der Erdölverbrauch in den modernen Industrieländern (z.B. auch Deutschland oder die USA) wird weiterhin stagnieren oder sogar abnehmen. Fertigungsprozesse werden dort immer energieeffizienter, genau wie Autos und Heizanlagen. Da dort auch mengenmäßig einige der größten Verbraucher mit dabei sind, wird sich ein Rückgang in der Nachfrage auch ordentlich auf den Ölpreis auswirken (das hat man recht schön in 2008/2009 gesehen, während das GDP in den wichtigsten Industrieländern nur um ein paar % eingebrochen ist, ist der Ölpreis um 70% eingebrochen). In China und Indien wird der Ölverbrauch auch weiterhin deutlich ansteigen. Je nachdem ob China und Indien den Nachfragerückgang in den Industrieländern wieder wettmachen oder nicht, steigt global der Ölpreis oder eben nicht. Afrika, Südamerika und den Nahen Osten selbst kann man bei dieser Gleichung so gut wie vergessen.
2. Wenn nicht bald großartige Ölreserven gefunden werden, dann wird sich das Verhältnis von Reserven/Prodktion nach und nach absenken. Das heisst, Öl reicht zum heutigen Stand vielleicht wirklich nur noch 40 Jahre (bei heutiger Förderung). Durch das zurückgehende Angebot, sollte auch der Ölpreis steigen. Ob die Ölfirmen wirklich davon profitieren, ist schwer abzusehen, weil auch sie immer mehr Geld in die Exploration und Förderung stecken müssen. Dazu kommt dass es immer strengere Umweltauflagen gibt. All das treibt die Ausgaben nach oben und schmälert die Gewinne.
3. Länder und Regionen, deren eigene Vorkommen bald alle sind, werden verstärkt in Alternative Energien investieren (müssen). Wenn nicht müssen in Zukunft den Preis bezahlen, den ihnen Saudi Arabien, Iran und Venezuela diktieren. Schon heute sieht man, dass es genau diese Länder sind, die sehr viel Geld in Alternative stecken und staatliche Förderprogramme auflegen. Deutschland und die Eu waren Vorreiter, die USA ziehen nach, und China hat die Zeichen der Zeit natürlich auch erkannt. Falls die Chinesen weiterhin billige Waren exportieren wollen, können sie es sich nicht leisten, teures Öl zu importieren. Deswegen wird auch China weiterhin massivst in Alternative investieren.
Von moralischen Gesichtspunkten mal ganz abgesehen, mir ist ein Investment in Öl auf lange Sicht mit zu vielen Parametern behaftet. Fällt der Ölpreis oder steigt er? Machen die Ölfirmen bei höherem Ölpreis auch wirklich mehr Gewinn? Wie stark sinkt die Nachfrage in den Industrieländern, und wie stark steigt sie in China? Was passiert mit dem Ölpreis wenn es ein paar spektakuläre Neufunde geben sollte? Die Gleichung "begrenztes Angebot + steigende Nachfrage = höherer Ölpreis = höherer Gewinn = höherer Aktienkurs + Dividende" ist etwas zu einfach, denke ich.
Wo liegen die Gefahren bei einem langfristigen Investment in Solarenergie, oder anderen Erneuerbaren Energien? Eigentlich nur darin, dass eine ganz andere Primärenergiequelle gefunden wird, die genauso sauber, sicher, nachhaltig, aber viel billiger ist. Man hört zwar immer wieder mal was zu Kernfusion, aber einen wirklichen Durchbruch gabs da auch noch nicht, trotz all der staatlichen Forschungsgelder. Und so lang sich da nix konkretes abzeichnet, bleib ich mal lieber bei der Solarworld. |